Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf AdV während des NZB-Verfahrens
Leitsatz (NV)
1. Nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ist der BFH als Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zuständig.
2. Wird der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung während der Anhängigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH gestellt, so können ernstlich Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids nur dann bestehen, wenn ernstlich mit einer Zulassung der Revision zu rechnen ist.
Normenkette
FGO §§ 62a, 69 Abs. 3 S. 1
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Antragsteller u.a. wegen Einkommensteuer 2002 als unzulässig abgewiesen, weil sie verspätet erhoben worden sei. Gegen dieses Urteil haben die Antragsteller, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt H, am 10. Juni 2005 Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt.
Mit Schreiben vom 17. November 2005 haben die Antragsteller persönlich beim FG beantragt, die Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 2002 auszusetzen. Mit Beschluss vom 18. Januar 2006 hat das FG das Verfahren "wegen fehlender Zuständigkeit des Finanzgerichts" an den BFH verwiesen. Zuvor hatte das FG die Antragsteller mit Schreiben vom 23. Dezember 2005 auf die Zuständigkeit des BFH "als Gericht der Hauptsache" für die Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) sowie auf den vor dem BFH bestehenden Vertretungszwang (vgl. § 62a der Finanzgerichtsordnung --FGO--) hingewiesen.
Mit Beschluss vom heutigen Tag hat der angerufene Senat die Nichtzulassungsbeschwerde der Antragsteller als unbegründet zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf AdV ist unzulässig.
1. Zutreffend hat das FG das Verfahren wegen AdV an den BFH verwiesen. Dieser ist nach Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision als Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über den Antrag auf AdV zuständig (vgl. § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO; BFH-Beschluss vom 4. Juni 1996 VII S 9/96, BFH/NV 1996, 915, unter 1. der Gründe).
2. Der Antrag auf AdV ist nicht wirksam erhoben worden, weil die Antragsteller sich bei seiner Einlegung nicht von einer der in § 62a FGO genannten Personen oder Gesellschaften haben vertreten lassen.
Nach § 62a FGO muss sich vor dem BFH jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Rechtsanwalt, niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind ferner Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugte Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. An der Vertretung durch einen solchen Bevollmächtigten fehlt es hier.
3. Zur Information der Antragsteller weist der beschließende Senat ergänzend darauf hin, dass ihr Antrag auf AdV auch dann keinen Erfolg haben könnte, wenn er von einer i.S. von § 62a FGO postulationsfähigen Person oder Gesellschaft gestellt worden wäre.
Wird der Antrag auf AdV --wie im vorliegenden Fall-- während der Anhängigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH gestellt, so können ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids nur dann bestehen, wenn ernstlich mit einer Zulassung der Revision zu rechnen ist (vgl. z.B. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 69 Rz. 97, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Dies trifft im Streitfall nicht zu, weil die Nichtzulassungsbeschwerde der Antragsteller unbegründet ist. Hierzu wird auf den Beschluss des angerufenen Senats vom heutigen Tag X B 104/05 verwiesen.
Im Übrigen könnte der Antrag auf AdV auch deswegen keinen Erfolg haben, weil das Urteil des FG durch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftig geworden ist (§ 116 Abs. 5 Satz 3 FGO). Damit ist auch der angefochtene Steuerbescheid unanfechtbar geworden. Infolgedessen können ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. z.B. Beschlüsse vom 31. Mai 1989 IV S 1/89, BFH/NV 1990, 301; vom 29. Oktober 1991 IX S 1/91, BFH/NV 1992, 259; vom 26. Juli 2000 XI S 3/00, BFH/NV 2001, 181; vom 5. September 2001 XI S 2/01 und XI S 3/01, BFH/NV 2002, 67; Gräber/Koch, a.a.O., § 69 Rz. 101, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1498416 |
BFH/NV 2006, 1138 |