Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezeichnung des Revisionsklägers; Anforderungen an Rücknahmeerklärung
Leitsatz (NV)
1. Die Person des Revisionsklägers muß bei Ablauf der Revisionsfrist sicher erkennbar sein.
2. Wer eine Klage oder Revision zurücknehmen will, muß die Rücknahmeabsicht hinreichend deutlich machen.
Normenkette
FGO §§ 62, 72, 120, 125
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sowie weitere Personen waren in den Streitjahren (1980 bis 1982) oder während eines Teils dieses Zeitraums an der Ersterwerbergemeinschaft A beteiligt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) stellte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Kläger und der übrigen Beteiligten aus der Gemeinschaft teilweise gesondert und einheitlich fest.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage auf Abzug weiterer Werbungskosten nur teilweise statt.
Steuerberater B erhob mit Schriftsatz vom 26. Oktober 1990 "in Sachen Erwerbergemeinschaft A -- Kläger und Revisionskläger --" Revision, ohne die Revisionskläger namentlich zu bezeichnen. Erst der Revisionsbegründung vom 16. Januar 1991 fügte er eine Aufstellung der "Kläger und Revisionskläger" bei. Die Revisionsanträge stellte er namens der darin aufgeführten Kläger.
Von den im finanzgerichtlichen Urteil als Kläger Bezeichneten nennt die Aufstellung nicht die Kläger zu 1 bis 4 und 6 bis 8 im vorliegenden Verfahren.
Für die unter Nr. 30 der Aufstellung genannte Klägerin zu 5 legte Steuerberater B trotz wiederholter Aufforderung keine Vollmacht vor. Zur Begründung wies er im Schreiben vom 5. August 1993 darauf hin, daß diese Klägerin ihren Anteil an der Gemeinschaft mit Vertrag vom 21. Dezember 1983 auf ihren Ehemann, den Kläger zu 37 im finanzgerichtlichen Urteil, übertragen habe und daher nicht mehr Beteiligte des Verfahrens sei. Die Vollmachtsvorlage erübrige sich daher.
Auch für die Kläger zu 1, 4 und 6 bis 8 reichte Steuerberater B keine Prozeßvollmacht ein. Die Kläger zu 4 und 6 bis 8 hatte das FG -- anders als die Klägerin zu 5 -- nach § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Verfahren notwendig beigeladen. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers zu 1 im erstinstanzlichen Verfahren legte für diesen nicht Revision ein.
Die Kläger begründen ihre Revision mit verfahrens- und materiell-rechtlichen Rügen.
Entscheidungsgründe
I. Der Senat hat die Revisionsverfahren der Kläger im vorliegenden Verfahren mit Beschluß vom heutigen Tag von dem Ver fahren zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt (auf den Inhalt dieses Beschlusses wird verwiesen).
II. Der Senat legt die Revisionsschrift des Steuerberaters B vom 26. Oktober 1990 dahin aus, daß dieser für alle in der Vorentscheidung als Kläger aufgeführten Feststellungsbeteiligten Revision eingelegt hat. Bei dieser Auslegung entspricht die Revisionsschrift den Anforderungen des § 120 Abs. 2 FGO. Nach dieser Vorschrift muß aus der -- ggf. innerhalb der Revisionsfrist ergänzten -- Revisionsschrift hervorgehen, wer Revisionskläger ist. Die Person des Rechtsmittelführers muß bei Ablauf der Revisionsfrist sicher erkennbar sein (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 24. November 1976 I R 114/75, BFHE 120, 341, BStBl II 1977, 163; vgl. auch BFH-Urteil vom 30. August 1988 VII R 193/85, BFH/NV 1989, 212).
III. Die Revision der Kläger ist als unzulässig zu verwerfen (§ 124 Abs. 1, § 126 Abs. 1 FGO).
1. Die Revision der Kläger zu 1 und 4 bis 8 ist unzulässig, weil der im Revisionsverfahren als deren Bevollmächtigter aufgetretene Steuerberater B für sie entgegen § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO keine Vollmacht vorgelegt hat (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 13. November 1991 I R 58/89, BFHE 166, 518, BStBl II 1992, 496). Der Mangel der Vollmacht ist nach § 62 Abs. 3 Satz 2 FGO von Amts wegen zu berücksichtigen.
2. Das gleiche gilt für die Revision der Klägerin zu 5. Der Vertrag vom 21. Dezember 1983, mit dem die Klägerin zu 5 bereits vor Erhebung der finanzgerichtlichen Klage ihren Anteil auf ihren Ehemann übertragen hatte, ändert an der verfahrensrechtlichen Stellung der Klägerin zu 5 nichts. Steuerberater B hat die Revision gleichwohl für diese Klägerin eingelegt und begründet. Eine Rücknahme der Revision (§ 125 Abs. 1 FGO) oder der Klage (§ 121 Satz 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 FGO) ist in dem Schreiben vom 5. August 1993 nicht zu sehen. Zwar hätte Steuerberater B trotz Fehlens der Vollmacht die Rücknahme erklären können (BFH-Beschlüsse vom 22. Mai 1979 VII B 10/79, BFHE 128, 24, BStBl II 1979, 564; vom 17. Juli 1991 III R 226/90, BFH/NV 1991, 833; ständige Rechtsprechung). Er hätte die Rücknahmeabsicht aber hinreichend deutlich machen müssen; dies ist nicht geschehen.
3. Für die Klägerinnen zu 2 und 3 wurde die Revision entgegen § 120 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO nicht begründet. Diese Klägerinnen sind in der der Revisionsbegründung vom 16. Januar 1991 beigefügten Aufstellung nicht genannt.
4. Die Entscheidung ergeht zwar nach den vorstehenden Ausführungen auch gegenüber den Klägern persönlich, für die Steuerberater B keine Prozeßvollmacht für das Revisionsverfahren vorgelegt hat. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind insoweit aber Steuerberater B aufzuerlegen, weil er das erfolglose Revisionsverfahren veranlaßt hat (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. November 1966 V R 46/66, BFHE 87, 1, BStBl III 1967, 5; vom 25. August 1986 IV B 83/85, BFH/NV 1988, 48).
Fundstellen
Haufe-Index 419689 |
BFH/NV 1995, 220 |