Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeitsklage, Zuständigkeit des FG, Akteneinsicht
Leitsatz (NV)
1. Für die Nichtigkeitsklage gegen ein FG-Urteil ist nicht die Zuständigkeit des Bundesfinanzhofs, sondern die des FG gegeben.
2. Fehlt es an der instanzlichen Zuständigkeit des BFH, so ist der Rechtsstreit von Amts wegen an das instanziell zuständige FG zu verweisen.
3. Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens steht einem Beteiligten Akteneinsicht nicht zu, wenn die Beschwerde unzulässig ist. Dieser Grundsatz gilt auch im Verfahren der Nichtigkeitsklage.
Normenkette
FGO §§ 134, 70; ZPO § 584; GVG § 17a
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) des Saarlandes hat die Klage der Klägerin, Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Antragstellerin) wegen Einkommensteuer 1996 bis 1999 mit Urteil vom 25. April 2007 1 K 2183/03 als unzulässig abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Antragstellerin hat der Senat mit Beschluss vom 25. September 2008 VIII B 80/07 als unzulässig verworfen.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit einer "Nichtigkeitsklage gemäß § 134 FGO i.V.m. § 579 ff. ZPO", mit der sie unter anderem fehlende echte Prozessvoraussetzungen, fehlende streitgegenstandsbezogene Sachentscheidungsvoraussetzungen, mangelnde Parteifähigkeit und Prozessunfähigkeit des Beklagten, Beschwerdegegners und Antragsgegners --Finanzamt (FA)-- (wahrer Beklagter sei das FA X, das indes im Verfahren nicht vertreten gewesen sei), Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts geltend macht.
Die Antragstellerin beantragt festzustellen, dass der Senatsbeschluss vom 25. September 2008 VIII B 80/07 und das Urteil des FG des Saarlandes vom 25. April 2007 1 K 2183/03 nichtig seien und die vorstehend genannten Entscheidungen aufzuheben.
Das FA beantragt, die Nichtigkeitsklage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Für die Nichtigkeitsklage gegen das FG-Urteil vom 25. April 2007 1 K 2183/08 ist nach § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO), § 584 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht die Zuständigkeit des Bundesfinanzhofs (BFH), sondern die des FG gegeben. Fehlt es danach an der instanzlichen Zuständigkeit des BFH, ist dies nach § 70 Satz 1 FGO in entsprechender Anwendung des § 17a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) festzustellen und der Rechtsstreit insoweit von Amts wegen an das instanziell zuständige FG zu verweisen (BFH-Beschluss vom 5. Juni 2008 IX S 5/08, BFH/NV 2008, 1513); dies gilt insbesondere für Nichtigkeitsklagen gegen FG-Urteile (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 1994 VIII K 1/94, BFH/NV 1995, 800).
III.
Die "Nichtigkeitsklage" gegen den Beschluss des BFH vom 25. September 2008 VIII B 80/07 ist als Antrag zu verstehen, den Beschluss entsprechend den §§ 134 FGO, 579 ZPO für nichtig zu erklären (vgl. BFH-Beschluss vom 18. März 1988 V K 1/88, BFHE 152, 426, BStBl II 1988, 586).
Der Antrag ist unzulässig, weil die Antragsbegründung keine Nichtigkeitsgründe i.S. des § 579 Abs. 1 ZPO bezeichnet, sondern sich im Wesentlichen auf die Wiederholung der bereits im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vorgetragenen Argumente beschränkt. Insbesondere ist dem Vortrag der Antragstellerin, nicht das im Klageverfahren wie auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren aufgetretene FA Y, sondern das FA X sei sachlich zuständig gewesen, kein Nichtigkeitsgrund i.S. des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zu entnehmen. Schon nach dem Wortlaut der Vorschrift ist nämlich der Einwand, in einem Gerichtsverfahren "nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten zu sein", ausdrücklich nur von einer (nicht entsprechend vertretenen) "Partei" geltend zu machen (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 27. Oktober 1992 VII R 71/92, BFH/NV 1993, 314, m.w.N.), betrifft also nicht die ggf. rechtswidrige Nichtbeteiligung Dritter am Verfahren.
Im Hinblick auf die von der Antragstellerin darüber hinaus geltend gemachten Verfahrensverstöße ist ein Bezug zu einem der Nichtigkeitsgründe des § 579 Abs. 1 ZPO nicht erkennbar.
IV.
Die von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 3. November 2008 beantragte Akteneinsicht war nicht zu gewähren. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH steht einem Beteiligten im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens eine Akteneinsicht nicht zu, wenn die Beschwerde unzulässig ist (BFH-Beschluss vom 20. April 2004 XI B 21/04, BFH/NV 2004, 1120; weitere Nachweise bei Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 78 FGO Rz 21). Dieser Grundsatz gilt im Verfahren der Nichtigkeitsklage entsprechend.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO, soweit der Senat den Nichtigkeitsantrag gegen seinen Beschluss vom 25. September 2008 VIII B 80/07 als unzulässig verworfen hat. Soweit der Senat das Verfahren an das FG verwiesen hat (Nichtigkeitsklage gegen das angefochtene FG-Urteil), ist die Kostenentscheidung entsprechend § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 70 FGO dem FG vorbehalten (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1513).
Fundstellen