Leitsatz (amtlich)

1. Zur Tarifierung von Empfangsgeräten (Timer/Tuner) für Videorecorder.

2. Vorlage an den EuGH.

 

Normenkette

GZT ATV 3 b; GZT Vorschrift 2 b zu Abschn. XVI; GZT Tarifst. 85.15 A III b 2; GZT Tarifst. 92.11 B; GZT Tarifst. 92.13 D

 

Tatbestand

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden nach Art. 177 Abs. 1 und 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft folgende Fragen vorgelegt:

  1. Ist der Gemeinsame Zolltarif dahin auszulegen, daß ein als Timer/Tuner bezeichnetes Gerät, bestehend aus einem Farbfernsehempfangsteil mit einem 12fachen Programmspeicher und einer Schaltuhr für die Speicherung der Ein- und Ausschaltung des Geräts innerhalb von 10 Tagen im voraus, das mit einem Videorecorder bestimmter Bauart verbunden werden muß, um empfangene Sendungen sichtbar zu machen, der Tarifst. 92.13 D des Gemeinsamen Zolltarifs zuzuweisen ist?
  2. Bei Verneinung der Frage zu 1:

    Welcher anderen Tarifstelle des Gemeinsamen Zolltarifs ist das Gerät zuzuweisen?

Die Klägerin beantragte bei der Beklagten (Oberfinanzdirektion – OFD –) eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) für ein als „Timer/Tuner T X” (T X) bezeichnetes Gerät, das aus Japan eingeführt wird. Nach der Warenbeschreibung in der beantragten vZTA besteht das Gerät im wesentlichen aus einem Farbfernsehempfangsteil mit einem 12fachen Programmspeicher und einer Schaltuhr (Timer) für die Ein- und Ausschaltung des Geräts innerhalb von 10 Tagen im voraus. Das Gerät TX ergänzt einen Videorecorder (VR Y), dessen Hersteller der des Geräts TX ist, in der Weise, daß auch parallel laufende Sendungen aufgezeichnet werden können und die Aufnahme ausgewählter Sendungen bis zu 10 Tagen im voraus programmiert werden kann. Nach Angaben der Klägerin kann das Gerät TX nur mit einem VR Y gekoppelt werden.

Die OFD wies das Gerät TX in der vZTA vom 14. April 1982 der Tarifst 85.15 A III b 2 des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zu mit der Begründung, im Hinblick auf die Verwendung und die Möglichkeit des Empfangs mehrerer Sendestationen sei das Farbfernsehempfangsgerät im Vergleich zur Schaltuhr der charakterbestimmende Bestandteil i. S. der Allgemeinen Tarifierungsvorschrift (ATV) 3 b GZT. Einer Tarifnummer des Kapitels 92 GZT könne das Gerät TX auf Grund der Vorschrift 1 c zu Kapitel 92 GZT deshalb nicht zugewiesen werden, weil es weder in den zum Betrieb erforderlichen Videorecorder eingebaut werden solle noch eine Unterbringung mit dem Videorecorder in einem gemeinsamen Gehäuse vorgesehen sei.

Ihre nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage gegen die vZTA begründet die Klägerin im wesentlichen wie folgt:

Für sich allein könne das Gerät TX keine Funktion erfüllen. Insbesondere könne es nicht die von ihm aufgefangenen Signale sichtbar oder sonst für den Menschen wahrnehmbar machen. Deshalb könne das Gerät auch unter Beachtung des allgemeinen Sprachgebrauchs nicht als Empfangsgerät für Fernsehen i. S. der Tarifnr. 85.15 GZT angesehen werden, wie es den in dieser Tarifnummer konkret genannten Geräten, insbesondere den „Fernsehgeräten mit eingebauter Bildröhre” entsprechen würde. Solche Fernsehempfangsgeräte bestünden im wesentlichen aus einem Tuner, einer Braun'schen Röhre und dem Bildschirm. Der Tuner wandle die hereinkommenden Signale in elektrische Impulse um, die von der Bildröhre in Form eines sichtbaren Bildes wiedergegeben würden. Aber auch bei den „anderen Fernsehempfangsgeräten” im tariflichen Sinne fehle es nicht etwa an der Sichtbarmachung der empfangenen Signale, wie der Tarifentscheid vom 7. März 1975 (Erläuterungen zum Zolltarif – ErlZT – zur Tarifnr. 85.15 Teil III Randziffer 5) zeige. Die Umsetzung der Signale in sichtbare Bilder und nicht nur das Auffangen der übermittelten Signale gehöre also zum Empfang und damit zu einem Empfangsgerät für das Fernsehen.

Das Gerät T X sei auch nicht der Tuner des VR Y, sondern eine Tuner-Ergänzung und damit Teil oder Zubehör für dieses Gerät. Es sei aber nicht Teil eines Fernsehempfangsgeräts, sondern „Fernsehempfangsteil” eines Videorecorders. Von ihm aufgefangene Signale würden im Videorecorder gespeichert und erst von dort bei Bedarf dem normalen Fernsehempfänger zugeführt und damit wieder sichtbar gemacht. Das Gerät TX sei also nicht für ein zum Kapitel 85 GZT gehörendes Fernsehgerät, sondern für einen zum Kapitel 92 GZT gehörenden Videorecorder bestimmt und könne auch nur auf Grund spezifischer Vorrichtungen mit diesem zusammen betrieben werden.

Die Klägerin beantragt, die vZTA in der Fassung der Einspruchsentscheidung aufzuheben und die OFD zu verpflichten, der Klägerin auf ihren Antrag eine vZTA dahin zu erteilen, daß der von ihr eingeführte „Timer/Tuner T X” zur Tarifst. 92.13 D GZT gehöre.

 

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung über die Klage ist von Fragen der Auslegung des GZT abhängig, die nach den Erkenntnissen des Senats vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) noch nicht entschieden worden sind. Die richtige Anwendung des GZT zur Beantwortung der Fragen erscheint auch nicht derartig offenkundig, daß für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt.

Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 3. Februar 1981 VII K 9/80 (BFHE 133, 140) ausgeführt, daß als Empfangsgeräte für den Rundfunk i. S. der Tarifnr. 85.15 GZT nicht nur solche Geräte anzusehen seien, die außer mit den für den Empfang der Rundfunksignale geeigneten Teilen auch mit Verstärkern und Lautsprechern ausgerüstet seien. Darin kommt zum Ausdruck, daß für die Zuweisung eines Rundfunkempfangsgeräts zu der genannten Tarifstelle nicht maßgebend sein soll, ob das Empfangsgerät so ausgerüstet ist, daß es eine unmittelbare Wiedergabe der empfangenen Signale ermöglicht. Der Senat hat jedoch schon deshalb Bedenken, diese Auffassung auch der Entscheidung über die Klage im Streitfall zugrunde zu legen, weil eine deutsche Zollbehörde in einem anderen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) vorgetragen hat, die Entscheidung des erkennenden Senats über die Tarifierung von Geräten als Empfangsgeräte für den Rundfunk i. S. der Tarifnr. 85.15 GZT sei im Tarifausschuß der Europäischen Gemeinschaften (EG) auf Kritik gestoßen. Unter Berufung auf diese Kritik hat die Zollbehörde außerdem die Auffassung vertreten, ein Rundfunkempfangsgerät i. S. der Tarifnr. 85.15 GZT liege nur vor, wenn das Gerät auch geeignet sei, die aufgenommenen Impulse unmittelbar hörbar zu machen.

Bei der Entscheidung über die Tarifierung des Geräts T X gibt der Klageantrag der Klägerin zunächst Anlaß zu der Frage, ob das Gerät der Tarifst. 92.13 D GZT zuzuweisen ist. Die Zuweisung des Geräts zu dieser Tarifstelle ist davon abhängig, daß das Gerät als Teil oder Zubehör eines Geräts i. S. der Tarifst. 92.11 B GZT anzusehen ist. Ein solches Gerät könnte der VR Y sein, mit dem das Gerät T X verbunden werden muß, um die empfangenen Sendungen sichtbar zu machen.

Sollte das Gerät TX nicht als Teil eines Geräts i. S. der Tarifst. 92.11 B GZT anzusehen sein, so stellt sich nach Auffassung des Senats die Frage, ob es etwa der Tarifst. 92.11 B GZT zuzuweisen ist. Auf Grund des Vorbringens der Beteiligten kann davon ausgegangen werden, daß das Gerät T X ausschließlich für den VR Y bestimmt ist.

Führt die Auslegung des GZT zu dem Ergebnis, daß das Gerät T X auch nicht der Tarifst. 92.11 B GZT zuzuweisen ist, so dürfte es entsprechend der Entscheidung der OFD in der vZTA zur Tarifst. 85.15 A III b 2 GZT gehören.

 

Fundstellen

Haufe-Index 510475

BFHE 1985, 382

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