Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Schätzung der Kosten der privaten Verwendung eines Geschäftswagens
Leitsatz (NV)
1. Die private Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Kfz ist mit den auf die unternehmensfremde Verwendung entfallenden Kosten zu besteuern; dabei sind diejenigen Kosten auszuscheiden, bei denen kein Vorsteuerabzug möglich war.
2. Schätzt das FA die Kosten der unternehmensfremden Verwendung nach der sog. 1 %-Regelung, ist die Frage, ob bei dieser Schätzung noch ein Abschlag für die nicht vorsteuerbelasteten Kosten vorzunehmen ist, nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 6 Abs. 2 Buchst. a; UStG 1980 § 10 Abs. 4 Nr. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) betrieb in den Streitjahren (1984 und 1985) einen ... -Betrieb. Im Jahre 1985 schaffte er statt des bisherigen Geschäftswagens einen anderen PKW an.
Für die private Nutzung der Geschäftswagen erklärte er in seinen Steuererklärungen einen Eigenverbrauch in Höhe von 12 % der Anschaffungskosten (sog. 1 %-Regelung). Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt -- FA --) folgte dem in den mehrfach geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre.
Gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide vom 6. September 1989 legte der Kläger Einspruch ein mit dem Begehr, die Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch um 10,9 % für 1984 und 13,15 % für 1985 zu kürzen. Er vertrat die Auffassung, mit der "1 %-Regelung" seien alle PKW-Kosten abgegolten, also auch die nicht vorsteuerbelasteten Kosten, wie z. B. Steuer und Versicherungsprämien. Diese seien nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 25. Mai 1993 Rs. C- 193/91, Mohsche (Slg. 1993, I-2615, BStBl II 1993, 812) aus dem Eigenverbrauch auszuscheiden.
Der Einspruch hatte nach erneuter Änderung der Umsatzsteuerbescheide keinen Erfolg. Der dagegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) statt (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 119).
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat das FA Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) eingelegt. Nach der Auffassung des FA ist die Klärung der Rechtsfrage, ob bei Anwendung der "1 %-Regelung" eine Schätzung des nicht mit Vorsteuern belasteten Kostenanteils zulässig ist, von grundsätzlicher Bedeutung.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt deshalb nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Rechtsfrage in Betracht. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich bereits ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt oder durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) erforderlich machen (vgl. BFH-Beschluß vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196). Die Beurteilung einer Schätzung wirft regelmäßig keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, da sie weitgehend von der tatrichterlichen Würdigung des Einzelfalls abhängt (vgl. BFH- Beschluß vom 7. Juli 1994 VIII S 1/94, BFH/NV 1995, 92); die Schätzung muß lediglich plausibel sein (BFH-Beschluß vom 26. Oktober 1995 I B 20/95, BFH/NV 1996, 378). Im übrigen liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im allgemeinen nur dann vor, wenn sie für die Zukunft richtungsweisend ist und nicht ausgelaufenes Recht betrifft (BFH-Beschluß vom 30. Januar 1989 V B 123/86, BFH/NV 1989, 706). In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Aufgrund des Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH (Urteil in Slg. 1993, I-2615, BStBl II 1993, 812), des BFH (vgl. Urteil vom 10. Februar 1994 V R 33/92, BFHE 174, 258, BStBl II 1994, 668) sowie der entsprechenden Verwaltungsanweisungen (Abschn. 155 Abs. 2 und 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 1996, Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -- BMF -- vom 21. Februar 1996 IV C3 -- S 7102 -- 3/96, BStBl I 1996, 151) ist geklärt, daß die private Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Kraftfahrzeugs mit den auf die unternehmensfremde Verwendung entfallenden Kosten zu besteuern ist und dabei diejenigen Kosten auszuscheiden sind, bei denen kein Vorsteuerabzug möglich war. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
Falls die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie nach Maßgabe des § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) zu schätzen. Im Verfahren vor dem FG gilt die Vorschrift sinngemäß (§ 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz FGO).
Die Beschwerdeschrift wirft nicht die Frage auf, ob die Kosten der unternehmensfremden Verwendung bereits in den Streitjahren nach der sog. 1 %-Regelung geschätzt werden durften, sondern nur die Frage, ob bei dieser Schätzung noch ein Abzug für die nicht vorsteuerbelasteten Kosten vorgenommen werden darf. Nur insoweit werden in der Beschwerdeschrift Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung gemacht. Es fehlt aber die Darlegung, welcher rechtliche Gesichtspunkt das FG hindern soll, einen derartigen Abschlag vorzunehmen. Im übrigen ist die grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Frage auch deshalb zu verneinen, weil die Finanzverwaltung selbst mittlerweile anerkennt, daß ein derartiger Abzug in Betracht kommt (BMF-Schreiben in BStBl I 1996, 151).
Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen
BFH/NV 1996, 718 |
BB 1996, 2130 |