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BFH Beschluss vom 06.08.1998 - III B 30/96 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuordnung von Gebäudeteilen nach Nutzungs- und Funktionzusammenhängen

 

Leitsatz (NV)

1. Ein zu Wohnzwecken genutzter Gebäudeteil wird eigenbetrieblich i. S. des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) genutzt, wenn er im Interesse des Betriebs von Betriebsangehörigen bewohnt wird.

2. Flächen und Räume, die Angehörigen des eigenen gewerblichen Betriebs zu Wohnzwecken dienen, sind daher bei der Ermittlung des Umfangs, in dem ein eigenbetrieblich genutztes Gebäude oder ein entsprechender Gebäudeteil zu nach §§19 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 und 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BerlinFG 1987 begünstigten Zwecken genutzt wird, in die Verhältnisrechnung einzubeziehen; sie können nicht etwa als weiterer selbständiger Gebäudeteil unberücksichtigt bleiben.

 

Normenkette

BerlinFG 1987 § 19 Abs. 2 S. 4 Nr. 1, § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachte Abweichung vom Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) liegt nicht vor.

Der Große Senat hat dort -- soweit für den Streitfall von Bedeutung -- lediglich ausgeführt, daß dann, wenn ein Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu Wohnzwecken durch Vermietung oder durch Eigenverbrauch genutzt wird, die einzelnen Gebäudeteile gesondert zu behandeln seien, sei es als notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen, sei es als notwendiges Privatvermögen; da diese Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen ständen, sei es gerechtfertigt, ebensoviele Wirtschaftsgüter anzunehmen (Abschn. C II. Nr. 3. d der Entscheidungsgründe). Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus diesen Ausführungen weder ausdrücklich noch sinngemäß der Rechtssatz, daß eine Nutzung zu Wohnzwecken stets als eigenständige Nutzung anzusehen sei. Der Wortlaut läßt vielmehr ohne weiteres auch die vom Finanzgericht (FG) vorgenommene Auslegung zu, daß die Nutzung zu Wohnzwecken in den Hintergrund tritt und statt dessen von einer eigenbetrieblichen Nutzung auszugehen ist, wenn der betreffende Gebäudeteil -- wie hier -- im Interesse des Betriebs von Betriebsangehörigen bewohnt wird. Der Gesamtzusammenhang, im dem die Aussage des Großen Senats zur Aufteilung eines Gebäudes nach Nutzungs- und Funktionszusammenhängen steht, zwingt sogar zur Auslegung im Sinne des FG. Die Entscheidung des Großen Senats hatte zum Ziel, die Versuche, ein Gebäude aus Abschreibungsgründen in möglichst viele selbständige Einheiten aufzuteilen, zurückzudrängen. So lautet z. B. eine Kernaussage, daß gesonderte Absetzung für Abnutzung von Gebäudeteilen grundsätzlich (auch bei Gebäuden des Betriebsvermögens) nicht mehr anzuerkennen sei (s. Abschn. C II. Nr. 2 vor a der Entscheidungsgründe). Dem entspricht es, die Einheit "Gebäude" nach Möglichkeit nicht in gesonderte Wirtschaftsgüter aufzuteilen; dazu gehört auch, eine Nutzung zu Wohnzwecken ggf. unter die Begriffe der eigen- oder fremdbetrieblichen Nutzung zu subsumieren. Dies gilt nach Auffassung des Senats um so mehr, als nach der Rechtsprechung Wohnungen, die von Betriebsangehörigen bewohnt werden, nur dann zum (notwendigen) Betriebsvermögen gerechnet werden können, wenn ein enger betrieblicher Funktionszusammenhang besteht (s. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1976 I R 73/74, BFHE 121, 135, BStBl II 1977, 315).

Die grundsätzliche Hinzurechnung der Betriebswohnung zum "eigenbetrieblich genutzten Gebäudeteil" der Klägerin entspricht auch der Auffassung der Verwaltung (s. R 13 Abs. 4 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien 1996, Amtliches Einkommensteuer-Handbuch 1997) und der -- soweit ersichtlich -- einhelligen Auffassung im Schrifttum (s. z. B. Plückebaum, Der Betrieb 1980, 1086, 1087; Söffing, Finanz- Rundschau 1979, 25, 30; derselbe auch in Sönksen/Söffing, Berlinförderungsgesetz, Kommentar, §14 Anm. 80; vgl. auch George, Berliner Steuerpräferenzen, 6. Aufl., §14 BerlinFG Rdnr. 105, der dort die Nutzung zu Wohnzwecken von Anfang an -- einheitlich -- zur "privaten" Nutzung zusammenfaßt und neben die eigen- und fremdbetriebliche Nutzung stellt). Die von der Klägerin für ihre Aufassung angegebenen Fundstellen betreffen ein anderes Rechtsproblem (s. dazu nachfolgend unter Nr. 2).

2. Die Revision kann auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassen werden.

Selbst wenn man davon ausgeht, die zu klärende Rechtsfrage ergebe sich hinreichend deutlich aus dem Vortrag der Klägerin im Zusammenhang mit der Divergenzrüge, fehlt es an einer schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Frage.

a) Das von der Klägerin für ihre Auffassung zitierte Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11. Oktober 1982 (BStBl I 1982, 775, Tz. 9) betraf die Regelungen des §4 b Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982, wonach Aufwendungen für zum Anlagevermögen gehörende unbewegliche Wirtschaftsgüter und Gebäude oder Gebäudeteile ausdrücklich dann nicht zulagenbegünstigt sein sollten, wenn sie Wohnzwecken dienten. Ähnlich verhält es sich mit den von der Klägerin genannten Kommentarstellen (Brandis in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 15. Aufl., §7 EStG Anm. 500 und 503, sowie Handzik in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., §7 EStG Rdnr. 200 d). Sie betreffen §7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), der bei Gebäuden eine erhöhte Abschreibung (mit jährlich 4 v. H.) ausdrücklich nur dann zuläßt, wenn die Gebäude zum Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen.

Für die Anwendung dieser Vorschriften rechnen das BMF-Schreiben in BStBl I 1982, 775, Tz. 9 und die genannten Kommentatoren sog. Werkswohnungen und Wohnungen, die aus besonderen betrieblichen Gründen an Betriebsangehörige überlassen werden, zu den Wohnzwecken dienenden Gebäuden und Gebäudeteilen. Gegen diese Beurteilung lassen sich Bedenken sicher nicht erheben; doch kann daraus andererseits nichts für die Auffassung der Klägerin im Streitfall hergeleitet werden.

Die im Streitfall anzuwendenden Vorschriften der §§19 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 und 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a cc des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) 1987 enthalten keine vergleichbaren Regelungen. §19 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 BerlinFG 1987 gewährt -- durch die Bezugnahme auf §14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a BerlinFG 1987 -- für Gebäude und Gebäudeteile, die im eigenen gewerblichen Betrieb ganz bestimmten Zwecken dienen, eine Investitionszulage. Danach sind z. B. Gebäude und Gebäudeteile, die dem Handel dienen, nicht begünstigt; dies ergibt sich daraus, daß dieser Zweck nicht in §14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a BerlinFG 1987 genannt ist. In gleicher Weise wird eine Investitionszulage nicht gewährt für Gebäude und Gebäudeteile, die Angehörigen des eigenen gewerblichen Betriebs zu Wohnzwecken dienen, obwohl insoweit -- anders als bei zum Handel genutzten Gebäuden und Gebäudeteilen -- eine erhöhte Sonderabschreibung nach §14 BerlinFG 1987 möglich ist. Gesetzestechnisch wird die Zulagengewährung dadurch ausgeschlossen, daß in §19 nicht (auch) auf §14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 b BerlinFG 1987 verwiesen wird.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Flächen oder Räume, die dem Handel dienen, bei der Ermittlung des Umfangs, in dem ein eigenbetrieblich genutztes Gebäude oder ein entsprechender Gebäudeteil zu begünstigten Zwecken genutzt wird, in die Verhältnisrechnung einzubeziehen sind; sie können nicht etwa als weiterer selbständiger Gebäudeteil unberücksichtigt bleiben (s. hierzu insbesondere das Senatsurteil vom 29. September 1994 III R 80/92, BFHE 176, 93, BStBl II 1995, 72). Gleiches gilt für die Flächen und Räume, die Angehörigen des eigenen gewerblichen Betriebs zu Wohnzwecken dienen. Gründe, die eine im Vergleich zum Handel unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten, hat auch die Klägerin nicht vorgetragen.

Insbesondere hat die Klägerin -- entgegen §115 Abs. 3 Satz 3 FGO -- auch nicht dargelegt, inwieweit die zu §4 b InvZulG 1982 und zu §7 Abs. 4 EStG vertretenen Auffassungen ihrer Meinung nach auch für die hier einschlägigen Vorschriften Bedeutung haben könnten.

b) Hinzu kommt, daß die zu klärende Rechtsfrage ausgelaufenes Recht betrifft. §19 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 BerlinFG 1987 (= §19 Abs. 3 Satz 2 BerlinFG 1988 und spätere Jahre) ist inzwischen außer Kraft getreten. Investitionszulage nach §19 BerlinFG kommt nur noch für vor dem 1. Juli 1991 begonnene Investitionen in Betracht (§31 Abs. 14 BerlinFG i. d. F. des Steueränderungsgesetzes -- StÄndG -- 1991 vom 24. Juni 1991, BGBl I 1991, 1322, BStBl I 1991, 665).

Inwieweit eine Revisionsentscheidung trotzdem noch für eine Vielzahl von Fällen bedeutsam sein könnte, hat die Klägerin nicht dargelegt (zu diesem Erfordernis s. z. B. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §115 Anm. 12, mit weiteren Hinweisen).

c) Ungeachtet der danach fehlenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit durch die Klägerin besteht hinsichtlich der hier maßgebenden Rechtsfragen auch kein Klärungsbedarf.

Wie oben -- auch im Zusammenhang mit der Abhandlung der Divergenzrüge -- ausgeführt, läßt sich aus der bisherigen Rechtsprechung und den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften unschwer ableiten, daß die sog. Betriebswohnung zum eigenbetrieblich genutzten Gebäudeteil der Klägerin gehört und daher in die Berechnung, ob dieser Gebäudeteil zu mehr als 80 v. H. den nach §14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a cc BerlinFG 1987 begünstigten Betriebszwecken dient, einzubeziehen ist.

3. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 154205

BFH/NV 1999, 367

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      (1) 1Steuerpflichtige im Sinne des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes, die begünstigte Investitionen vornehmen, haben Anspruch auf eine Investitionszulage. 2Bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 des ...

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