Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabe von Mahlzeiten zum Verzehr in Kantinenräumen
Leitsatz (NV)
Wenn sich der Beschwerdeführer in der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde damit begnügt, zu beanstanden, daß das FG den Sachverhalt nicht in ausreichender Weise gewürdigt habe, hat er dadurch nicht einen in § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO bezeichneten Zulassungsgrund den gesetz lichen Anforderungen entsprechend dar getan.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3; UStG 1980 § 12 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb in den Streitjahren (1988 bis 1990) jeweils eine Kantine im Dienstgebäude einer ... Behörde und eines Instituts. Nach den Pachtverträgen war der Klägerin die Mitbenutzung des Speisesaales gestattet. Dort verzehrten die Gäste die ihnen von der Klägerin zubereiteten Speisen und Getränke.
In den angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheiden für 1988 bis 1990 besteuerte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) die Leistungen der Klägerin durch Abgabe von Mahlzeiten zum Verzehr in den Kantinenräumen mit dem regelmäßigen Steuersatz. Die Klägerin griff die Steuerfestsetzungen an, weil sie der Auffassung war, sie habe nur dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) unterliegende Leistungen erbracht. Die Kantinenräume seien ihr nicht überlassen worden, und sie habe Speisen und Getränke an die ... Behörde bzw. das Institut geliefert, nicht an deren Bedienstete (Reihengeschäft). Ihr Einspruch hatte keinen Erfolg.
Ihre Klage wurde abgewiesen. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung u. a. aus, die Klägerin habe an die Bediensteten und nicht an die Verpächter Speisen und Getränke geliefert, die nach den Umständen der Lieferung dazu bestimmt gewesen seien, an einem Ort verzehrt zu werden, der mit dem Ort der Lieferung in einem räumlichen Zusammenhang gestanden habe. Es seien auch besondere Vorrichtungen zum Verzehr an Ort und Stelle in Gestalt der der Klägerin überlassenen eingerichteten und entsprechend ausgestatteten Speisesäle bereitgehalten worden (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 Sätze 2, 3 UStG 1980).
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision führt die Klägerin, ohne einen Zulassungsgrund ausdrücklich zu bezeichnen, aus, das FG habe einen wesentlichen Sachverhalt nicht hinreichend gewürdigt. Sie wiederholt Teile der Begründung der Vorentscheidung und folgert hieraus, hätte das FG den genannten Sachverhalt in ausreichender Weise gewürdigt, so würde es dem Klageantrag stattgegeben und die Umsätze dem Steuersatz von 7 v. H. unterworfen haben. Sie wendet sich weiter gegen die Begründung des FG in dem angefochtenen Urteil, nach der der Umsatz durch Abgabe der Speisen auch einen Dienstleistungsanteil enthalte. Sie legt dar, daß dies nach den Vereinbarungen der Beteiligten nicht der Fall gewesen sei.
Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision.
Das FA hält die Beschwerde für unzulässig.
Die von der Klägerin außerdem beanstandeten Rechenfehler in den angefochtenen Bescheiden hat das FA durch Änderung der Steuerfestsetzungen inzwischen berichtigt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Sie genügt nicht den Anforderungen, die § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung und die Bezeichnung eines Zulassungsgrundes stellt.
a) Die Klägerin hat sich darauf beschränkt zu beanstanden, daß der Sachverhalt durch das FG nicht in ausreichender Weise gewürdigt worden sei.
Falls sie dadurch Rügen gegen die Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens seitens des FG erheben will, hat sie einen diesbezüglichen Zulassungsgrund nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargetan. Das FG entscheidet nach seiner freien, aus dem "Gesamtergebnis des Verfahrens" (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) gewonnenen Überzeugung. Seine Entscheidung beruht somit auf der Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen von Tatsachen, auf daraus abgeleiteten tatsächlichen Schlußfolgerungen (Beweisergebnissen, vgl. § 96 Abs. 2 FGO) und auf einer rechtlichen Würdigung dahin, ob die bezeichneten tatsächlichen Grundlagen den Merkmalen der nach Ansicht des FG entscheidungserheblichen Rechtsnorm entsprechen (vgl. zur Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und zur revisionsgerichtlichen Überprüfung Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 30. Mai 1996 V R 2/95, BFHE 180, 213, BStBl II 1996, 493 zu II 1., m. w. N.; vgl. auch Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 96 FGO Rz. 20).
Soweit die Entscheidung des FG mit der Rüge angegriffen wird, das FG sei bei seiner Entscheidung von einem unzutreffenden oder von einem nicht vollständigen Sachverhalt ausgegangen, wird ein Verfahrensmangel geltend gemacht, der eine Zulassung der Revision rechtfertigt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), wenn der Fehler ausreichend bezeichnet wird (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) und wirklich vorliegt.
b) Die Beschwerdebegründung der Klägerin erfüllt nicht diese Anforderungen, weil die Klägerin nicht bezeichnet, welche Tatsachen das FG nicht aufgeklärt hat, obwohl diese aufklärungsbedürftig gewesen wären, und weil die Klägerin keine Umstände schildert, derentwegen sich dem FG eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Die Klägerin hätte weiter darzulegen gehabt, daß sie die ihrer Meinung nach mangelhafte Sachaufklärung vor dem FG gerügt hat oder daß ihr eine derartige Rüge nicht möglich gewesen war (vgl. BFH-Beschluß vom 5. Juni 1991 II B 180/90, BFH/NV 1992, 397). Darlegungen dieser Art sind für die Rüge mangelnder Sachaufklärung erforderlich, weil gemäß § 155 FGO i. V. m. §§ 295, 531, 538 der Zivilprozeßordnung die Verletzung einer das Verfahren betreffenden Vorschrift nicht mehr gerügt werden kann, wenn der Beteiligte den Mangel nicht gerügt hat, obwohl er dazu Gelegenheit gehabt hätte und ihm der Mangel bekannt war oder hätte bekannt sein müssen (vgl. BFH-Urteile vom 4. Oktober 1974 III R 127/73, BFHE 113, 470, BStBl II 1975, 302; vom 31. Juli 1990 I R 173/83, BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66). Außerdem ist das vermutliche Beweisergebnis und dessen Einfluß auf den Verfahrensausgang darzulegen (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH- Beschluß vom 4. Februar 1991 V B 94/89, BFH/NV 1992, 668; vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 65 i. V. m. § 120 Anm. 37 ff.).
c) Soweit die Entscheidung des FG mit der Begründung angegriffen wird, daß das FG die vorhandenen Tatsachen anders hätte würdigen oder zu anderen rechtlichen Schlußfolgerungen hätte gelangen müssen, wird die sachliche Richtigkeit der Vorentscheidung beanstandet. Dies rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 24. Mai 1988 IV B 125/87, unter 3., BFH/NV 1989, 175, und vom 26. Juli 1988 VII B 82--83/88, unter 4., BFH/NV 1989, 88), wenn der Beschwerdebegründung -- wie im Streitfall -- weder Anhaltspunkte für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch für eine Abweichung von einer Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zu entnehmen sind.
d) Vielmehr ist im Streitfall zu beachten, daß sich die Vorentscheidung schon deshalb im Ergebnis als zutreffend darstellt (vgl. zur entsprechenden Anwendung von § 126 Abs. 4 FGO im Verfahren nach § 115 Abs. 3 FGO BFH-Beschluß vom 14. Juni 1993 V B 118/92, BFH/NV 1994, 380), weil zubereitete Speisen bei richtlinienkonformer Auslegung nicht geliefert, sondern dem Empfänger durch sonstige Leistung zugewendet werden (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 2. Mai 1996 Rs. C-231/94, Umsatzsteuer-Rundschau -- UR -- 1996, 220). Eine Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz, der nur für Lieferungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980 vorgesehen ist, scheidet somit aus (vgl. dazu Weiß, UR 1996, 221).
Fundstellen