Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz (NV)
1. Zum Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA).
2. Zur Frage des Ausgleichs von Vor- und Nachteilen bei der Prüfung der Voraussetzungen einer vGA.
Normenkette
KStG 1977 § 8 Abs. 3
Tatbestand
Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin), eine GmbH, wurde mit Wirkung ab 1. Januar 1978 gegründet. Laut Gesellschaftsvertrag sollte der Gesellschafter K. X. die Stammeinlage von 400 000 DM wie folgt erbringen: K. X. sollte 100 000 DM in bar zahlen, die restlichen 300 000 DM sollten dadurch erbracht werden, daß K. X. sein bisher betriebenes Einzelunternehmen mit sämtlichen Aktiven, jedoch mit Ausnahme des Immobilienvermögens, und Passiven, jedoch mit Ausnahme der Darlehensverbindlichkeiten gegenüber dem Mitgesellschafter M. X., zum Buchwert einbringt. Sollte sich aus diesem Vorgang ein Überschuß von weniger als 300 000 DM ergeben, sollte die Differenz in bar eingezahlt werden. Der Einbringungsvorgang führte zu einem Überhang der Passiven über die Aktiven in Höhe von 310 551,98 DM. Dieser Betrag wurde in das Gesellschafterverrechnungskonto eingestellt. In der Bilanz auf den 31. Dezember 1979 wurde so eine Forderung gegen K. X. in Höhe von 626 127,55 DM ausgewiesen. Die auf dem Verrechnungskonto ausgewiesene Forderung wurde im Streitjahr 1979 mit 4 % verzinst, was im Streitjahr 1979 einen Zinsertrag von 21 896 DM erbrachte. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) setzte für 1979 die Körperschaftsteuer auf 9 998 DM fest, wobei er die Auffassung vertrat, daß die Forderung gegen K. X. mit 8 % angemessen verzinst sei und daher bei einer verdeckten Gewinnausschüttung im Betrage von 21 896 DM auszugehen sei. Ausgehend von einer dadurch bewirkten Verminderung des Verlustrücktrages nach dem Streitjahr 1978 setzte das FA die Körperschaftsteuer für 1978 auf 10 596 fest.
Das Einspruchsverfahren gegen die entsprechenden Körperschaftsteuerbescheide blieb erfolglos. Ein beim FA gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde abgelehnt.
Das Finanzgericht (FG) sah den bei ihm gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als begründet an. Ein ordentlicher, gewissenhafter Geschäftsleiter der Antragstellerin hätte dritten Nichtgesellschaftern nicht Darlehen zu Bankbedingungen gewährt, zumal dies, um dem Erfordernis gleichartiger Bedingung zu entsprechen, ohne die Bereitstellung von Sicherheiten hätte geschehen müssen. Ein ordentlicher Geschäftsleiter der Antragstellerin hätte vielmehr Rücksicht auf den Geschäftsbetrieb genommen und darauf geachtet, daß überschüssiges Kapital kurzfristig den Erfordernissen des von der Antragstellerin betriebenen Betriebs entsprechend wieder zur Verfügung gestellt werden könne. Schon daher sei es pflichtgemäß, wenn ein solcher Geschäftsleiter nicht wie eine Bank das Risiko der Vergabe von Geldern an Privatpersonen auf sich nehme, sondern daß er die Gelder vielmehr gerade einer Bank überlasse, da so ein Höchstmaß an Sicherheit gewährleistet werde und ein kurzfristiger Rückgriff auf das Kapital möglich sei. Ein ordentlicher, gewissenhafter Geschäftsleiter hätte daher das freiwerdende Kapital durch Anlage bei Banken als Festgelder genutzt. Da der Geschäftsbetrieb der Antragstellerin im Streitjahr 1979 einen Rückgriff auf das Kapital nicht erforderte, könne davon ausgegangen werden, daß ein ordentlicher Geschäftsleiter für die Festgelder eine Laufzeit von 12 Monaten gehabt hätte. Nach Heft 12 Jahrgang 1979 der Monatsberichte der Deutschen Bundesbank habe hierfür der Habenzins in den Monaten Dezember 1978 und Januar 1979 zwischen 3,5 und 4 % Streubreite betragen.
Soweit im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. November 1964 I 116/63 U (BFHE 81, 487, BStBl III 1965, 176) eine andere Rechtsauffassung vertreten werde, könne dem nicht gefolgt werden.
Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde beantragt das FA, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung abzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, den Antrag des FA auf Aufhebung des Beschlusses des FG als unbegründet abzuweisen. Die Antragstellerin macht geltend, daß dem Darlehensschuldner K. X. zumindest in Höhe von 410 000 DM keine flüssigen Mittel zugeflossen seien. Vielmehr stamme dieser Darlehensteil aus dem Einbringungsvorgang zum 1. Januar 1978 und stelle so einen zufälligen Saldo dar. Hätte z. B. K. S. die Darlehensschuld seiner Einzelfirma gegenüber seinem Sohn M. X. (in Höhe von 496 451,93 DM) nicht in die Antragstellerin eingebracht, so wäre kein Forderungssaldo gegenüber dem Gesellschafter K. X. anläßlich des Einbringungsvorgangs entstanden, sondern ein Guthaben des Gesellschafters vorhanden gewesen.
In dem Zusammenhang stehe die Frage, ob es sich bei dem Darlehen um ein privates Darlehen des Gesellschafters K. X. gehandelt habe oder ob nicht vielmehr ein durch die Einzelfirma K. X. geschuldetes Darlehen vorliege. Dabei sei auch von besonderer Bedeutung, daß es sich bei den im Vermögen der gewerblichen Einzelfirma verbliebenen Immobilien um Grundstücke und darauf errichtete Hallenbauten gehandelt habe, die durch die Einzelfirma an andere Gewerbebetriebe zu Lagerzwecken vermietet worden seien; hierbei sei für die ursprüngliche Anschaffung des Grundstücks und die Errichtung dieser Lagerbauten ausschlaggebend gewesen, daß für den Fall einer Kündigung des durch die zur Zeit noch von der Antragstellerin von der Stadt angemieteten Grundstücks eine Ausweichmöglichkeit zur Fortführung des Betriebs gegeben gewesen wäre. Es handelt sich also bei den von der Einzelfirma gehaltenen Grundstücken und Hallenbauten um ein Vorratsgelände für den Gewerbebetrieb der Antragstellerin. Bei dem Einbringungsvorgang zum 1. Januar 1978 seien auch in erheblichem Umfang stille Reserven mit eingebracht worden, ohne daß diese aufgedeckt worden seien. Die stillen Reserven hätten 315 959 DM betragen. Der in der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1978 ausgewiesene Forderungsbetrag an den Gesellschafter K. X. von rd. 410 000 DM bzw. 310 000 DM sei nur dadurch entstanden, daß einerseits stille Reserven anläßlich des Einbringungsvorgangs nicht aufgelöst worden seien, andererseits bei der Einzelfirma das wertvolle Immobilienvermögen verblieben sei, das ausschließlich aus Eigenmitteln finanziert worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der strittigen Körperschaftsteuerbeträge ist zurückzuweisen. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide bestehen insoweit nicht (§ 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Es erscheint bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht zweifelhaft, daß das FA für das Streitjahr 1979 zu Recht von einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 21 896 DM ausgegangen ist, indem es für die Verzinsung der Forderung gegen den Gesellschafter K. X. einen Zinssatz von 8 % als angemessen zugrunde legte. Im Regelfall kommt es für die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung darauf an, ob eine Kapitalgesellschaft einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 23. Mai 1984 I R 294/81, BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673).
Die Antragstellerin hätte den Vorteil eines statt zu 8 % nur zu 4 % verzinslichen Darlehens ihrem Gesellschafter nicht gewährt, wenn sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt hätte. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte berücksichtigt, daß das Darlehen nicht gesichert war; er hätte daher einen Zinssatz gefordert, der über dem lag, der in dem strittigen Zeitraum Festgeldern von einer Laufzeit von 12 Monaten zugrunde lag. Bei der gebotenen summarischen Prüfung bestehen keine Bedenken, wenn das FA dabei von einem Zinssatz von 8 % ausging.
Die Vorteile, die die Antragstellerin im Rahmen der Einbringung erlangt hat, können nach den Grundsätzen über den Ausgleich von Vor- und Nachteilen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern bei der Prüfung der Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht berücksichtigt werden. Hierzu hätte es zumindest von vornherein getroffener klarer und eindeutiger Vereinbarungen über den Vorteilsausgleich bedurft (BFH-Urteil vom 8. Juni 1977 I R 95/75, BFHE 122, 491, BStBl II 1977, 704).
Fundstellen
Haufe-Index 422915 |
BFH/NV 1986, 767 |