Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretungszwang beim BFH trotz Mittellosigkeit eines Beteiligten
Leitsatz (NV)
Dem Vertretungszwang beim BFH steht wegen der Möglichkeit, PKH zu beantragen, die Mittellosigkeit eines Beteiligten nicht entgegen.
Normenkette
FGO §§ 56, 62a, 116 Abs. 2 S. 1, § 142; ZPO § 114
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 07.02.2008; Aktenzeichen 4 K 1901/07) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) konnte die Beschwerde nicht persönlich einlegen. Er hätte sich nach den bei Einlegung der Beschwerde geltenden Vorschriften des § 62a Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen müssen. Zur Vertretung wären nach § 62a Abs. 2 FGO a.F. auch die in § 3 Nr. 2 und 3 StBerG näher bezeichneten Gesellschaften berechtigt gewesen, soweit diese durch einen der oben angeführten Berufsangehörigen tätig geworden wären. Auf diesen Vertretungszwang war der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ordnungsgemäß hingewiesen worden.
An dem Vertretungszwang änderte die Mittellosigkeit nichts, die der Kläger nach Ablauf der gemäß § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO einen Monat nach Zustellung des vollständigen finanzgerichtlichen Urteils betragenden Frist für die Einlegung der Beschwerde geltend machte. Der Kläger hätte innerhalb der Beschwerdefrist beim Bundesfinanzhof (BFH) nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) unter Beifügung der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO) Prozesskostenhilfe (PKH) beantragen können. Den PKH-Antrag hätte er persönlich stellen können (BFH-Beschluss vom 12. Juli 2007 IX S 10/07 (PKH), BFH/NV 2007, 1918). Wäre ihm PKH bewilligt worden, wäre ihm nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO ein Rechtsanwalt oder nach § 142 Abs. 2 FGO ein Steuerberater nach seiner Wahl zuzuordnen gewesen (BFH-Beschluss vom 31. März 2005 III S 8/05 (PKH), BFH/NV 2005, 1350). Außerdem hätte er dann nach Maßgabe des § 56 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der Beschwerdefrist beanspruchen können (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. Januar 2008 XI S 28/07 (PKH), BFH/NV 2008, 602; vom 18. Januar 2008 VII S 56/07 (PKH), BFH/NV 2008, 809, und vom 1. Februar 2008 X S 1/08 (PKH), BFH/NV 2008, 813).
Dass der Kläger von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht hat, geht zu seinen Lasten. Es wäre ihm zumutbar gewesen, sich beim BFH nach der Rechtslage zu erkundigen (BFH-Beschlüsse vom 28. September 2005 X S 15/05 (PKH), BFH/NV 2005, 2249, und in BFH/NV 2008, 813).
Gegen den in § 62a FGO a.F. geregelten Vertretungszwang bestanden keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BFH-Beschluss vom 28. Mai 2003 IV B 60/02 u.a., BFH/NV 2003, 1427, m.w.N. auch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Mit Wirkung ab 1. Juli 2008 ist der Vertretungszwang nunmehr in § 62 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO i.d.F. des Gesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl I 2007, 2840) geregelt.
Fundstellen