Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH bei Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß
Leitsatz (NV)
Für ein Klageverfahren betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer kann Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden, wenn der Antragsteller nicht dartut, daß sein Ehegatte nicht zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses i. S. von § 1360 a Abs. 4 BGB in der Lage ist.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2, § 142; ZPO §§ 114, 117 Abs. 2, § 118 Abs. 2; BGB § 1360a Abs. 4
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) ist . . . Staatsbürger. Seit dem Jahr 1964 lebt er in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik). Er ist seit dem 31. Januar 1983 verheiratet.
Für die Streitjahre (1972 bis 1980) gab der Kläger keine Steuererklärungen ab. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle bei der Oberfinanzdirektion (OFD) . . . erzielte der Kläger in den Streitjahren Einkünfte aus einer umfangreichen Tätigkeit als Dolmetscher, Therapeut und Dozent, dem Vertrieb von (eingeführten) Silberschmuck, Lederwaren sowie aus Kapitalvermögen und auch sonstige Einkünfte. Er ist durch Urteil des Schöffengerichts beim Amtsgericht . . . im September 1982 wegen fortgesetzter Steuerhinterziehung und Betrugs wegen unberechtigter Inanspruchnahme der Ausbildungsförderung zu einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe verurteilt worden; die auf das Strafmaß beschränkte Berufung führte zur Ermäßigung der Freiheitsstrafe und zur Erhöhung der Geldstrafe. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) nahm an, der Kläger habe in sämtlichen Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Arbeit, seit dem Jahre 1976 Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen, ferner seit dem Jahre 1975 auch sonstige Einkünfte erzielt. Es erließ entsprechende Umsatz- und Einkommensteuerbescheide und setzte die Steuern wie folgt fest: . . .
Die Einsprüche des Klägers gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1972 bis 1980 hatten keinen Erfolg. Das FA verwarf die gegen den Einkommensteuerbescheid 1972 und gegen die Umsatzsteuerbescheide 1972, 1974 und 1975 gerichteten Einsprüche als unzulässig und wies die übrigen Einsprüche als unbegründet zurück.
Im Klageverfahren machte der Kläger neben Vorwürfen gegen den Fahndungsprüfer u.a. geltend: Einkünfte aus Gewerbebetrieb habe er nicht erzielt, sondern einen Verlust in Höhe von . . . DM erlitten. Außerdem habe er Schuldzinsen zahlen müssen und seine Eltern mit ihrer achtköpfigen Familie regelmäßig unterstützt.
Den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und Beiordnung seines Prozeßbevollmächtigten hat das Finanzgericht (FG) abgelehnt. Es führte u.a. aus: Der Kläger habe die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht beigefügt. Zudem biete die Klage nicht hinreichend Aussicht auf Erfolg.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers. Er hat eine vom 14. November 1985 datierende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst einer Gehaltsbescheinigung seiner Ehefrau vorgelegt. Er trägt vor: Durch die Rücknahme der Strafanzeigen seien die Grundlagen der Steuerfahndungsprüfung entfallen. Schmuck habe er nicht verkauft. Im übrigen sei die Schätzung des FA fehlerhaft, weil der Wareneinsatz einschließlich Transportkosten mindestens . . . DM betragen habe. Das FA gehe zudem von zu hohen Erlösen aus.
Entgelte für die Therapie bei Privatpersonen habe er nicht erhalten, insbesondere keine Einnahmen durch das Lehrinstitut . . . In den Jahren 1975 bis 1976 sei er nicht als Dolmetscher tätig geworden. Gelegentlich anfallende Übersetzungen habe er unentgeltlich erbracht. Zahlungen seien an die . . . Gesellschaft erfolgt. Dort habe er keine Gelder für private Zwecke entnommen, insbesondere die Einnahmen dieser Gesellschaft nicht selbst verbraucht. Die Einkünfte aus der Tätigkeit als Dozent an Volkshochschulen seien zum Teil steuerfrei (§ 3 Nr. 26 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Ihnen stünden erhebliche bisher nicht berücksichtigte Kosten (Kfz, Telefon, Beiträge) entgegen. Für die notwendigen Fahrten zu den verschiedenen Volkshochschulen habe er die in den Jahren 1973, 1977 und 1978 erworbenen Kraftfahrzeuge einsetzen müssen.
Die Unterstützungsleistungen ergäben sich aus dem Affidavit seines Vaters vom 29. Dezember 1986.
Zum Beweis hat der Kläger verschiedene Unterlagen beigefügt und für seine einzelnen Behauptungen Beweis angetreten.
Das FA erwidert: Die Schätzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb beruhe auf den Angaben der Personen, die für den Kläger Schmuck, Lederwaren und Wandbehänge verkauft hätten. Von den eingeführten Waren fehlten Waren im Einkaufswert von . . . DM; das entspreche einem Verkaufswert von ca. . . . DM. Aufwendungen für Flug- und Hotelkosten seien nicht nachgewiesen.
Die von der . . . Gesellschaft erzielten Einnahmen habe der Kläger für seine persönlichen Zwecke verwandt. Das stehe auf Grund des Urteils des Schöffengerichts . . . fest.
Die Einkünfte aus der Tätigkeit als Dozent könnten nicht um weitere Betriebsausgaben vermindert werden, weil die Betriebsausgaben bereits pauschal mit 25 % geschätzt worden seien.
Im übrigen lägen Rechnungen und Unterlagen dafür vor, daß der Kläger für Therapiemaßnahmen eine Rechnung über . . . DM ausgestellt und im übrigen auch Schulungsmaßnahmen durchgeführt habe.
Die Behauptung des Klägers, er habe keine Einnahmen aus der Dolmetschertätigkeit erzielt, sei unrichtig.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Prozeßbeteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Im Streitfall hat das FG im Ergebnis zu Recht die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe und die Beiordnung eines Anwalts abgelehnt. Das ergibt sich aus folgenden Gründen:
1. Soweit der Kläger mit der Klage den Einkommensteuerbescheid 1972 und die Umsatzsteuerbescheide 1972, 1974, 1975 angreift, bietet die Klage bereits deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil sie mangels Beschwer i. S. von § 40 Abs. 2 FGO unzulässig ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 1975 VI R 148/72, BFHE 115, 9, BStBl II 1975, 382, und Beschluß vom 20. Dezember 1985 VI B 53/85, BFH/NV 1986, 689).
2. Im übrigen ist nicht dargetan, daß der Kläger die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen kann. Es reicht nicht aus, daß der Kläger vorträgt, er selbst verfüge nur über monatliche Bruttoeinkünfte von durchschnittlich . . . DM und sei durchschnittlich mit insgesamt . . . DM/Monat (Abzüge und Unterhaltsleistungen) belastet. Prozeßkostenhilfe kann nur dann bewilligt werden, wenn ein Antragsteller die zur Prozeßführung erforderlichen Mittel ohne Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhalts nicht besitzt und sie auch nicht in zumutbarer Weise innerhalb angemessener Frist beschaffen kann (Beschluß des Kammergerichts vom 12. August 1981 3 WF 3833, 81, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1982, 112). Insbesondere kann Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden, wenn der Antragsteller gegen einen Dritten Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses hat (BFH-Beschluß vom 3. Juli 1984 VIII B 142/81, nicht veröffentlicht).
Da der Kläger seit dem Jahre 1983 verheiratet ist, hätte er zumindest dartun und dann auf Verlangen des Gerichts glaubhaft machen müssen (vgl. § 117 Abs. 2 und § 118 Abs. 2 ZPO), daß seine Ehefrau zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses gemäß § 1360 a Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht in der Lage sei. Bei finanzgerichtlichen Streitigkeiten über die Höhe der Einkommensteuer ist der Begriff der persönlichen Angelegenheit i. S. von § 1360 a Abs. 4 BGB regelmäßig erfüllt (BFH-Beschluß vom 3. Juli 1984 VIII B 142/81). Das ist ferner bei einer Rechtsstreitigkeit über die Höhe der Umsatzsteuer der Fall, wenn der Steueranspruch auf den vom Steuerpflichtigen persönlich erbrachten freiberuflichen Leistungen beruht (BFH-Beschluß VIII B 142/81 und vgl. BFH-Beschluß vom 9. August 1966 I S 12-13/66, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 142 A. 7).
Es besteht keine Veranlassung, den Kläger durch Bewilligung der Prozeßkostenhilfe mit öffentlichen Mitteln zu unterstützen, sofern er einen Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses gegen seine Ehefrau hat.
Fundstellen
Haufe-Index 415615 |
BFH/NV 1988, 592 |