Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung eines Grundstückes aufgrund eines Grundstückskaufvertrags
Leitsatz (NV)
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob dem Käufer eines Grundstückes dieses zum 1. Januar 1983 vermögensteuerrechtlich zugerechnet werden kann, wenn nach dem Grundstückskaufvertrag Besitz, Nutzungen und Lasten zwar auf den genannten Stichtag übergehen sollten, der Kaufvertrag aber erst am 3. Januar 1983 abgeschlossen wurde.
Normenkette
BGB § 313; FGO § 59 Abs. 2-3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Antragstellerin veräußerte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 3. Januar 1983 ein Grundstück gegen einen ,,Barkaufpreis" von 200 000 DM und eine monatlich zu zahlende Rente.
In Nr. IV 4 des Vertrages heißt es unter der Überschrift ,,Besitzübergang", Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten einschließlich aller Verpflichtungen aus den den Grundbesitz betreffenden Versicherungen seien am 1. Januar 1983 auf die Käufer übergegangen.
Die Erwerber wurden am 14. September 1983 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Das FA rechnete ihnen durch Zurechnungsfortschreibungsbescheid das Grundstück zum 1. Januar 1983 zu.
Im Vermögensteuerbescheid (vom 21. Mai 1986) zum 1. Januar 1983 rechnete das FA (Antragsgegner) der Antragstellerin nicht mehr das Grundstück (mit dem Einheitswert von 99 100 DM), sondern die Kaufpreisforderung (200 000 DM) und den Rentenanspruch (339 613 DM) zu. Dadurch ergab sich eine Vermögensteuerschuld von 3 580 DM.
Über den Einspruch der Antragstellerin gegen diesen Vermögensteuerbescheid hat das FA noch nicht entschieden.
Nach vergeblichem Antrag beim FA hat das FG gemäß § 69 Absätze 2 und 3 FGO die Vollziehung des Vermögensteuerbescheides insoweit ausgesetzt, als die festgesetzte Vermögensteuer 1 650 DM übersteigt. Es sei unsicher, ob die genannten Ansprüche aus dem Grundstückskaufvertrag der Antragstellerin bereits am 1. Januar 1983 zugestanden hätten.
Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde beantragt das FA, den Beschluß des FG aufzuheben und den Antrag abzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Es bestehen ernstliche Zweifel (i. S. des § 69 Abs. 2 FGO) an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Vermögensteuerbescheides, soweit das FG die Vollziehung ausgesetzt hat.
Nach dem bisher bekannten Sachverhalt ist unsicher, ob die vorgenannten Ansprüche schon am 1. Januar 1983 zum Vermögen der Antragstellerin gehörten. Der Kaufvertrag über das Grundstück wurde erst am 3. Januar 1983 notariell beurkundet, so daß der Antragstellerin am 1. Januar 1983 aus dem Vertrag keine Ansprüche zustehen konnten (§ 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
Daß das FA das Grundstück mit Rücksicht auf Nr. IV 4 des Kaufvertrages den Erwerbern bereits zum 1. Januar 1983 zugerechnet hat, schließt die vorgenannten Zweifel nicht aus. Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. Oktober 1985 II R 230/82 (BFHE 144, 463, BStBl II 1986, 41), auf welches das FA sich beruft, betrifft keinen Fall der vorliegenden Art. Dort war der Grundstückskaufvertrag vor dem maßgebenden Stichtag für die Veranlagung der Vermögensteuer notariell beurkundet worden. Ob und inwieweit die Grundsätze des Urteils auch für den vorliegenden Fall gelten, muß der Entscheidung im Hauptverfahren vorbehalten bleiben.
Fehler in der Berechnung des ausgesetzten Betrages durch das FG sind nicht ersichtlich und vom FA auch nicht geltend gemacht worden.
Fundstellen
Haufe-Index 415216 |
BFH/NV 1988, 746 |