Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungserfordernisse für grundsätzliche Bedeutung (hier: bauliche Umgestaltung eines Gebäudes als Herstellung): Klärungsbedürftigkeit, Breitenwirkung; ordnungsgemäße Darlegung einer Divergenz; Rüge verzichtbarer Verfahrensmängel (Übergehen eines Beweisantrags, Verletzung der Sachaufklärungspflicht); mangelnde Begründung der Vorentscheidung und mangelhafte Würdigung des klägerischen Sachvortrags keine Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3, § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 2, § 116 Abs. 1 Nr. 5; EStG § 7 Abs. 5
Gründe
Das Rechtsmittel kann keinen Erfolg haben, weil die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ihre auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützte Beschwerde nicht ausreichend begründet haben (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Soweit das Vorbringen im Kern in Einwänden gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils besteht, wird kein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt (s. dazu näher Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Anm. 58 und 62, m.w.N.). Das gilt insbesondere bezüglich des Vortrags, das Finanzgericht (FG) habe bei seiner Entscheidung, bei den hier streitigen Baumaßnahmen handle es sich um den Umbau eines bereits bestehenden Gebäudes, nicht berücksichtigt, daß völlig neue Baukörper errichtet worden seien, sowie hinsichtlich des Hinweises, das FG hätte zumindest eine abschnittsweise Betrachtung der einzelnen Gebäudeteile vornehmen und diese jeweils für sich betrachtet beurteilen müssen.
2. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), daß auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG eine Rechtsfrage herausgearbeitet wird, die sich in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würde, und daß anhand der bisherigen Rechtsprechung und etwaiger Äußerungen im Schrifttum dargestellt wird, inwiefern die Beantwortung dieser Rechtsfrage strittig oder aus welchen Gründen sie sonst zweifelhaft ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann die bauliche Umgestaltung eines vorhandenen Gebäudes grundsätzlich nicht als Herstellung eines neuen Gebäudes angesehen werden, solange das Gebäude in seiner wesentlichen Substanz nicht beeinträchtigt wird (Urteile vom 28. Juni 1977 VIII R 115/73, BFHE 122, 512, BStBl II 1977, 725, und vom 25. November 1993 IV R 68/92, BFH/NV 1994, 705). In Fällen, in denen das FG seine Entscheidung ―wie im Streitfall― unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Verhältnisse zu treffen und tatsächlich auch getroffen hat, reicht für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der bloße Hinweis nicht aus, daß noch keine BFH-Entscheidung zu dem vom FG beurteilten Sachverhalt vorliege oder sich der Sachverhalt des Streitfalles von denjenigen unterscheide, über die der BFH bereits entschieden habe; denn daraus ergibt sich noch nicht, daß ein Klärungsbedarf besteht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. März 1991 II B 122/90, BFH/NV 1992, 602; vom 13. Mai 1992 II B 131/91, BFH/NV 1992, 762; vom 22. Februar 1995 VIII B 81/94, BFH/NV 1995, 711).
Deshalb wäre erforderlich gewesen, daß die Kläger im einzelnen dargelegt hätten, weshalb welche konkrete Frage klärungsbedürftig ist. Sie hätten substantiiert vortragen müssen, welches Sachverhaltselement das FG mit einer ihrer Meinung nach unzutreffenden Rechtsfolge gewichtet hat und daß über die zutreffende Gewichtung dieses konkreten Sachverhaltselements im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung in der Finanzverwaltung oder bei den Finanzgerichten, ggf. auch in der Literatur, unterschiedliche Vorstellungen bestehen.
Ungeachtet dessen haben die Kläger auch nicht substantiiert dargelegt, daß eine Revisionsentscheidung über den Streitfall hinaus Bedeutung haben könnte (sog. Breitenwirkung; s. hierzu Senatsbeschluß vom 22. Juli 1998 III B 99/97, BFH/NV 1999, 323). Hinzu kommt, daß die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen kaum für eine Vielzahl gleichartiger Fälle im selben Sinn beantwortet werden können. Welche Gesichtspunkte im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bei der Prüfung der Frage, ob ein grundlegender Umbau und Erweiterungsbau zur Herstellung eines neuen Gebäudes führt, ausschlaggebend sind, hängt von zahlreichen Umständen des Einzelfalls ab. So können Gebäude z.B. je nach Bauweise und Zweckbestimmung Eigenarten aufweisen, die sie von anderen Objekten unterscheiden und die für das eine Gebäude gerade wesentlich sein können, für ein anderes hingegen nicht. Damit könnten in einer Revisionsentscheidung keine Aussagen getroffen werden, die für eine Vielzahl gleichartiger Fälle Bedeutung hätten und damit das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührten.
3. Soweit die Kläger die Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) rügen, haben sie die Entscheidungen des BFH, von denen die Vorentscheidung abweichen soll, nicht i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO "bezeichnet". Bei einer auf Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde muß der Beschwerdeführer außer der genauen Bezeichnung der Divergenzentscheidung des BFH dartun, daß das vorinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des Revisionsgerichts nicht übereinstimmt. In der Beschwerdebegründung müssen abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung(en) des BFH so genau bezeichnet werden, daß eine Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, und vom 14. Dezember 1993 XI B 40/93, BFH/NV 1994, 569).
Die Kläger haben zwar eine Reihe von Entscheidungen des BFH (Urteile in BFHE 122, 512, BStBl II 1977, 725; vom 31. März 1992 IX R 175/87, BFHE 168, 109, BStBl II 1992, 808; in BFH/NV 1994, 705) angeführt, in denen der BFH zu der Frage Stellung genommen hat, unter welchen Umständen die bauliche Umgestaltung eines vorhandenen Gebäudes als Herstellung eines neuen Gebäudes angesehen werden kann, und aus ihnen wesentliche Aussagen wiedergegeben. Sie haben aber keine abstrakten Rechtssätze aus der angefochtenen Vorentscheidung dargelegt, die mit Rechtssätzen aus den angeführten Urteilen des BFH unvereinbar sind. Die Kläger rügen im Grunde nur, daß das FG ―ihrer Ansicht nach― die genannten Entscheidungen bei seiner Würdigung der dem Streitfall zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse zu Unrecht nicht oder unzutreffend angewandt habe. Für eine ordnungsgemäße Darlegung einer Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist jedoch ohne Bedeutung, ob die Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz unter Anwendung der Rechtsprechung des BFH ggf. als unzutreffend angesehen werden müßte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 20. Februar 1980 II B 26/79, BFHE 129, 313, BStBl II 1980, 211; vom 27. April 1993 V B 177/92, BFH/NV 1994, 133, und vom 9. Juni 1993 II B 11/93, BFH/NV 1994, 102).
Die Kläger weisen unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 9. August 1974 V R 11/74 (BFHE 114, 569, BStBl II 1975, 342) des weiteren darauf hin, daß für das FG Anlaß bestanden hätte, der Frage nachzugehen, ob sich die Baumaßnahme angesichts der erheblichen Investitionen nicht auch wirtschaftlich betrachtet als Errichtung eines Neubaus erweise. Es mag sein, daß das FG diesen Gesichtspunkt für eine weitere Prüfung übersehen und/oder in seiner rechtlichen Bedeutung verkannt hat. Das FG hat aber nicht ―auch nicht konkludent― in den Urteilsgründen einen Rechtssatz aufgestellt, der von der Rechtsprechung des BFH abweichen würde. Unter diesen Umständen liegt eine Abweichung i.S des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO schon begrifflich nicht vor (BFH-Beschluß vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671).
4. Die Kläger können die Zulassung der Revision auch nicht mit Aussicht auf Erfolg auf Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) stützen.
- Soweit die Kläger rügen, das FG habe den gestellten Beweisantrag auf Durchführung eines Augenscheins des Anwesens übergangen und habe dadurch seine Sachaufklärungspflicht verletzt, fehlt es ebenfalls an einer schlüssigen Rüge. Das Übergehen eines Beweisantrags und die Verletzung der Sachaufklärungspflicht gehören zu den verzichtbaren Mängeln (s. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 37); es ist daher erforderlich, in der Beschwerdebegründung darzulegen, daß die Nichterhebung des angebotenen Beweises vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte (vgl. BFH-Beschluß vom 20. Mai 1996 X B 108/95, BFH/NV 1996, 835; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 90). Da die Kläger die Nichterhebung des angebotenen Beweises vor dem FG nicht gerügt haben, hätten sie daher im Rahmen der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde vortragen müssen, daß für sie die Absicht des FG, die angebotenen Beweise nicht zu erheben, nicht so rechtzeitig erkennbar gewesen sei, daß dies noch vor dem FG hätte gerügt werden können.
- Kein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern allenfalls ein mit der zulassungsfreien Revision zu rügender wesentlicher Mangel gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO ist es, daß in dem angefochtenen Urteil nach Ansicht der Kläger ausreichende Ausführungen für die Annahme fehlen, die Unternehmenspacht sei wegen der vorgenommenen Minderung der Absetzung für Abnutzung nicht zu berichtigen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann hierauf nicht gestützt werden (vgl. BFH-Beschluß vom 9. Juni 1986 IX B 90/85, BFHE 146, 395, BStBl II 1986, 679). Mit der Rüge, das FG habe ihre Ausführungen, daß auch die aufgrund des Ergebnisses der Betriebsprüfung überhöhten Pachtzahlungen über die Zuführung zu den Rückstellungen in den Aufwand hätten aufgenommen werden müssen, ohne nähere Erläuterungen abgetan, machen die Kläger zwar auch mangelhafte Würdigung ihres Sachvortrags geltend. Indes läge darin eine Verletzung materiellen Rechts, die ebenfalls nicht mit der auf § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gestützten Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden kann (vgl. BFH-Entscheidungen vom 25. Mai 1988 I R 225/82, BFHE 154, 7, BStBl II 1988, 944, und vom 10. November 1994 IV B 23/94, BFH/NV 1995, 691).
Ob etwa durch den Schriftsatz vom 30. Juli 1999 ein weiterer Grund für die Zulassung der Revision ordnungsgemäß dargetan sein sollte, kann hier dahinstehen. Denn er wäre jedenfalls erst nach Ablauf der Beschwerdefrist (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) und damit verspätet dargelegt worden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 8. Dezember 1994 IV B 7/94, BFH/NV 1995, 678).
Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 26. November 1996 (BGBl I 1996, 1810) ohne Angabe weiterer Gründe.
Fundstellen