Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Übernahme fremder NZB-Begründung; Zurückweisung solchen Vorbringens
Leitsatz (NV)
1. Die Bezugnahme des Prozeßbevollmächtigten auf die von dem nicht postulationsfähigen Beschwerdeführer vorgelegte Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde.
2. Die Zurückweisung von Ausführungen dritter, nicht zur Vertretung vor dem BFH befugter Personen verletzt nicht deren Anspruch auf rechtliches Gehör.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 3; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Ehegatten, die im Streitjahr 1991 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Streitig ist der Umfang von Werbungskosten und Betriebsausgaben, die die Klägerin, eine Lehrerin, bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger und selbständiger Arbeit geltend gemacht hat. Nach erfolgloser Klage haben die Kläger durch ihren Prozeßbevollmächtigten Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Finanzgericht (FG) eingelegt. Dieser hat zur Begründung der Beschwerde in seiner Beschwerdeschrift lediglich "auf die beiliegende Begründung der Steuerpflichtigen sowie diverser Anlagen" verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat begründet wurde (§115 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die Bezugnahme des Prozeßbevollmächtigten auf die von der nicht postulationsfähigen Klägerin mit Schriftsatz vom 21. November 1997 vorgelegte Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH --: vgl. etwa Beschlüsse vom 24. September 1985 III B 68--69/84, BFH/NV 1986, 230; vom 26. November 1986 II B 112/86, BFH/NV 1988, 304; vom 26. August 1994 III B 70/94, BFH/NV 1995, 251, und vom 25. März 1997 I B 112/96, BFH/NV 1997, 796, mit ausführlicher Begründung; ebenso zur kritiklosen Übernahme und Unterzeichnung einer Begründung des Steuerpflichtigen: BFH vom 14. Mai 1982 VI R 197/81, BFHE 136, 52, BStBl II 1982, 607, und vom 14. Oktober 1987 II R 18/85, BFH/NV 1989, 107). Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG), wonach sich jeder Beteiligte vor dem BFH durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen muß, dient der Entlastung des BFH. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollen Rechtsbehelfe nur von solchen Personen eingelegt werden dürfen, die durch ihre fachliche Vorbildung in der Lage sind, die Erfolgsaussichten der Rechtsbehelfe zu beurteilen und das Verfahren vor dem BFH sachgerecht zu führen. Demgemäß muß die von einem postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten unterzeichnete Beschwerdebegründung erkennen lassen, daß er den Prozeßstoff überprüft und durchgearbeitet hat und die volle Verantwortung für den Inhalt der Beschwerdebegründung übernimmt (BFH-Beschluß in BFH/NV 1997, 796).
Zur Begründung der Beschwerde nach §115 Abs. 3 FGO genügt deshalb die Vorlage eines Schreibens seiner Partei nicht. Die Zurückweisung eines solchen Vorbringens verletzt auch nicht den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör. Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auf eine Verfassungsbeschwerde gegen den nicht veröffentlichten Beschluß des Senats vom 17. März 1992 IV B 74/91 entschieden hat, gebietet Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) zwar, daß sowohl die normative Ausgestaltung des Verfahrensrechts als auch das gerichtliche Verfahren im Einzelfall ein Ausmaß an rechtlichem Gehör eröffnen, das sachangemessen ist, um dem Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes gerecht zu werden, und das den Beteiligten die Möglichkeit gibt, sich im Prozeß mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten; die nähere Ausgestaltung des rechtlichen Gehörs ist aber den einzelnen Verfahrensordnungen überlassen (BVerfG vom 20. August 1992 2 BvR 1000/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1992, 729, Steuerrechtsprechung in Karteiform -- StRK --, Grundgesetz, Art. 103, Rechtsspruch 54). Nach Auffassung des BVerfG erscheint danach die Auslegung des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG durch den BFH im Hinblick auf den Entlastungszweck der Regelung (vgl. dazu BFH vom 16. Januar 1984 GrS 5/82, BFHE 140, 408, BStBl II 1984, 439) nicht sachlich ungerechtfertigt (BVerfG in HFR 1992, 729, StRK, Grundgesetz, Art. 103, Rechtsspruch 54).
Fundstellen
Haufe-Index 67523 |
BFH/NV 1998, 1368 |