Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung des Vorsteuerbetrags zu den Anschaffungsoder Herstellungskosten
Leitsatz (NV)
Der Vorsteuerbetrag gem. § 15 UStG gehört zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und nicht zu den sofort abziehbaren Werbungskosten.
Normenkette
EStG § 9b Abs. 1 S. 1; UStG § 15; AO 1977 § 42
Tatbestand
Die Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) erwarben im Jahre 1983 eine Eigentumswohnung in der Wohnanlage A im Rahmen eines Bauherrenmodells. Die Gesamtanlage bestand aus sieben Häusern und einer Tiefgarage mit insgesamt 286 Wohneinheiten. Die Wohnungen waren fast ausschließlich Ein-Zimmer-Appartements, die überwiegend möbliert waren. Bei der Wohnung der Antragsteller handelt es sich um ein teilmöbliertes Ein-Zimmer-Appartement.
Mit der treuhänderischen Abwicklung und der steuerlichen Beratung wurde die B AG beauftragt, die im Namen der Bauherren die weiteren Verträge abschloß, u. a. den ,,Mietvertrag" mit dem gewerblichen ,,Zwischenmieter" C-GmbH. Danach wurde die Ende 1984 fertiggestellte Wohnung der Antragsteller für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Bezugsfertigkeit bei einer Option auf weitere fünf Jahre an die C vermietet. Die C vermietete die Wohnung an Endmieter weiter.
Die Antragsteller optierten in ihren Umsatzsteuererklärungen ab 1983 zur Umsatzsteuer und beantragten beim Antragsgegner und Beschwerdeführer (Finanzamt - FA -) den Abzug der Vorsteuern aus den Herstellungs- und Werbungskosten für die Wohnung.
Anfang 1986 kam es zu Schwierigkeiten bei der Zahlung der Mieten; am 21. März 1986 stellte die Firma C Konkursantrag, der am 20. August 1986 zur Konkurseröffnung führte.
Im Anschluß hieran führte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung bis zum 26. September 1988 bei der Firma C Ermittlungen durch, die dazu führten, daß das als Betriebsstätten-Finanzamt zuständige Finanzamt dem FA Ende 1988 mitteilte, daß nach den Erkenntnissen der Steuerfahndung die Zwischenmietverhältnisse steuerlich nicht anzuerkennen seien.
Im Anschluß an die Mitteilung des Fahndungsergebnisses änderte das FA u. a. den Einkommensteuerbescheid 1984.
Die Antragsteller legten Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Über den Einspruch ist bisher noch nicht entschieden worden.
Am 18. April 1989 beantragten die Antragsteller beim Finanzgericht (FG) die Vollziehung des mit dem Einspruch angefochtenen geänderten Einkommensteuerbescheides 1984. Dem gab das FG statt.
Nach Auffassung des FG erscheint es als möglich, daß unter Zugrundelegung der Kriterien der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Beschluß vom 28. November 1974 V B 52/73, BFHE 114, 169, BStBl II 1975, 239) bei einer auf der Grundlage des Sachvortrags der Antragsteller auf kurzzeitige Vermietung ausgerichteten Wohnanlage für die Einschaltung eines gewerblichen Zwischenmieters beachtliche Gründe bestehen könnten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des FA, mit der es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des geänderten Einkommensteuerbescheides 1981 abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen die Zurückweisung der Beschwerde.
Die Antragsteller haben den inzwischen geänderten Einkommensteuerbescheid 1984 vom 5. Januar 1990, durch den sich die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffes nicht geändert hätten, zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Ablehnung des Antrags der Antragsteller auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1984.
Zutreffend ist die Vorinstanz davon ausgegangen, daß nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Bescheides ganz oder teilweise aussetzen kann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen, und daß ernstliche Zweifel vorliegen, wenn eine summarische Prüfung ergibt, daß neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe gegen die Rechtmäßigkeit zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Solche Zweifel hat die Vorinstanz zu Unrecht bejaht. . .
Es folgen Ausführungen, die wörtlich mit dem auf Seite 297 abgedruckten BFH-Beschluß vom 27. September 1990 - IX B 268/89 übereinstimmen (dort letzter Abs. Satz 1 bis 3).
Nach der Rechtsprechung des BFH (Beschlüsse vom 29. Oktober 1987 V B 109/86, BFHE 151, 247, BStBl II 1988, 96, und vom 23. Februar 1989 V B 60/88, BFHE 155, 503, BStBl II 1989, 396) erfüllt die Einschaltung von Zwischenmietern, d. h. von Personen, die das Mietverhältnis eingehen, um die gemieteten Wohnräume an Dritte zur Nutzung weiterzuvermieten, den Tatbestand des Rechtsmißbrauchs im Sinne von § 42 der Abgabenordnung (AO 1977), wenn für die Einschaltung - abgesehen von dem Ziel der Vorsteuererstattung - wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen (vgl. BFH-Beschluß vom 4. August 1987 V B 16/87, BFHE 150, 478, BStBl II 1987, 756).
Die Antragsteller haben nicht dargetan, daß sie ernsthaft mit einem Mietausfallrisiko gerechnet haben (vgl. dazu BFH-Beschluß in BFHE 155, 503, BStBl II 1989, 396, und BFH-Urteil vom 15. Dezember 1983 V R 112/76, BFHE 140, 375, BStBl II 1984, 398). Hinsichtlich der Entlastung bei der Verwaltung der Eigentumswohnung ist nicht dargelegt, daß bei vernünftiger Beurteilung der Verhältnisse solche Aufgaben zu regeln waren, die nicht durch Beauftragung eines Hausverwalters hätten erledigt werden können (vgl. dazu BFH in BFHE 151, 247, BStBl II 1988, 96).
In der Zwischenzeit hat der V. Senat des BFH ausgesprochen, daß das Zwischenmietverhältnis eines anderen Antragstellers mit der S-GmbH umsatzsteuerrechtlich nicht anzuerkennen ist, weil es rechtsmißbräuchlich war (Beschluß vom 20. März 1990 V B 121/89, BFH/NV 1991, 273). Der Antragsteller kann danach die anläßlich der Errichtung des Appartements angefallenen Vorsteuerbeträge umsatzsteuerrechtlich nicht abziehen. Die Vorsteuerbeträge gehören deshalb auch einkommensteuerrechtlich nicht zu den sofort abziehbaren Werbungskosten, sondern zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Appartements.
Fundstellen