Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnungsfortschreibung bei ungeteilter Erbengemeinschaft; Anfechtung eines Feststellungsbescheides

 

Leitsatz (NV)

1. Über die Zurechnung eines Grundstücks auf die in ungeteilter Erbengemeinschaft stehenden Miterben ist eine Zurechnungsfortschreibung auf den Beginn des Kalenderjahres vorzunehmen, das auf den Zeitpunkt des Erbfalls folgt. Da die Erbengemeinschaft als solche nicht Vermögensteuersubjekt ist, ist der Einheitswert den an der Erbengemeinschaft Beteiligten anteilig zuzurechnen.

2. Die in einem Bescheid über die gesonderte Feststellung des Einheitswertes nach Maßgabe des Bewertungsgesetzes zu treffenden Feststellungen über den Wert, die Art und die Zurechnung sind Gegenstand je eines Verwaltungsaktes, der selbständig mit Rechtsbehelfen anfechtbar ist und selbständig bestandskräftig werden kann, sowie in bezug auf Fortschreibungen je ein gesondertes Schicksal findet.

 

Normenkette

AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 2, § 157 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 1; BewG § 3 S. 2, § 19 Abs. 3, § 22 Abs. 2, 4 S. 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Mit bestandskräftigem Becheid auf den 1. Januar 1974 wurden der Einheitswert für eine Eigentumswohnung mit 19500 DM und die Grundstücksart Einfamilienhaus festgestellt. Das Grundstück (die Eigentumswohnung) gehörte zunächst dem im Jahre 1988 verstorbenen X, der von seinen Neffen zu je einem Drittel beerbt wurde. Mit Bescheid vom 28. November 1989 nahm der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) eine Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 1989 vor und rechnete den Einheitswert zu je einem Drittel dem Antragsteller und seinen beiden Brüdern zu. Der gegen den Zurechnungsbescheid gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Gegen den Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom 28. November 1989 und die ihn bestätigende Einspruchsentscheidung hat der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) Klage erhoben, mit der er begehrt, den Einheitswert auf Null zu stellen. Für die Durchführung des Verfahrens hat er Prozeßkostenhilfe (PKH) beantragt; eine Erklärung über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hat er nicht abgegeben. Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde. Er trägt vor, sein Vermögen belaufe sich auf rd. ... DM, das steuerpflichtige Einkommen betrage bis 1990 rd. ... DM.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Klage gegen den Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom 28. November 1989 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

1. Mit dem Erbfall sind der Antragsteller und seine beiden Brüder in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümer des Grundstücks geworden. Gemäß § 22 Abs. 2 BewG war eine Zurechnungsfortschreibung vorzunehmen, und zwar zum Beginn des Kalenderjahres, das auf die Änderung folgte (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Da die Erbengemeinschaft als solche nicht Vermögensteuersubjekt ist, mußte der Einheitswert nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 - (vgl. auch § 3 Satz 2 BewG) den an der Erbengemeinschaft Beteiligten anteilig zugerechnet werden.

2. Soweit der Antragsteller die Änderung der Wertfeststellung begehrt, bietet seine Klage ebenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach § 157 Abs. 2 AO 1977 bildet die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden. Eine derartige gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ordnet § 180 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 für die Einheitswerte nach Maßgabe des Bewertungsgesetzes an. Einheitswerte werden nach § 19 Abs. 1 BewG (gesondert) festgestellt für inländischen Grundbesitz, wozu auch die Grundstücke des Grundvermögens (vgl. § 68 Abs. 1 BewG) gehören. In dem diesbezüglichen Feststellungsbescheid sind neben der Wertfeststellung gemäß § 19 Abs. 2 BewG auch Feststellungen zu treffen über die Art der wirtschaftlichen Einheit (Nr. 1 Buchst. a und b) und über die Zurechnung (Nummer 2). Die einzelnen erforderlichen Feststellungen sind Gegenstand je eines Verwaltungsaktes, der selbständig mit Rechtsbehelfen anfechtbar ist und selbständig bestandskräftig werden kann, sowie in bezug auf Fortschreibungen je ein gesondertes Schicksal findet (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs vom 13. November 1981 III R 116/78, BFHE 135, 85, BStBl II 1983, 88, und vom 10. Dezember 1986 II R 88/85, BFHE 148, 329, BStBl II 1987, 292). Da Gegenstand des angefochtenen Verwaltungsaktes vom 28. November 1989 allein die Zurechnung des bestandskräftig festgestellten Einheitswertes für die ererbte Wohnung ist, kann durch seine Anfechtung nicht eine Änderung der Wertfeststellung erreicht werden; die hierauf gerichtete Klage ist unzulässig.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418830

BFH/NV 1994, 222

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