Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldzinsenabzug für ein von einem Gesellschafter aufgenommenes Darlehen
Leitsatz (NV)
- Beruht die Klageabweisung auf mehreren Gründen und trägt jeder für sich die Entscheidung, so hängt die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde davon ab, dass der Kläger für alle maßgebenden Gründe Zulassungsgründe in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise bezeichnet.
- Aus den Beschlüssen des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88 und vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95 zur Abziehbarkeit von Schuldzinsen als Betriebsausgaben ergibt sich nicht, dass es für die Qualifizierung der Schuldzinsen darauf ankommt, ob die aus der Rückzahlung der Darlehensverbindlichkeit stammende Liquidität vom Zahlungsempfänger für Betriebsausgaben verwendet worden ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, Abs. 3 S. 3, § 76 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend, die Revision sei gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) richtet sich die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften.
Gemäß § 115 Abs. 2 FGO a.F. ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder das Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf diesem Mangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdeschrift muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.).
Der Kläger hat nicht für alle maßgebenden Gründe, mit denen das Finanzgericht (FG) die Klage abgewiesen hat, Zulassungsgründe in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise bezeichnet. Davon hängt die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde ab, wenn die Klageabweisung ―wie im Streitfall― auf mehreren Gründen beruht und jeder für sich die Entscheidung trägt (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Mai 1994 II B 29/94, BFH/NV 1995, 125; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 34).
Das FG hat die Klageabweisung alternativ begründet. Jeder Grund hätte die Entscheidung nach der insoweit maßgeblichen sachlich-rechtlichen Rechtsauffassung des FG gerechtfertigt (BFH-Beschluss vom 27. Januar 1997 V B 83/96, BFH/NV 1997, 766).
2. Die Rügen des Klägers, das FG habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt und sei von der Rechtsprechung des BFH abgewichen soweit es die Klage mit der Begründung abgewiesen habe, die als Sonderbetriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen seien nicht betrieblich veranlasst gewesen, sind unzulässig.
a) Der Kläger bezeichnet einen Verfahrensfehler nicht hinreichend, wenn er vorträgt, das FG habe hinsichtlich der aus seiner Sicht relevanten Gewährung eines Darlehens der Gesellschaft an ihn nicht kurzerhand von einem Gesellschafterbeschluss ausgehen dürfen, sondern hätte hierüber Beweis erheben müssen. Es habe sich vielmehr um eine Entnahme des Klägers gehandelt, zu der er nach dem Gesellschaftsvertrag berechtigt gewesen sei und die im Einvernehmen mit den übrigen Gesellschaftern erfolgt sei. Um eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG (Verstoß gegen § 76 Abs. 1 FGO) ordnungsgemäß zu rügen, hätte der Kläger nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. März 1992 V B 127/90, BFH/NV 1995, 683; vom 11. April 1994 I B 195/93, BFH/NV 1995, 188; vom 10. April 1997 X B 255/96, BFH/NV 1997, 785; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 65, § 120 Rz. 40, m.w.N.) insbesondere auch dartun müssen,
warum sich die Notwendigkeit einer Beweiserhebung dem FG auch ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen,
welche Beweismittel das FG im Einzelnen hätte erheben sollen und
warum der Kläger ―insbesondere dann, wenn er wie im Streitfall durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war― nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, obwohl die Frage und die Rechtsansicht des FG hierzu in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde. Dies ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers, er habe darauf hingewiesen, dass es den unterstellten Gesellschafterbeschluss nicht gebe.
b) Zur Zulässigkeit einer auf Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde muss der Beschwerdeführer dartun, dass das vorinstanzliche Gericht dem angefochtenen Urteil einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem ―ebenfalls tragenden― abstrakten Rechtssatz einer Entscheidung des BFH abweicht (BFH-Beschluss vom 18. Januar 1991 VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBl II 1991, 309). Das setzt voraus, dass der Beschwerdeführer die betreffenden Rechtssätze der Vorentscheidung und des BFH so genau bezeichnet, dass die behauptete Abweichung erkennbar wird (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 63).
Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen des Klägers nicht. Der Kläger hat nicht dargetan, dass der dem FG-Urteil entnommene Rechtssatz, Schuldzinsen für ein von einem Gesellschafter aufgenommenes Darlehen seien nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn die Liquidität zur Begleichung einer Forderung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter verwendet werde, im Widerspruch zu Rechtssätzen der Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88 (BStBl II 1990, 817) und vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95 (BStBl II 1998, 193) stehe.
Dass es für die Qualifizierung der Schuldzinsen entscheidungserheblich sei, ob die aus der Rückzahlung der Darlehensverbindlichkeit stammende Liquidität vom Zahlungsempfänger für Betriebsausgaben, beispielsweise für Personalkosten, verwendet worden ist, ergibt sich aus den vom Kläger angegebenen BFH-Beschlüssen nicht; der Kläger gibt dafür auch keine Belege an. Nach der Rechtsprechung kommt es im Streitfall vielmehr darauf an, ob das vom Kläger aufgenommene Darlehen betrieblich veranlasst war. Aus dem FG-Urteil ergibt sich, dass die Darlehensaufnahme der Umfinanzierung seines Eigenheimes diente und damit nicht betrieblich veranlasst war. Ein Widerspruch des FG-Urteils zur BFH-Rechtsprechung ist nicht dargetan; der Vortrag des Klägers zur betrieblichen Verwendung der Gelder seitens der Gesellschaft ist unerheblich.
3. Darauf, ob das FG die Klage zu Recht auch mit der Begründung abgewiesen hat, der Änderungsbescheid sei, soweit ihn der Kläger angreife, bestandskräftig geworden, und der Änderungsbescheid habe durch den ausgeschiedenen Gesellschafter nur insoweit angegriffen werden können, als die Änderung reichte, kommt es daher nicht mehr an. Selbst wenn dem Kläger die Klagebefugnis zuzuerkennen wäre, wäre die Revision nicht zuzulassen, weil der Anspruch des Klägers auf Abzug der Schuldzinsen nach der insoweit maßgeblichen Auffassung des FG materiell-rechtlich nicht gegeben ist, diese Begründung das Urteil trägt und diesbezüglich ein Zulassungsgrund nicht bezeichnet ist.
Fundstellen
Haufe-Index 668269 |
BFH/NV 2002, 331 |
BBK 2002, 293 |