Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde: Freistellung eines Anhängers von der Kraftfahrzeugsteuer erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung
Leitsatz (NV)
- Die Senatsrechtsprechung zu § 10 Abs. 2 KraftStG, wonach ein Antrag zu Beginn des Besteuerungszeitraums gestellt werden muss und eine rückwirkende Festsetzung eines Anhängerzuschlages nicht in Betracht kommt, ist wegen des engen Regelungszusammenhangs auch auf die Regelung in § 10 Abs. 1 KraftStG anwendbar.
- Eine Freistellung eines Kraftfahrzeuganhängers von der Kraftfahrzeugsteuer kann nicht rückwirkend, sondern erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung erfolgen.
Normenkette
KraftStG § 10 Abs. 1-2
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Halterin eines im Inland zugelassenen Kfz-Anhängers. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) stellte den Anhänger auf entsprechenden Antrag der Klägerin für die Zeit ab dem 13. Mai 1991 mit Bescheid vom 6. Juni 1991 gemäß § 10 Abs. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) von der Kraftfahrzeugsteuer frei.
Nachdem das FA festgestellt hatte, dass der Anhänger im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt und im Ausland überwiegend von ausländischen Zugmaschinen gezogen wurde, setzte es gemäß § 10 Abs. 4 KraftStG 1979 mit Änderungsbescheid vom 2. Februar 1994, gestützt auf § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG 1979, Kraftfahrzeugsteuer ab dem 13. Mai 1991 fest.
Den dagegen eingelegten Einspruch hat die Klägerin zurückgenommen.
Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28. November 1995 VII R 106/94 (BFHE 180, 188, BStBl II 1996, 168) in einem gleich gelagerten Fall zwischen den Beteiligten das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 KraftStG bejaht hatte, beantragte die Klägerin am 13. März 1996 die rückwirkende Freistellung des Anhängers ab dem 1. April 1994, da ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 KraftStG vorgelegen hätten.
Das FA stellte den Anhänger rückwirkend ab dem 28. November 1995 von der Kraftfahrzeugsteuer frei und lehnte mit Bescheid vom 8. April 1997 eine weitergehende Freistellung für die Vergangenheit wegen der entgegenstehenden Bestandskraft des Änderungsbescheides vom 2. Februar 1994 ab.
Die dagegen mit Zustimmung des FA erhobene Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass die Voraussetzungen zur Änderung des Steuerbescheides gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG nicht vorlägen. "Eintreten" i.S. der Norm liege nur vor, wenn ein entsprechender Antrag nach § 10 Abs. 1 KraftStG gestellt worden sei. Der Antrag sei Tatbestandsmerkmal, so dass die Freistellung erst ab dem Zeitpunkt des Antragseinganges gewährt werden könne. Der Antrag könne nicht mit Wirkung für die Vergangenheit gestellt werden. Die Antragstellung sei aber erst am 13. März 1996 erfolgt. Aus dem vorherigen Antrag vom 13. Mai 1991 könne die Klägerin keine Rechte mehr herleiten, da das FA die zunächst bewilligte Steuerfreistellung rückwirkend versagt und sie den dagegen eingelegten Einspruch zurückgenommen habe. Eine rückwirkende Änderung der Steuerfestsetzung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) komme ebenso wenig in Betracht.
Wegen Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde erhoben, mit der sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage hinreichend i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 insoweit noch anzuwendenden bisherigen Fassung dargelegt, insbesondere hinreichend deutlich gemacht hat, inwiefern die von ihr aufgeworfene Frage, ob der Antrag nach § 10 Abs. 1 KraftStG nachträglich gestellt werden kann, über den Streitfall hinaus allgemeine Bedeutung hat und zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung höchstrichterlicher Klärung bedarf. Denn dieser Frage kommt grundsätzliche Bedeutung jedenfalls deshalb nicht zu, weil sie eindeutig zu verneinen und offensichtlich so zu entscheiden ist, wie es das FG getan hat (s. zu diesem Kriterium BFH, Beschluss vom 12. Juli 1994 VII B 102/94, BFH/NV 1995, 229, m.w.N.).
Die Rechtsfrage, ob der Antrag gemäß § 10 Abs. 1 KraftStG auch rückwirkend gestellt werden kann, ist im Übrigen durch die Senatsurteile vom 10. Februar 1987 VII R 152/84 (BFHE 149, 329, BStBl II 1987, 510) und vom 3. März 1998 VII R 109/97 (BFH/NV 1998, 1265) bereits geklärt. Danach ist der Antrag Tatbestandsmerkmal der Sonderregelung des § 10 KraftStG. In dem Senatsurteil in BFH/NV 1998, 1265 hat der erkennende Senat insoweit ausdrücklich entschieden, dass ein Antrag gemäß § 10 Abs. 2 KraftStG zu Beginn des betreffenden Besteuerungszeitraums gestellt werden muss und eine rückwirkende Festsetzung eines Anhängerzuschlages nicht in Betracht kommt. Dass für § 10 Abs. 1 KraftStG das Gleiche gilt, ergibt sich nicht nur aus dem Urteil in BFHE 149, 329, BStBl II 1987, 510, sondern auch daraus, dass unbeschadet des unterschiedlichen Wortlauts der Abs. 1 und 2 des § 10 KraftStG für eine unterschiedliche Behandlung des in beiden Vorschriften verlangten Antrags sachliche Gründe nicht erkennbar sind. Der Zusammenhang der Erhebung eines Anhängerzuschlages für Zugmaschinen mit der Steuerbefreiung für von solchen Zugmaschinen gezogene Anhänger legt vielmehr eine Gleichbehandlung nahe.
Überdies würde sich die vorgenannte angebliche Grundsatzfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Denn dass eine Änderung eines bestandskräftigen Kraftfahrzeugsteuerbescheides im Streitfall nicht in Betracht kommt, ergibt sich ―wie das FG zutreffend ausgeführt hat― aus dem eindeutigen Wortlaut der hier allein in Betracht kommenden Änderungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG. Danach ist eine Änderung für die Vergangenheit auf den Fall beschränkt, dass nachträglich das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 KraftStG festgestellt wird. Eine Änderung für die Vergangenheit ist folglich nur zu Ungunsten des Steuerpflichtigen möglich. Dass Kraftfahrzeugsteuerbescheide in der Regel Dauerverwaltungsakte sind, worauf die Beschwerde an sich richtig hinweist, gestattet nicht ihre jederzeitige Änderung, denn auch solche Bescheide erwachsen in Bestandskraft.
Fundstellen
Haufe-Index 613860 |
BFH/NV 2001, 1457 |