Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge unterlassener Beweiserhebung
Leitsatz (NV)
1. Für die Zulässigkeit einer NZB genügt die schlichte Rüge unterlassener Beweiserhebung, wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt, weshalb das FG die Beweise nicht erhoben hat.
2. Begründet kann eine auf unterlassene Beweiserhebung gestützte NZB nur sein, wenn der Verfahrensmangel tatsächlich vorliegt. Hieran fehlt es bei unsubstantiierten Beweisanträgen. Eine Pflicht des FG zu Ermittlungen ins Blaue hinein besteht nicht.
Normenkette
FGO §§ 76, 81, 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3; ZPO §§ 295, 377 Abs. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht begründet. Die behaupteten Verfahrensmängel (§115 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. §76 und §81 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) liegen tatsächlich nicht vor.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Wird eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auf einen Verfahrensmangel gestützt, so muß der Mangel nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO "bezeichnet" werden. Die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch Übergehen eines angebotenen Beweismittels erfordert daher grundsätzlich einen umfassenden Sachvortrag, aus dem sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung ergibt (vgl. hierzu Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §120 Rz. 40). Hat dagegen das Finanzgericht (FG) selbst begründet, weshalb es einzelne Beweise nicht erhoben hat, ergeben sich die erheblichen Tatsachen bereits aus dem erstinstanzlichen Urteil. Unter dieser Voraussetzung ist bereits die schlichte Rüge der mangelnden Beweiserhebung für die Geltendmachung des Verfahrensmangels ausreichend (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 24. März 1992 VII B 62/91, BFH/NV 1993, 605; vom 29. Januar 1997 II R 67/94, BFH/NV 1997, 767, und vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518 unter 3. c dd).
Im Streitfall hat das FG im Urteil ausgeführt, aus welchen Gründen es den Zeugen nicht vernommen hat. Die Beschwerdeschrift genügt daher zur Bezeichnung des Verfahrensmangels. Auch hat der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht nach §155 FGO i. V. m. §295 der Zivilprozeßordnung (ZPO) sein Rügerecht verloren. Nach der schriftlichen Ankündigung des Zeugen, an der Teilnahme am Termin verhindert zu sein, hat er unverzüglich die spätere Vernehmung geltend gemacht und das FG hat den Beweisbeschluß erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung aufgehoben.
2. Die Beschwerde ist nicht begründet.
Für den Erfolg der Rüge eines Verfahrensmangels reicht es nicht aus, daß sie schlüssig erhoben wurde. Der behauptete Verfahrensmangel muß vielmehr tatsächlich vorliegen (vgl. Gräber, a.a.O., §115 Rz. 33). Hieran fehlt es im Streitfall. Das FG hat weder die Sachaufklärungspflicht (§76 FGO) noch den Unmittelbarkeitsgrundsatz (§81 FGO) verletzt.
a) Die Behauptung des Klägers, der Zeuge habe ihm die Annullierung der Zusatzvereinbarungen zu den Kaufverträgen durch Vernichtung der Urkunden empfohlen, hat das FG als wahr unterstellt. Es mußte folglich wegen dieser Frage nach ständiger Rechtsprechung keinen Beweis erheben (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 14. September 1988 II R 76/86, BFHE 155, 157, BStBl II 1989, 150; vom 16. Mai 1989 VIII R 196/84, BFHE 157, 508, BStBl II 1989, 877, und in BFHE 183, 518).
b) Zur Klärung der Frage, ob der Zeuge Kenntnis davon hatte, ob die von ihm empfohlene Aufhebung der Verträge durch Vernichtung tatsächlich erfolgte, mußte er vom FG ebenfalls nicht vernommen werden.
Eine Pflicht zur Vernehmung von Amts wegen bestand nicht. Das FG hat festgestellt, daß die Verträge im Original erhebliche Zeit nach der angeblichen Vernichtung von der Steuerfahndung sichergestellt wurden. Bei dieser Sachlage drängten sich weitere Aufklärungsmaßnahmen zur Vernichtung nicht auf. Zudem hat der Zeuge schriftlich ausgeführt, daß er keine Kenntnis von der Vernichtung habe.
Die Beweisanträge des Klägers führen ebenfalls nicht zu einer Sachaufklärungspflicht. Eine schriftliche Zeugenaussage kann zwar nur unter den hier nicht gegebenen Voraussetzungen des §377 Abs. 3 ZPO i. V. m. §155 FGO eine mündliche Zeugenaussage vor dem Prozeßgericht ersetzen. Indes führt dies mangels einer Beweiserhebungspflicht nicht zu einer Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes (§81 FGO). Unsubstantiierten Beweisanträgen muß ein FG nicht nachgehen. Eine Pflicht zur Ermittlung ins Blaue hinein besteht nicht (BFH- Entscheidungen vom 26. Februar 1985 VII R 137/81, BFH/NV 1986, 136, und vom 13. März 1996 II R 39/94, BFH/NV 1996, 757). Derart unsubstantiierte Beweisanträge lagen vor, denn nach der Begründung des FG hat der Kläger noch in der mündlichen Verhandlung nicht detailliert vorgetragen, der Zeuge habe Kenntnis von der tatsächlichen Durchführung der Vertragsvernichtung. Auch mit der Beschwerdeschrift wird dies nicht substantiiert behauptet.
Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 67067 |
BFH/NV 1998, 975 |