Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerzulagen

 

Leitsatz (NV)

1. Ob ein Arbeitnehmer Arbeitslohn für eine Beschäftigung in Berlin (West) aus einem gegenwärtigen Dienstverhältnis bezieht, ist anhand aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.

2. Zu den Anforderungen an eine ausreichende Darlegung und Bezeichnung von Revisionszulassungsgründen in einem derartigen Fall.

 

Normenkette

BerlinFG § 23 Nr. 4a Sätze 1-2, § 28 Abs. 1, § 29 Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2, 3 S. 3

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben keinen der geltend gemachten Zulassungsgründe in der von §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgeschriebenen Weise dargelegt oder bezeichnet.

1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muß schlüssig und substantiiert vorgetragen werden, weshalb die Klärung einer bestimmten Rechtsfrage im Interesse der Allgemeinheit geboten ist und daß eine solche Klärung bisher noch aussteht. Dazu sind u. a. Ausführungen erforderlich, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfrage umstritten ist (s. hierzu aus jüngerer Zeit Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. Oktober 1996 X B 32/96, BFH/NV 1997, 414, m. w. Hinweisen).

Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht. Die Kläger werfen zwar einzelne, ihrer Auffassung nach klärungsbedürftige Fragen auf, wie z. B. die nach der Bedeutung des Arbeitsvertragsabschlusses mit einer außerhalb von Berlin ansässigen Zweigniederlassung eines Berliner Unternehmens oder jene nach der Zulässigkeit der Verlagerung von Zuständigkeiten auf das Wohnsitz-Finanzamt durch den Gesetzgeber. Doch fehlt jeweils jegliche Auseinandersetzung mit evtl. bereits vorhandener Rechtsprechung oder mit von ihrer, der Kläger, Ansicht abweichenden Auffassungen. Zur Frage der Zuständigkeitsänderung sind nicht einmal die einschlägigen Vorschriften benannt, so daß es schon an einem konkreten Eingehen auf diese Rechtsfrage fehlt. Im übrigen wurde den Wohnsitz-Finanzämtern durch §29 Abs. 2 Satz 5 des Berlinförderungs gesetzes (BerlinFG) in der Neufassung vom 2. Februar 1990 lediglich die Rückforderung der Zulage von Arbeitnehmern übertragen.

2. Zur ausreichenden Bezeichnung einer Divergenz muß der Beschwerdeführer insbesondere einen abstrakten Rechtssatz des Urteils des Finanzgerichts (FG) benennen, der zu einem tragenden Rechtssatz der von ihm angegebenen Divergenzentscheidung in Widerspruch stehen soll (s. hierzu z. B. BFH-Beschluß vom 4. Oktober 1996 VIII B 2/96, BFH/NV 1997, 411).

Auch diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Kläger haben insoweit lediglich ausgeführt, der erkennende Senat habe in seinem Urteil vom 22. August 1990 III R 119/89 (BFHE 162, 172, BStBl II 1991, 6) Grundsätze aufgestellt, wonach ihnen, den Klägern, die Zulage nach §28 BerlinFG gewährt werden müßte; gleichwohl sei das FG zu einem anderen Ergebnis gekommen. Damit sind aber keine einander (möglicherweise) widersprechenden Rechtssätze gegenübergestellt worden.

3. Schließlich genügen auch die Ausführungen im Zusammenhang mit der Rüge der Verfahrensmängel nicht den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO.

a) Soweit die Kläger geltend machen, das FG habe die Bescheinigungen ihres Arbeitgebers vom 5. Oktober 1993 unzutreffend oder unvollständig ausgewertet, fehlt es bereits an einem schlüssigen Vortrag. Das FG hat sich bei seiner Entscheidung offensichtlich auf die Arbeitgeberbescheinigungen vom 18. September 1991 gestützt, in denen die Monate Juni (für den Kläger) und Dezember 1990 (für die Klägerin) von der Bestätigung der überwiegenden Tätigkeit im Berlinverkehr ausgenommen waren. Nur so konnte es zu der Annahme kommen, daß die Kläger in diesen Monaten jeweils überhaupt nicht im Berlinverkehr tätig gewesen seien. Die Bescheinigungen vom 5. Oktober 1993 weisen nämlich für die betreffenden Monate vier (für den Kläger) und acht (für die Klägerin) sog. Berlintage aus.

Ungeachtet dessen wäre es an den Klägern gewesen, bereits im FG-Verfahren Erklärungen zu den (am 5. Oktober 1993) bescheinigten, in verschiedenen Monaten sehr wenigen "Berlintagen" abzugeben. Zumindest hätten sie jetzt im Beschwerdeverfahren ausführen müssen, weshalb das FG, obwohl sie die betreffenden Bescheinigungen vorgelegt hatten, weitere Ermittlungen hätte anstellen müssen (vgl. hierzu BFH-Beschluß vom 13. März 1995 XI B 160/94, BFH/NV 1995, 817).

b) Schließlich ist auch die Rüge, das FG habe die angebotenen Beweismittel nicht beachtet, nicht in zulässiger Weise erhoben worden.

Die Kläger hätten hier insbesondere sie selbst betreffende Tatsachen angeben müssen, die der als Zeuge benannte Sach gebietsleiter H hätte bestätigen können; ebenso wären Ausführungen dazu nötig gewesen, inwiefern das Urteil des FG -- ausgehend von der dort vertretenen materiell-rechtlichen Auffassung -- auf der unterlassenen Vernehmung des H beruhen könnte (zu diesen Anforderungen s. z. B. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §115 Anm. 65 i. V. m. §120 Anm. 40, mit zahlreichen Hinweisen). Dem entspricht die Beschwerdebegründung nicht.

Die Kläger haben zum einen ausgeführt, H hätte aussagen können, daß sich bei ihrem Arbeitgeber anläßlich von Betriebsprüfungen im Zusammenhang mit der Auszahlung von Berlinzulagen kaum Beanstandungen ergeben hätten, und er hätte weiter aufgrund seiner Erfahrungen auch im Streitfall die zutreffenden rechtlichen Schlußfolgerungen ziehen können. Damit wurden aber keine im Streitfall ermittlungsbedürftigen Tatsachen bezeichnet, was gerade hier von besonderer Bedeutung gewesen wäre. Denn nach der Rechtsprechung des Senats beurteilt sich die hier entscheidende Frage, ob ein Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt von Berlin (West) eingebunden ist, anhand aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalles (s. insbesondere Urteil in BFHE 162, 172, BStBl II 1991, 6; aber auch jenes vom 12. April 1991 III R 105/88, BFHE 165, 131, BStBl II 1991, 616).

Weiter haben die Kläger sich nicht damit auseinandergesetzt, daß es nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf die Vernehmung des H gar nicht ankam.

4. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66390

BFH/NV 1998, 284

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