Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungslast - grundsätzliche Bedeutung
Leitsatz (NV)
Die Frage, wer die Feststellungslast zu tragen hat dafür, ob die Voraussetzungen eines Vertrauenstatbestandes vorliegen, aus dem er Rechte herleitet, hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2, § 96
Verfahrensgang
Gründe
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage muß dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits früher über eine Rechtsfrage entschieden, so ist darzulegen, weshalb der Beschwerdeführer eine erneute Entscheidung des BFH im Allgemeininteresse für erforderlich hält (vgl. z.B. Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Rz. 159 m.w.N.). Diesen Voraussetzungen genügt die Beschwerdeschrift nicht, soweit sie als grundsätzlich bedeutend die Frage ansieht, inwieweit Art. 6 Abs. 2 der Menschenrechtskonvention in steuerrechtlichen Verfahren - abgesehen von Steuerstrafverfahren - Anwendung findet. Über diese Frage hat der BFH im Urteil vom 27. August 1991 VIII R 85/89 (BFHE 165, 330, BStBl II 1992, 9) entschieden.
Die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage muß klärungsfähig sein (z.B. Klein/ Ruban, a.a.O., Rz. 54ff.). Die Frage, wer für eine Änderung eines Verwaltungsaktes nach § 130 Abs. 2 Nr. 4 der Abgabenordnung (AO 1977) die objektive Feststellungslast (Beweislast) trägt, ist, selbst wenn sie grundsätzliche Bedeutung hätte, hier nicht klärungsfähig, weil es im Streitfall nicht um eine Änderung nach § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO 1977 geht.
Keine grundsätzliche Bedeutung hat die Rechtsfrage, wer bei Unaufklärbarkeit des Sachverhalts die Feststellungslast zu tragen hat dafür, ob die Voraussetzungen eines Vertrauenstatbestandes vorliegen, aus dem er Rechte herleitet. Sie läßt sich anhand der bisherigen Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462) ohne weiteres beantworten. Besonderheiten ergeben sich insoweit auch nicht deshalb, weil der Vertrauenstatbestand u.a. auch das Nichtvorliegen von Tatsachen (hier: Unkenntnis von der Schattenfinanzierung) voraussetzt. Die Schwierigkeit eines Negativbeweises ändert grundsätzlich nicht die Verteilung der Beweislast (vgl. z.B. Zöllner-Stephan, Zivilprozeßordnung, 17. Aufl., vor § 284 Rz. 24 m.w.N.). Denjenigen, der sich auf das Nichtvorliegen von Tatsachen beruft, kann die Feststellungslast ohnehin nur dann treffen, wenn der Gegner (hier das Finanzamt) substantiiert Tatsachen und Umstände vorgetragen hat, die für das Vorliegen des Positivums (Kenntnis bzw. Kennenmüssen) sprechen.
Auch die zwar nicht ausdrücklich, aber sinngemäß erhobene Verfahrensrüge, das Urteil sei in sich widersprüchlich und verstoße gegen Denkgesetze, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
Kein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern ein materiell-rechtlicher Fehler liegt vor, wenn das Urteil in sich widersprüchlich ist oder gegen Denkgesetze verstößt (z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rz. 27 und 29).
Fundstellen
Haufe-Index 423211 |
BFH/NV 1994, 180 |