Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretungszwang vor dem BFH; Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten
Leitsatz (NV)
- Die Regelung über den Vertretungszwang vor dem BFH ist verfassungsgemäß.
- Der Antrag auf Beiordnung eines gemäß § 62a FGO zur Vertretung vor dem BFH berechtigten Prozessbevollmächtigten hat keinen Erfolg, wenn eine nicht statthafte Beschwerde eingelegt werden soll, da diese Rechtsverfolgung aussichtslos ist.
Normenkette
FGO §§ 62a, 128 Abs. 2, § 155; ZPO § 78b Abs. 1, § 251
Gründe
1. Die Beschwerde ist nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.
a) Nach § 128 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) können ―wie sich auch aus der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses des Finanzgerichts ergibt― Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
b) Die Beschwerde ist aber auch deshalb unzulässig, weil die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) nicht ordnungsmäßig vertreten und die Einlegung der Beschwerde daher unwirksam ist. Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muss sich jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Rechtsanwalt, niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen; zur Vertretung berechtigt sind ferner Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugte Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Halbsatz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden (§ 62a FGO).
Die Regelung über den Vertretungszwang vor dem BFH ist verfassungsgemäß (vgl. Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 1976 1 BvR 373/76, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1977, 33; vom 23. Dezember 1977 1 BvR 322/75, 1 BvR 393/77, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs, Rechtsspruch 38; BFH-Beschlüsse vom 24. Februar 1986 VIII E 9/85, BFH/NV 1989, 40; vom 8. März 1994 VII B 21/94, BFH/NV 1994, 812; vom 21. Juni 1999 VII B 116/99, BFH/NV 1999, 1612).
Im Streitfall ist die Beschwerde nicht von einer Person oder Gesellschaft mit der oben bezeichneten Berufszugehörigkeit eingelegt worden. Es ist unstreitig, dass der Bevollmächtigte der Klägerin nicht Angehöriger einer der oben genannten Berufe ist. Die Einlegung der Beschwerde ist daher unwirksam.
2. Sollte sich der hilfsweise gestellte Antrag in dem Schreiben des Bevollmächtigten vom 19. Juni 2002 auf Beiordnung eines gemäß § 62a FGO zur Vertretung vor dem BFH berechtigten Prozessbevollmächtigten auch auf das vorliegende Verfahren beziehen, hätte er keinen Erfolg. Denn gemäß § 155 FGO i.V.m. § 78b Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist Voraussetzung für die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten u.a., dass die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Im Streitfall ist die Rechtsverfolgung aber aussichtslos, weil die Einlegung einer nicht statthaften Beschwerde keinen Erfolg haben kann.
3. Dem Antrag auf Ruhen des Verfahrens gemäß § 155 FGO i.V.m. § 251 ZPO war nicht stattzugeben. Denn er ist nicht ―wie in § 251 Satz 1 ZPO gefordert― von beiden Beteiligten gestellt worden. Außerdem wäre ein Ruhen des Verfahrens auch deshalb nicht zweckmäßig, weil nicht zu erwarten ist, dass die Beschwerde durch ein künftiges Ereignis nachträglich statthaft werden könnte.
Fundstellen