Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung der Amtermittlungspflicht; Willkürentscheidung
Leitsatz (NV)
1. Zur ordnungsgemäßen Rüge der Verletzung der Amtermittlungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO gehört die Darlegung, weshalb sich dem FG auf der Grundlage seines materiell-rechtlichen Standpunktes eine weitere Sachaufklärung auch ohne entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen.
2. Der bloße Hinweis auf (nach Ansicht der Kläger) erhebliche Rechtsfehler des FG reicht zur Bezeichnung des Zulassungsgrundes einer “Willkürentscheidung “ i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt FGO nicht aus.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1 S. 1, § 96 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 08.12.2005; Aktenzeichen 3 K 5408/02) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) machen zu Unrecht als Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend, das Finanzgericht (FG) habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt (Verletzung von § 96 Abs. 1 FGO). Entgegen ihrer Auffassung hat das FG die als Anlage der Beschwerdebegründung eingereichten Jahresauszüge und Leistungsbescheinigungen der X-Bank in seine Beurteilung einbezogen.
Das FG hat auf diese von den Klägern auch mit Schriftsatz vom … im Klageverfahren eingereichten Unterlagen Bezug genommen und ausgeführt (Bl. 11 FG-Urteil): "Neben der Angabe des Kontostands per … wurde die Umbuchung des Disagios … als einzige Buchung in der Mitte der Spalte "Kapital/Tilgung" auf S. 1 des Jahresauszugs ausgewiesen … Der Senat wertet es als unbeachtliche Schutzbehauptung, wenn der Kläger zu 3) auf Vorhalt angibt, er habe nicht die Entwicklung des Saldos geprüft, der Gutschrift des Betrages von 1 Mio. DM keine Bedeutung beigemessen und die in den zeitlich folgenden Buchungen in der Spalte "Zinsen/Gebühren" von den üblichen Belastungen abweichenden Gutschriften und Belastungen (u.a. "1.000.000,00" ohne Hinzufügung eines Symbols "S" oder "H") nicht beachtet und hinterfragt …". Hieraus schloss das FG, dass den Klägern die Disagio-Rückerstattung im Jahre … zugeflossen sei.
Die Angaben im Jahresauszug … stehen dem nicht entgegen. In ihm ist unter der Rubrik "Kapital/Tilgung" als Kontostand per 1. Januar … ein Betrag von "4.500.000,00 S" und zum 31. Dezember … ein Betrag von "3.500.000,00 S" aufgeführt. Schon daraus wird deutlich, dass sich die in der Spalte "Kapital/Tilgung" am … erfolgte "Umbuchung per …" über "1.000.000,00 H" im Jahre … ausgewirkt hat.
In Übereinstimmung hiermit hat das FG --mit Verfahrensrügen nicht angegriffen und damit für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend-- festgestellt (Bl. 3 FG-Urteil), dass ausweislich einer internen Anweisung der X-Bank an ihre Darlehensbuchhaltung vom 11. Juli 1994 die Kunden (d.h. die Kläger) beantragt hatten, das Disagio von jeweils 1 Mio. DM per Valutaauszahlung zu stornieren. Am … seien sodann auf den Konten der Kläger jeweils 1 Mio. DM "per …" unter dem Buchungstext "Umbuchung" gutgeschrieben worden.
Soweit die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung geltend machen, das FG habe die für einen Zufluss im Jahre … sprechenden Gesichtspunkte (kein Ausweis eines Disagios in der Leistungsbescheinigung des Jahresauszugs …; Vermerk "Umbuchung per …") nicht beachtet, fehlt es an der Darlegung, dass die (ausstellende) Bank in der Leistungsbescheinigung eine Disagio-Rückerstattung hätte aufführen müssen. Dies gilt umso mehr, als der Wortlaut der Bescheinigung eher dafür spricht, dass in ihr nur die insgesamt bei der ausstellenden Bank eingegangenen (vom Kunden gezahlten) Beträge an "Zinsen", "Verwaltungskosten", "Kosten/Gebühren" und "Disagio" bescheinigt werden sollten.
Der Vermerk "Umbuchung per …" sowie die Verzinsung der Disagio-Rückerstattung ab diesem Datum schließen die der Entscheidung des FG zugrunde liegende Würdigung nicht aus, die auf den … bezogenen Rückabwicklung sei erst im Jahre … erfolgt.
2. Die von den Klägern als Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gerügte unzureichende Sachverhaltsaufklärung (Verletzung von § 76 Abs. 1 FGO) ist nicht gegeben. Die Beschwerdebegründung lässt nicht erkennen, weshalb sich dem FG auf der Grundlage seines materiell-rechtlichen Standpunktes eine weitere Sachverhaltsaufklärung auch ohne entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, m.w.N.). Mit ihrem Vorbringen, die Kontoauszüge seien widersprüchlich, setzen die Kläger lediglich ihre eigene Tatsachen- und Beweiswürdigung an die Stelle der Würdigung des FG. Mit solchen der Revision vorbehaltenen Angriffen könne sie im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden (z.B. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2005 IX B 38/05, BFH/NV 2006, 772).
3. Die Revision ist auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Die Kläger machen geltend, die Entscheidung des FG sei greifbar gesetzwidrig, weil dieses § 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit seinen möglichen Auswirkungen auf das Jahr des Zuflusses der Disagio-Rückerstattung, den Beginn der Festsetzungsfrist und das Vorliegen einer Steuerverkürzung im Jahre 1994 nicht beachtet habe. Aus diesem Vorbringen ergibt sich nur, dass das FG (nach Ansicht der Kläger) erhebliche Rechtsfehler begangen hat; das Vorliegen einer "Willkürentscheidung" i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wird dadurch nicht bezeichnet (z.B. Beschluss in BFH/NV 2006, 772, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1560804 |
BFH/NV 2006, 1871 |