Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Ziel einer Beschwerde gegen die Verweigerung oder die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht
Leitsatz (NV)
Eine Beschwerde gegen die Verweigerung oder die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht durch das FG kann nicht auf die Klärung der Frage gerichtet sein, ob das FG im Hinblick auf eine später getroffene Sachentscheidung einen Verfahrensfehler begangen hat.
Das Rechtsschutzinteresse für eine Beschwerde wegen Nichtgewährung von Akteneinsicht durch das FG entfällt jedenfalls dann, wenn der BFH die Möglichkeit der Akteneinsicht gewährt, der Kläger oder sein Prozeßbevollmächtigter sie aber aus von ihnen zu vertretenden Gründen nicht wahrnehmen.
Normenkette
FGO §§ 78, 128
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) beantragte in deren Klageverfahren wegen Einkommensteuer 1989 (Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) Akteneinsicht beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) oder beim Amtsgericht A. Der Vorsitzende des zuständigen Senats des Finanzgerichts (FG) lehnte eine Aktenübersendung an das FA oder das Amtsgericht ab, da eine rechtzeitige Rückkehr der Akten bis zum Termin der mündlichen Verhandlung (am 2. Oktober 1991) nicht gewährleistet sei. Er stellte dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger jedoch anheim, die Akten am 27. September 1991 in der Geschäftsstelle des FG einzusehen. Der Prozeßbevollmächtigte nahm diese Möglichkeit nicht wahr.
Das FG wies die Klage der Kläger aufgrund der am 2. Oktober 1991 durchgeführten mündlichen Verhandlung als unzulässig ab. Die Revision ließ das FG nicht zu.
Dagegen legten die Kläger Nichtzulassungsbeschwerde ein. In der Beschwerdeschrift beantragte ihr Prozeßbevollmächtigter u.a. auch, ihm im Beschwerdeverfahren Einsicht in die Gerichts- und Steuerakten beim Amtsgericht A zu gewähren.
Diese Möglichkeit räumte der Vorsitzende des erkennenden Senats - befristet bis zum 15. Februar 1992 - ein. Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger machte davon jedoch keinen Gebrauch. Er teilte vielmehr mit, daß er die Akten nicht einsehen werde, weil die Kläger andernfalls möglicherweise das Rechtsschutzinteresse für ein anzustrengendes Beschwerdeverfahren wegen Nichtgewährung von Akteneinsicht durch das FG verlören.
Mit Schriftsatz vom 1. März 1992 legten die Kläger dann die vorliegende Beschwerde wegen Nichtgewährung von Akteneinsicht durch das FG ein.
Entscheidungsgründe
Die statthafte Beschwerde ist unzulässig.
Den Klägern fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse.
Der erkennende Senat hat mit Beschluß vom selben Tage III B 175/92 entschieden, daß eine Beschwerde gegen die Verweigerung oder die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht durch das FG nicht auf die Klärung der Frage gerichtet sein kann, ob das FG im Hinblick auf eine später getroffene Sachentscheidung (hier Abweisung der Klage als unzulässig) einen Verfahrensfehler begangen hat. Inwieweit durch die Weigerung des FG, die Akten zur Einsichtnahme an die gewünschte Stelle zu versenden, das Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden ist, sei im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde und bei Zulassung der Revision im Revisionsverfahren zu entscheiden (Hinweis auf den Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Juni 1990 X B 163/88, BFH/NV 1991, 325).
Ziel der Beschwerde gegen die Nichtgewährung einer beantragten Akteneinsicht durch das FG könne nur sein, dieses durch eine Beschwerdeentscheidung anzuweisen, die Akteneinsicht in der beantragten Art und Weise zu gewähren. Diese begehrte Anweisung des FG durch den BFH werde jedoch ab dem Zeitpunkt sinnlos, ab dem das FG die Instanz durch eine Entscheidung in der Sache abgeschlossen hat und wegen eines dagegen eingelegten Rechtsmittels die Akten, deren Einsicht begehrt wird, dem BFH vorliegen.
Das Rechtsschutzinteresse für eine Beschwerde wegen Nichtgewährung von Akteneinsicht durch das FG entfalle jedenfalls dann, wenn ein Kläger auf eine Gewährung der Akteneinsicht durch den BFH hin die Akten einsieht (Hinweis auf den Beschluß des erkennenden Senats vom 12. Juli 1991 III B 152/87, BFH/NV 1992, 49). Das gleiche müsse gelten, wenn der BFH die Möglichkeit der Akteneinsicht gewährt, der Kläger oder sein Prozeßbevollmächtigter sie aber aus von ihnen zu vertretenden Gründen nicht wahrnehmen.
Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung dieser Auffassung wird auf den Beschluß III B 175/92 verwiesen.
Die Grundsätze des Beschlusses III B 175/92 gelten auch im Streitfall. Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger hat von der ihm durch den BFH gewährten Möglichkeit der Akteneinsicht nur deshalb keinen Gebrauch gemacht, um den Klägern die Möglichkeit der vorliegenden Beschwerde zu erhalten. Dies aber zeigt, daß es den Klägern letztlich nicht um die Gewährung der Akteneinsicht ging, sondern um Angriffspunkte gegen die Abweisung ihrer Klage durch das FG.
Fundstellen
Haufe-Index 418453 |
BFH/NV 1993, 370 |