Entscheidungsstichwort (Thema)
Tatbestandsberichtigung; Darlegungsanforderungen bei Rüge der Sachaufklärungspflicht; unzutreffende Sachverhaltswürdigung und fehlerhafte Rechtsanwendung
Leitsatz (NV)
1. Eine etwaige falsche Darstellung sowie Unrichtigkeiten im Tatbestand des FG-Urteils hätte der Antragsteller nicht im Rechtsmittelverfahren beim BFH, sondern mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beim FG geltend machen müssen.
2. Die in nach Ablauf der Begründungsfrist und damit verspätet eingereichten Schriftsätzen enthaltenen Ausführungen sind, soweit sie nicht nur erläuternder, ergänzender oder vervollständigender Natur sind, von vornherein unbeachtlich.
3. Zur Darlegung der Verletzung der Sachaufklärungspflicht als Verfahrensmangel sind Angaben und Ausführungen zu bestimmten Punkten, nämlich zum Übergehen von Beweisanträgen oder zur unterlassenen Amtsermittlung, erforderlich.
4. Wendet sich der Antragsteller im Kern - zum Teil nach Art einer Revisionsbegründung und im Wesentlichen auf der Basis einer anderen Tatsachengrundlage - gegen eine fehlerhafte Sachverhaltswürdigung und tatrichterliche Überzeugungsbildung sowie eine unzutreffende Umsetzung der BFH-Rechtsprechung und fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG, so rügt er damit materiell-rechtliche Fehler, also die inhaltliche Unrichtigkeit des Urteils; damit kann jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht erreicht werden.
Normenkette
AO §§ 129, 172; EStG § 10d; FGO § 76 Abs. 1, §§ 94, 108, 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 142; ZPO §§ 114, 165
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Antragstellers als unbegründet abgewiesen, weil die angegriffenen Verlustfeststellungsbescheide rechtmäßig und getrennte Veranlagungen für die Streitjahre nicht durchzuführen seien. Die Revision gegen sein Urteil hat das FG nicht zugelassen. Dagegen erhob der Antragsteller Beschwerde der Nichtzulassung der Revision und beantragte unter Hinweis auf seine schlechten finanziellen Verhältnisse für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe (PKH). Eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen wurde beigefügt.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf PKH ist unbegründet.
Die mit der Nichtzulassungsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S. von § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO); denn Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO sind zum Teil nicht hinreichend dargelegt und im Übrigen auch nicht gegeben.
1. Eine etwaige falsche Darstellung sowie Unrichtigkeiten im Tatbestand des Urteils des FG hätte der Antragsteller nicht im Rechtsmittelverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH), sondern mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beim FG geltend machen müssen (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Oktober 2005 IX B 164/05, BFH/NV 2006, 340, m.w.N.).
2. a) Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) als Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) hinsichtlich des Vorhandenseins "unerledigter Einsprüche" die Streitjahre betreffend und eines sich darauf beziehenden Antrags an das FG hat der Antragsteller nicht hinreichend dargelegt. So fehlen Angaben und Ausführungen zu bestimmten Punkten (zum Übergehen von Beweisanträgen: BFH-Beschlüsse vom 27. Oktober 1998 X B 115/97, BFH/NV 1999, 630; vom 15. September 2006 IX B 209/05, BFH/NV 2007, 80, m.w.N.; zur unterlassenen Amtsermittlung: BFH-Beschlüsse vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43; vom 6. September 2006 VIII B 187/05, BFH/NV 2007, 74); insbesondere wurde ein solcher Antrag ausweislich des Sitzungsprotokolls (zu dessen Beweiskraft s. § 94 FGO i.V.m. § 165 ZPO) nicht gestellt.
b) Im Übrigen greift die Rüge der mangelnden Sachaufklärung hinsichtlich der Reichweite der tatsächlichen Verständigung nicht durch. Denn zum einen sind die dazu (vermeintlich) "vorgelegten Beweismittel" nicht bezeichnet, Beweisanträge wurden in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt; zum anderen rügt der Antragsteller ("keine Gesamtbereinigung" durch die tatsächliche Verständigung) eine fehlerhafte Sachverhaltswürdigung und tatrichterliche Überzeugungsbildung des FG und damit materiell-rechtliche Mängel, die eine Zulassung der Revision jedoch nicht rechtfertigen. Zudem bestand für den Antragsteller in der mündlichen Verhandlung, in der die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten "ausführlich erörtert" wurde, Gelegenheit, seine Interpretation zur Reichweite der Verständigung darzulegen. Der pauschale Verweis auf die BFH-Urteile vom 5. Oktober 1990 III R 19/88 (BFHE 162, 211, BStBl II 1991, 45), und vom 31. Juli 1996 XI R 78/95 (BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625, jeweils zur Zulässigkeit tatsächlicher Verständigungen) steht dem nicht entgegen.
3. Auch ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) bei einem gleich- oder ähnlich gelagerten Sachverhalt nicht erforderlich (zu den Darlegungsanforderungen vgl. BFH-Beschlüsse vom 15. Dezember 2005 IX B 98/05, BFH/NV 2006, 768; vom 14. September 2007 VIII R 15/07, BFH/NV 2008, 61). Die (konkludent) gerügte Divergenz zu den BFH-Urteilen vom 19. Mai 1999 XI R 97/94 (BFHE 189, 63, BStBl II 1999, 762) und vom 2. August 2006 XI R 65/05 (BFHE 214, 492, BStBl II 2007, 921) liegt nicht vor. Das FG ist vielmehr mit der BFH-Rechtsprechung zum einen davon ausgegangen, dass Ehegatten grundsätzlich ihr Veranlagungswahlrecht bis zur Unanfechtbarkeit eines nach §§ 172 ff. der Abgabenordnung (AO) oder nach § 10d des Einkommensteuergesetzes geänderten Bescheids erneut ausüben können. Dabei ist es von der Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre (1991 bis 1994) ausgegangen; ein relevanter Änderungsrahmen lag danach für das FG anders als in dem mit Urteil in BFHE 189, 63, BStBl II 1999, 762, entschiedenen Fall nicht vor. Zum anderen hat das FG anders als im Fall in BFHE 214, 492, BStBl II 2007, 921, in dem es um eine noch mögliche Verlustfeststellung trotz verjährter Einkommensteuerfestsetzung ging, im Streitfall die Berücksichtigung von (zurückliegenden) Verlusten wegen der Bestandskraft und Unanfechtbarkeit der Verlustfeststellung auf den 31. Dezember 1990 abgelehnt und keine Anhaltspunkte für eine Änderung dieser Verlustfeststellung nach §§ 172 ff. AO oder § 129 AO gesehen.
4. a) Der Antragsteller rügt im Kern --zum Teil nach Art einer Revisionsbegründung und im Wesentlichen auf der Basis einer anderen Tatsachengrundlage-- eine unzutreffende Umsetzung der BFH-Rechtsprechung und fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG und damit die inhaltliche Unrichtigkeit des Urteils, also materiell-rechtliche Fehler; damit kann jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht erreicht werden (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2007 IX B 104/07, BFH/NV 2007, 2144).
b) Die darüber hinaus in den nach Ablauf der Begründungsfrist und damit verspätet eingereichten Schriftsätzen vom 24. September 2007, soweit er im Original beim BFH am 12. November 2007 eingegangen ist, und vom 20. Januar 2008 enthaltenen Ausführungen sind, soweit sie nicht nur erläuternder, ergänzender oder vervollständigender Natur sind, unbeachtlich (vgl. BFH-Beschluss vom 25. September 2006 VI B 69/05, BFH/NV 2007, 83, unter 3., m.w.N.).
Fundstellen