Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezeichnung von Verfahrensmängeln
Leitsatz (NV)
1. Zu den Anforderungen an eine Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht.
2. Mit der Rüge, die Beweiswürdigungen des FG seien fehlerhaft, werden keine Verfahrensfehler, sondern materiell-rechtliche Mängel geltend gemacht.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn einer der in §115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Zulassungsgründe gegeben ist. Bloße Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit eines Urteils können dagegen nicht zur Zulassung der Revision führen. Wird eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auf einen Verfahrensmangel (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) gestützt, so muß der Mangel nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdeschrift "bezeichnet" werden. Dies erfordert, daß sich der Verfahrensmangel aus dem Vortrag der Beschwerdeschrift schlüssig ergibt. Hieran fehlt es im Streitfall.
1. Bei einer Rüge der Verletzung der von Amts wegen gebotenen Sachaufklärungspflicht gehören nach ständiger Rechtsprechung zu einem schlüssigen Sachvortrag Ausführungen zu folgenden Punkten (vgl. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 31. August 1992 V R 47/88, BFHE 169, 250, BStBl II 1992, 1046; vom 19. August 1994 X B 124/94, BFH/NV 1995, 238, und vom 13. März 1995 XI B 160/94, BFH/NV 1995, 817; Gräber, Finanzgerichtsordnung, §120 Rz. 40):
-- Welche Tatsachen hätte das Finanzgericht (FG) aufklären oder welche Beweise hätte es erheben müssen?
-- Aus welchen Gründen hätte sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts oder einer Beweiserhebung aufdrängen müssen, obwohl der fachkundig vertretene Kläger keine Beweisanträge stellte?
-- Welche entscheidungserheblichen Tatsachen hätten sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben?
-- Inwiefern hätte eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung führen können?
Wird das Übergehen von Beweisanträgen gerügt, so muß neben dem Beweisthema und dem angebotenen Beweismittel vorgetragen werden, inwiefern das Urteil des FG auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen kann und welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätte. Ferner muß dargelegt werden, weshalb ein fachkundig vertretener Kläger die unterlassene Beweiserhebung nicht in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt hat, bzw. aus welchen Gründen diese Rüge nicht möglich war (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 1994 I R 54/93, BFHE 175, 40, BStBl II 1994, 864).
Im Streitfall ist keine der verschiedenen Rügen unterlassener Beweiserhebung im gebotenen Umfang bezeichnet worden.
a) Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) machen geltend, das FG habe aufklären müssen, weshalb sie die Erhöhung der Warenpreise trotz eines Vertrags mit fixer Preisabsprache hinnehmen mußten. Sie machen ferner geltend, das FG habe danach fragen müssen, ob es schriftliche Unterlagen über ihre Versuche, die Preiserhöhung abzuwehren, gebe. Indes fehlt der substantiierte Vortrag, welche Beweise das FG hätte erheben sollen, weshalb sich die Beweiserhebung von Amts wegen dem FG trotz fehlender Beweisangebote aufdrängte, was die Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätte und inwiefern das Ergebnis zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können. Beispielsweise hat die Beschwerde nicht einmal behauptet, daß schriftliche Unterlagen über Preisverhandlungen existierten.
b) Auch die Rüge, das FG habe die Zeugin A intensiver befragen müssen, läßt keinen Verfahrensfehler erkennen. Die Kläger haben von ihrem Recht, die Zeugin gemäß §83 FGO zu befragen, Gebrauch gemacht. Soweit sie keine zusätzlichen Fragen gestellt haben, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß sie mit dem Verzicht auf weitere Fragen insoweit das Rügerecht verloren haben (vgl. BFH-Beschluß vom 28. Januar 1993 X B 80/92, BFH/NV 1994, 108). Ein Sachvortrag, weshalb die fachkundig vertretenen Kläger nicht selbst in der Lage waren, durch weitere Fragen an die Zeugin zur Aufklärung beizutragen, fehlt. Ebensowenig läßt die Beschwerde erkennen, welche konkreten entscheidungserheblichen Aussagen noch zu erwarten gewesen wären und weshalb sich die entsprechende Fragestellung dem FG aufdrängte. Das FG hat darauf abgestellt, daß sich die Zeugin aufgrund des langen Zeitablaufs nicht mehr genau erinnern konnte.
c) Ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht ergibt sich nicht daraus, daß das FG den Zeugen B nicht vernommen hat. Der ausdrückliche Verzicht der Kläger auf die Vernehmung des geladenen Zeugen hat den Verlust des Rügerechts zur Folge (§295 der Zivilprozeßordnung i. V. m. §155 FGO). Daran ändert der Umstand, daß das FG die protokollierten Aussagen des Zeugen nicht im Sinne der Kläger gewürdigt hat, nichts.
d) Unschlüssig ist der Sachvortrag, das FG hätte die Kläger zur Frage der "Bezugsbedingungen" vernehmen müssen. Die Beschwerde läßt bereits nicht erkennen, daß die Voraussetzungen für eine Parteieinvernahme gegeben waren (vgl. BFH-Beschluß vom 23. November 1994 I B 78/94, BFH/NV 1995, 793). Ferner fehlen jegliche Darlegungen dazu, was die Parteieinvernahme ergeben hätte und inwiefern dies entscheidungserheblich hätte sein können.
e) Unsubstantiiert ist auch die Rüge, das FG habe den Erben von C vernehmen müssen. Die Kläger behaupten, C könne sein Vermögen nur aufgrund der Gelder, die sie an die Firma D gezahlt haben, aufgebaut haben. Indes läßt die Beschwerde nicht konkret erkennen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen, die für den behaupteten Vermögenserwerb sprechen und einen anderen Erwerb ausschließen, vom Erben bezeugt werden sollen.
2. Das FG hat seine Entscheidung auf eine umfangreiche Würdigung der verschiedenen Beweise und zahlreiche Schlußfolgerungen aus den einzelnen Umständen des Streitfalls gestützt. Im Schwerpunkt macht die Beschwerde geltend, die einzelnen Beweiswürdigungen seien unzutreffend. Zudem würden die festgestellten Tatsachen in mehreren Punkten die vom FG gezogenen Schlüsse nicht rechtfertigen. Indes verkennt die Beschwerde mit diesem Vortrag, daß sowohl mit der Rüge, die tatsächlichen Feststellungen würden die rechtlichen Konsequenzen nicht abdecken, als auch mit ihren Angriffen auf die Beweiswürdigung kein Verfahrensfehler bezeichnet wird. Vielmehr handelt es sich in beiden Fällen um Rügen materiell-rechtlicher Fehler, die nicht zur Zulassung der Revision führen können (vgl. BFH-Entscheidungen vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671; vom 27. Oktober 1992 VIII R 41/89, BFHE 170, 1, BStBl II 1993, 569; Gräber, a. a. O., §115 Rz. 27 und 28).
Im übrigen ergeht die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 154329 |
BFH/NV 1999, 802 |