Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die BFH-Rechtsprechung zum Bauherrenmodell; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung
Leitsatz (NV)
1. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die BFH-Rechtsprechung zur grunderwerbsteuerrechtlichen Beurteilung von Bauherrenmodellen werfen keine klärungsbedürftige Rechtsfrage (mehr) auf.
2. Ein Rechtsgutachten, das die Lösung einer Rechtsfrage, ausgehend von der vorhandenen Literatur und Rechtsprechung anstrebt, kann nicht zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage herangezogen werden.
Normenkette
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist unbegründet, da kein Grund zur Zulasung der Revision i.S. von § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorliegt.
1. Die Rechtssache hat nicht die vom Kläger behauptete grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO.
a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605 m.w.N.). Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein.
Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinn wird vom Kläger nicht aufgeworfen. Die vom Kläger - auch unter Berufung auf kritische Stellungnahmen im Schrifttum - geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die dem Urteil des Finanzgerichts (FG) zugrunde liegende Rechtsprechung des erkennenden Senats zur grunderwerbsteuerrechtlichen Behandlung von Bauherrenmodellen werfen keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. Mit diesen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen seine Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat wiederholt auseinandergesetzt und sie im Ergebnis für nicht stichhaltig erachtet (vgl. z.B. Urteil vom24. Januar 1990 II R 94/87, BFHE 160, 284, BStBl II 1990, 590, und Beschluß vom 27. Februar 1991 II B 27/90, BFHE 163, 495, BStBl II 1991, 465). Inzwischen hat die Dritte Kammer des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) durch Beschluß vom 27. Dezember 1991 2 BvR 72/90 eine Verfassungsbeschwerde, mit der diese verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Rechtsprechung des erkennenden Senats zu dem bezeichneten Problemkreis geltend gemacht wurden, nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte (Deutsches Steuerrecht - DStR - 1992, 106; Betriebs-Berater - BB - 1992, 261). Die vom Kläger für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage ist daher durch die Rechtsprechung geklärt. Wesentliche neue Gesichtspunkte oder Argumente, mit denen sich der Senat bisher noch nicht auseinandergesetzt hat und die im Interesse der Allgemeinheit eine erneute Klärung und Überprüfung in einem Revisionsverfahren notwendig erscheinen ließen, werden vom Kläger nicht vorgetragen.
b) Soweit der Kläger zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache Rechtsfragen herausstellt, die im Zusammenhang mit den Anforderungen an die Bestimmtheit von Grunderwerbsteuerbescheiden bzw. Einspruchsentscheidungen bei Bauherrenmodellen stehen, genügt die Beschwerdebegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen. Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muß in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden. Die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, genügt dafür nicht. Die grundsätzliche Bedeutung muß vielmehr in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Der Beschwerdeführer muß dabei konkret auf die Rechtsfrage und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. BFH-Entscheidung vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Dabei muß auch die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage dargelegt werden. Der Kläger stellt zwar Rechtsfragen heraus, deren Klärungsbedürftigkeit ist jedoch nicht hinreichend deutlich dargestellt. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, daß der Kläger in Auseinandersetzung mit der vorhandenen Literatur und Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Bestimmtheit von Steuerbescheiden im einzelnen dargestellt hätte, daß es sich bei den von ihm aufgeworfenen Fragen um bisher nicht geklärte Rechtsfragen handelt. Die fehlende Darstellung der Klärungsbedürftigkeit kann auch nicht mit Erfolg durch eine Bezugnahme auf das Gutachten . . . ersetzt werden. Dieses Gutachten beschäftigt sich gerade nicht mit der Frage, ob eine bisher ungeklärte Rechtsfrage vorliegt. Vielmehr strebt das Gutachten an, die Frage eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz im Streitfall ausgehend von der vorhandenen Literatur und Rechtsprechung zu lösen, und kommt dabei zu dem Ergebnis, daß danach ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vorliege.
Im übrigen folgt entgegen der Auffassung des Klägers die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht schon allein daraus, daß die Rechtsfrage in tatsächlicher Hinsicht für eine große Zahl von Fällen Bedeutung hat (BFH-Beschluß vom 20. November 1969 I B 34/69, BFHE 97, 281, BStBl II 1970, 133; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rz.7).
2. Das Urteil weicht auch nicht ab i.S. von § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO von den BFH-Urteilen vom 18. Februar 1981 II R 107/78 (BFHE 132, 492, BStBl II 1981, 331), und vom 7. Februar 1979 II R 92/78 (BFHE 127, 231, BStBl II 1979, 386). Die angezogenen BFH-Entscheidungen enthalten keinen allgemeinen Rechtssatz, der in Widerspruch zu einem allgemeinen Rechtssatz in der Entscheidung des FG stünde. Im Streitfall ist das FG davon ausgegangen, daß Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Grundstück war. Bereits damit war die Anwendung der begehrten Steuerbefreiungsvorschrift, die von dem Erwerb eines unbebauten Grundstücks ausgeht, ausgeschlossen. Die durch das Abstellen auf eine zukünftige Nutzung ausgelöste Frage einer dynamischen oder statischen Betrachtungsweise, wie sie dem BFH-Urteil in BFHE 132, 492, BStBl II 1981, 331 zugrunde liegt, stellt sich daher im Streitfall nicht.
Auch zu dem Urteil in BFHE 127, 231, BStBl II 1979, 386 besteht kein Widerspruch. Das nach dieser BFH-Entscheidung maßgebliche Abstellen auf die Absicht des Erwerbers setzt voraus, daß dieser überhaupt ein unbebautes Grundstück erworben hat. Dies aber ist im Streitfall nach den Feststellungen des FG gerade nicht der Fall.
3. Soweit der Kläger Verfahrensmängel geltend macht, genügt die Beschwerdebegründung wiederum nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Bezeichnung von Verfahrensmängeln erfordert eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben sollen, sowie bei der Rüge der Verletzung des Gehörs die Darlegung, was der Kläger bei Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte (vgl. BFH-Urteil vom 3. Feruar 1982 VII R 101/79, BFHE 135, 167, BStBl II 1982, 355).
Fundstellen
Haufe-Index 418337 |
BFH/NV 1993, 384 |