Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde; Verwertung von strafgerichtlichen Feststellungen
Leitsatz (NV)
- Ausführungen, wonach das FG angeblich zu Unrecht seiner Entscheidung eine bestimmte Tatsache zu Grunde gelegt hat, vermögen nicht zu begründen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 FGO vorliegen.
- Zur Rüge eines Verfahrensfehlers wegen Verstoßes gegen die Pflicht des FG zur Sachaufklärung ist es erforderlich darzulegen, welche aufzuklärenden Tatsachen nicht aufgeklärt worden sind, und dass sich die Notwendigkeit zu deren Aufklärung auch ohne entsprechende Beweisanträge des Klägers dem Gericht hätte aufdrängen müssen.
- Das FG darf sich auch die einem Strafbefehl gegen einen am finanzgerichtlichen Verfahren nicht Beteiligten zu Grunde liegenden Feststellungen zu Eigen machen, wenn diese nicht substantiiert bestritten werden und keine entsprechenden Beweisanträge gestellt werden.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, § 116 Abs. 3 S. 3
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Steuerbescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Hauptzollamt ―HZA―) über insgesamt … DM an Einfuhrabgaben für vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbrachte bzw. im Zollgebiet erworbene unverzollte und unversteuerte Zigaretten als unbegründet abgewiesen. Dabei stützte es sich auf die Feststellungen des gegen die Ehefrau des Klägers ergangenen rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts … vom 4. November 1998, wonach diese in Bezug auf die streitgegenständlichen Zigaretten gemeinschaftlich mit ihrem Ehemann gehandelt habe. Diese Feststellungen habe der Kläger nicht substantiiert bestritten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde des Klägers, mit der er sich dagegen wendet, dass das FG die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen habe, ist unzulässig. Der Kläger hat die behauptete grundsätzliche Bedeutung der Sache sowie seine Meinung, dass eine Entscheidung im Revisionsverfahren der Fortbildung des Rechts diene, und einen angeblichen Verfahrensmangel nicht ausreichend dargelegt, wie dies von § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verlangt wird.
Der Kläger hat weder eine konkrete Rechtsfrage gestellt, deren Klärung er für von grundsätzlicher Bedeutung hält, noch näher erläutert, weshalb er eine Entscheidung in der Sache als der Fortbildung des Rechts dienlich ansieht. Ausführungen, denen zu entnehmen ist, dass der Kläger die Auffassung vertritt, das HZA und das FG seien zu Unrecht von einer Menge von … Stück Zigaretten ausgegangen, für die der Kläger Einfuhrabgaben schulde, vermögen nicht zu begründen, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 FGO gegeben sind.
Ebenso reicht das Beschwerdevorbringen nicht aus, um das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) schlüssig zu begründen. Es fehlt bereits an konkreten Darlegungen dazu, gegen welche Verfahrensvorschrift das FG verstoßen haben soll. Sollten die Ausführungen des Klägers dahin zu verstehen sein, dass er einen Verstoß gegen die Pflicht des FG zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) rügen möchte, so hätte er darlegen müssen, welche aufzuklärenden Tatsachen nicht aufgeklärt worden sind, und dass sich die Notwendigkeit zu deren Aufklärung auch ohne entsprechende Beweisanträge des Klägers dem Gericht hätte aufdrängen müssen.
Soweit der Kläger rügt, dass die Feststellungen des Strafbefehls gegen seine Ehefrau und des Strafbefehls gegen Frau B, soweit sie ihn betrafen, dem Urteil nicht hätten zu Grunde gelegt werden dürfen, steht dem die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entgegen, wonach sich das Gericht auch die einem Strafurteil gegen einen am finanzgerichtlichen Verfahren nicht Beteiligten zu Grunde liegenden Feststellungen zu Eigen machen darf, wenn diese ―wie im Streitfall vom FG im Einzelnen ausgeführt― nicht substantiiert bestritten werden und keine entsprechenden Beweisanträge gestellt werden (vgl. u.a. BFH, Urteile vom 26. April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463; vom 14. Oktober 1999 IV R 63/98, BFH/NV 2000, 357, und Beschluss vom 11. Januar 1994 VII B 200/93, BFH/NV 1994, 804). Zwischen den in einem Strafurteil getroffenen Feststellungen und denen, die einem Strafbefehl zu Grunde liegen, besteht hinsichtlich ihrer Verwertbarkeit im finanzgerichtlichen Verfahren kein Unterschied (vgl. u.a. BFH, Beschluss vom 29. Juli 1998 VII B 4/98, BFH/NV 1999, 324).
Mit der Behauptung, die Feststellungen des Strafbefehls gegen die B würden das Ergebnis, zu dem das FG gelangt ist, nicht rechtfertigen, wird kein Verfahrensfehler gerügt, sondern die Beweiswürdigung durch das FG angegriffen, was allenfalls ein im materiellen Bereich liegender Fehler, aber kein Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sein könnte.
Von einer weiteren Begründung des Beschlusses sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Alternative 2 FGO).
Fundstellen