Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf einer Klagerücknahme
Leitsatz (NV)
1. Eine Klagerücknahme ist als Prozesshandlung grundsätzlich unwiderruflich und kann auch nicht in entsprechender Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Anfechtung von Willenserklärungen angefochten werden.
2. Nach § 72 Abs. 2 Satz 3 FGO kann nachträglich die Unwirksamkeit einer Klagerücknahme geltend gemacht werden, wenn der Prozessbevollmächtigte weisungswidrig handelte oder die Rücknahme auf einem erkennbaren Versehen beruhte.
3. Die Klagerücknahme kann insbesondere dann widerrufen werden, wenn ein rechtsunkundiger Steuerpflichtiger in unzulässiger Weise ‐ etwa durch Drohung, Druck, Täuschung oder auch unbewusste Irreführung ‐ zur Abgabe einer solchen Erklärung veranlasst wurde.
Normenkette
FGO § 72 Abs. 2 S. 3, §§ 142, 115 Abs. 2; ZPO § 114
Tatbestand
I. In dem Rechtsstreit, der dem Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) zugrunde liegt, geht es darum, ob der Antragsteller, Kläger und Beschwerdeführer (Antragsteller) die in der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2008 erklärte Klagerücknahme wirksam widerrufen konnte.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) war der Auffassung, dass der Antragsteller in den Streitjahren 1996 bis 1999 Einkünfte aus einer Lohnkürschnerei unter dem Namen der Firma seiner Frau erzielt hatte und schätzte die Höhe der Einkünfte. Hiergegen wandte sich der Antragsteller nach dem erfolglosen Vorverfahren mit der Klage vor dem Finanzgericht (FG).
Zur mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter am 18. März 2008 erschienen der in Griechenland geborene Antragsteller und sein damaliger Prozessbevollmächtigter C. Nachdem die Anträge gestellt worden waren, erfolgte die Erörterung des Sach- und Streitstandes hinsichtlich der Frage, wem die angeblichen Einkünfte aus dem Gewerbe zuzurechnen seien, da der Antragsteller erklärt hatte, er habe die Rechnungen nur zum Schein ausgestellt. Der Einzelrichter zeigte als Konsequenz auf, dass dann insoweit eine Vernehmung der Rechnungsempfänger und ggf. der Ehefrau geboten sei.
Der Prozessbevollmächtigte C führte daraufhin sinngemäß aus, sein Mandant sei in einer gewissen Zwickmühle. Er riskiere eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung, wenn er bei seinem wahrheitsgemäßen Vortrag bleibe, nur Scheinrechungen erteilt zu haben. Der Antragsteller habe ehedem nicht genügend Mittel, die festgesetzten Steuern zu bezahlen. Er müsse zudem auch mit einer Haftungsinanspruchnahme rechnen, die sich in Bezug auf die Höhe nicht von der jetzigen Steuerfestsetzung unterscheide. Strafrechtlich sei es jedoch günstiger, wenn es um eine eigene Steuerhinterziehung gehe und nicht um eine fremde Steuerhinterziehung, in der noch Urkundsdelikte eine Rolle spielten. Es sei für das Strafverfahren besser, im finanzgerichtlichen Verfahren die Rechnungsempfänger nicht als Zeugen zu hören, um zu vermeiden, dass Aussagen vor Gericht fixiert würden. Daher erwäge er, aus rein prozesstaktischen Gründen die Klage zurückzunehmen.
Das FG unterbrach daraufhin die Verhandlung, um dem Prozessbevollmächtigten die Möglichkeit zu geben, dies mit dem Antragsteller zu besprechen. Nachdem sie wieder den Sitzungssaal betreten hatten, wurde die Verhandlung fortgeführt. Der Prozessbevollmächtigte C erklärte, die Klage solle zurückgenommen werden. Während dieser einen bestimmten Formulierungsvorschlag ausarbeitete, erklärte der Antragsteller sinngemäß, er habe wirklich nur Scheinrechnungen erstellt. Der Einzelrichter erwiderte darauf, dass dies zwar so sein könne, wegen der erfolgenden Klagerücknahme aber erst im Strafverfahren zu klären sei. Der Prozessvertreter erklärte dann die Rücknahme unter Verweis auf die eingehende Erörterung des Verfahrens. Diese Rücknahmeerklärung wurde im Beisein des Antragstellers auf das Tonband diktiert, den Beteiligten nochmals laut vorgespielt und von ihnen genehmigt.
Als danach die mündliche Verhandlung geschlossen werden sollte, stellte der Antragsteller die Frage, ob er nun die Steuern zahlen müsse. Als der Einzelrichter das im Hinblick auf die erfolgte Klagerücknahme bejahte, erklärte der Antragsteller, er wolle dies nicht, da er die Steuern nicht zahlen könne.
Mit dem am 25. März 2008 eingegangenen Schriftsatz widerrief der Antragsteller die Klagerücknahme und begehrte die Fortsetzung des Klageverfahrens. Er beantragte, die Steuerforderung zu stornieren sowie ggf. die Rechnungsempfänger als Zeugen zu vernehmen.
Zur Begründung führte er aus, er sei am Verhandlungstag von seinem Anwalt nicht richtig informiert worden. Es habe ein Verständnisproblem gegeben, da er die deutsche Sprache nicht richtig beherrsche. Zudem habe der Anwalt ihm keine Zeit gelassen, die Gründe und Folgen seines Handelns zu verstehen. Er habe seinem Anwalt klar gesagt, er wolle seinen Standpunkt nicht ändern. Als er den Gerichtssaal wieder betreten habe, habe er dem Gericht deutlich gesagt, dass er nicht einverstanden sei und "die Forderungen nicht allein auf seinen Rücken" nehme. Seine Fragen, Bedenken und seine Meinung seien von seinem Anwalt völlig ignoriert worden. Er sei sich vorgekommen wie ein geschäftsunfähiger, kranker Mensch, dessen Pfleger und Betreuer für ihn die Entscheidungen treffe.
Das FG hat durch Urteil festgestellt, die Klage sei durch eine wirksame Prozesserklärung vom 18. März 2008 zurückgenommen worden, und hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Ein Grund für den Widerruf der Rücknahme sei im Streitfall nicht gegeben gewesen. Der Antragsteller sei weder durch grob fehlerhafte Belehrungen noch durch Drohungen, Druck oder Täuschung in unzulässiger Weise durch das Gericht oder die Finanzbehörde zur Klagerücknahme bewegt worden. Die Initiative zur erfolgten Klagerücknahme sei vielmehr von dem Prozessbevollmächtigten C aus prozesstaktischen Gründen ausgegangen. Das Gericht habe dem Antragsteller durch Unterbrechung der Sitzung die Gelegenheit gegeben, dies mit seinem Prozessbevollmächtigten zu besprechen. Der von seinem Prozessbevollmächtigten C erklärten Klagerücknahme habe der Antragsteller nicht widersprochen. Auch sei für das Gericht --trotz des Hinweises des Antragstellers auf das Vorliegen von Scheinrechnungen-- nicht erkennbar gewesen, dass der Antragsteller mit der aus taktischen Gründen erfolgten Klagerücknahme nicht einverstanden gewesen sei. Sprachliche Schwierigkeiten seien für das FG ebenfalls nicht ersichtlich gewesen, da der Antragsteller die deutsche Sprache zwar nicht perfekt beherrscht habe, sich jedoch hinreichend verständlich habe ausdrücken können und auch das Gericht verstanden habe. Für das FG habe kein Anlass bestanden, den Antragsteller über die Tragweite der Rücknahmeerklärung zu belehren, da dieser anwaltlich vertreten war.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Antragsteller fristgerecht Beschwerde erhoben. Der Antragsteller begründet seine Beschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), mit der Notwendigkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO sowie mit einem Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhe (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Zeitgleich mit der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Antragsteller einen Antrag auf PKH für die erhobene Nichtzulassungsbeschwerde gegen das FG-Urteil gestellt und eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet und deshalb abzulehnen.
1. Der Antrag auf PKH muss abgelehnt werden, weil die Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
2. Der Senat kann bei der gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung des Vortrags des Antragstellers, des Inhalts der Akten und des vom Antragsteller beanstandeten Urteils keinen hinlänglichen Grund i.S. von § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO erkennen. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.
a) Der vorliegende Sachverhalt wirft keine über den spezifisch gelagerten Einzelfall des Antragstellers hinausreichende allgemein bedeutsame Rechtsfrage auf, welche die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gebietet. Überdies vermag der Senat auch nicht zu erkennen, dass das FG mit einem bestimmten, in dem vom Antragsteller beanstandeten Urteil aufgestellten Rechtssatz von der Entscheidung eines anderen Gerichts zu derselben Rechtsfrage abgewichen wäre (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
b) Auch soweit der Antragsteller einen Verfahrensmangel des angefochtenen Urteils darin erblickt, dass das FG die in der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2008 erklärte Klagerücknahme --trotz des vom Kläger erklärten Widerrufs-- weiterhin als wirksam angesehen und die Klage als unzulässig abgewiesen hat, reichen die hierzu vorgetragenen Tatsachen zur schlüssigen Darlegung eines Verfahrensmangels nicht aus bzw. liegen diese behaupteten Tatsachen nicht vor.
Eine Klagerücknahme ist als Prozesshandlung grundsätzlich unwiderruflich und kann auch nicht --etwa in entsprechender Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Anfechtung von Willenserklärungen-- angefochten werden. Die FGO sieht aber gleichwohl in § 72 Abs. 2 Satz 3 ausdrücklich den Fall vor, dass in einem Steuerrechtsstreit nachträglich die Unwirksamkeit einer Klagerücknahme geltend gemacht wird. Das spricht dafür, dass der Gesetzgeber entsprechend der Rechtsprechung des BFH vor Inkrafttreten der FGO die Möglichkeit offenhalten wollte, insbesondere in den Fällen, in denen ein rechtsunkundiger Steuerpflichtiger in unzulässiger Weise --etwa durch Drohung, Druck, Täuschung oder auch unbewusste Irreführung-- zur Abgabe einer solchen Erklärung veranlasst worden ist, die Unwirksamkeit einer Klagerücknahme anzunehmen. Der BFH hat nach dem Inkrafttreten der FGO diese Rechtsprechung fortgesetzt und betont, dass es als Verstoß gegen die im Steuerrecht zu beachtenden Grundsätze des Vertrauensschutzes angesehen werden müsste, in derartigen Fällen einen Steuerpflichtigen an seiner Erklärung festzuhalten (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2006 V R 40/05, BFHE 215, 53, BStBl II 2007, 271, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung). Ein derartiger Ausnahmefall liegt im Streitfall nicht vor.
aa) Der Antragsteller stützt den Vorwurf der fehlerhaften finanzgerichtlichen Entscheidung zunächst darauf, dass die Rücknahmeerklärung für das Gericht erkennbar auf einem Versehen des Antragstellers beruht habe.
Die Rücknahmeerklärung ist aber durch den Prozessbevollmächtigten C erfolgt, der bereits vorher dem FG die prozesstaktischen Gründe für die Rücknahmeerklärung erläutert hatte. Von einem Versehen oder einem Irrtum des Prozessbevollmächtigten C, dessen Verhalten sich der Antragsteller zurechnen lassen muss, da er ihm das Mandat nicht entzogen hat, kann daher keine Rede sein.
bb) Auch die Bezugnahme des Antragstellers auf die prozessuale Garantenpflicht des Vorsitzenden des Gerichts, die in dem Beschluss des BFH vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02 (BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25) dargelegt wird, kann keinen Vorwurf eines Verfahrensfehlers begründen. Im vorliegenden Fall beruhte die Entscheidung zur Klagerücknahme nicht auf einem rechtlich fehlerhaften Hinweis des Gerichts, vielmehr ging die Initiative zur Klagerückname von dem Prozessbevollmächtigten C aus.
cc) Eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben kann dem FG ebenfalls nicht vorgeworfen werden. Nach dem vom Anragsteller zitierten Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 21. März 1977 II ZB 5/77 (Versicherungsrecht 1977, 574) kann sich der Gegner eines Klägers nach Treu und Glauben nicht auf eine Rücknahmeerklärung berufen, wenn der Widerspruch dieser Erklärung zu dem wirklichen Willen der anderen Partei und der Irrtum ihres Prozessbevollmächtigten, auf dem die Erklärung beruhte, für ihn und das Gericht ganz offensichtlich gewesen sei.
Im vorliegenden Fall liegt ein solcher offensichtlicher Irrtum des Prozessbevollmächtigten über den wahren Willen des Antragstellers nicht vor. Für das FG stellte sich der Sachverhalt so dar, dass der Prozessbevollmächtigte dem Antragsteller während der Unterbrechung der Verhandlung die Gründe der Klagerücknahme, nämlich die Vermeidung von Zeugenaussagen der Rechnungsempfänger, erläutert hatte. Der Antragsteller hat zwar im weiteren Verfahren immer noch darauf hingewiesen, es habe sich um Scheinrechnungen gehandelt und er wolle dies nicht, weil er die Steuern nicht zahlen könne. Ein eindeutiger offensichtlicher Wille des Antragstellers konnte diesen Äußerungen jedoch nicht entnommen werden, da sowohl der Aspekt der Scheinrechnungen als auch die fehlende Fähigkeit des Antragstellers zur Bezahlung der Steuerschuld bereits vorher erörtert worden waren. Die Aussage, dass er "dies nicht wolle" stand im Gegensatz zu dem Schweigen des Antragstellers zur Genehmigung der Klagerücknahme durch seinen Prozessbevollmächtigten C nach dem Abspielen des Tonbandes.
dd) Der Vorwurf eines offensichtlichen Missbrauchs der Vertretungsmacht durch den Prozessbevollmächtigten C kann ebenfalls nicht zum Erfolg führen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des BGH (Urteil vom 1. März 1962 II ZR 1/62, Monatsschrift für Deutsches Recht 1962, 374), wonach die Rücknahme eines Rechtsmittels unwirksam sei, wenn sie von dem gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person unter offensichtlichem Missbrauch seiner Vertretungsmacht erklärt werde, überhaupt einschlägig ist, da es sich im Streitfall nicht um einen gesetzlichen Vertreter, sondern um einen bevollmächtigten Prozessvertreter handelt.
Entscheidend ist aber, dass keine Anhaltspunkte für einen offensichtlichen Missbrauch der Vertretungsmacht durch C vorliegen. Seine --nachvollziehbaren-- Gründe für eine Klagerücknahme hat der Prozessbevollmächtigte C in Gegenwart des Antragstellers dargelegt, genauso wie er in dessen Anwesenheit die Klage zurückgenommen hat. Dass auch der Antragsteller selbst --entgegen seiner Behauptung in seinem Schriftsatz vom 19. März 2008 und in seiner Beschwerdebegründung-- das Verhalten des Prozessbevollmächtigten nicht als missbräuchlich ansah, zeigt sein Schreiben an den Prozessbevollmächtigten C vom 20. März 2008 --also zwei Tage nach der mündlichen Verhandlung--, in dem er den dringenden Wunsch nach Fortsetzung des Verfahrens äußert und wörtlich ausführt: "Dabei entspricht es meinem Wunsch, wenn Sie den Fall fortführen. Wir kennen uns nun schon seit zwanzig Jahren, seit Ihrer Zeit in der Kanzlei X, und Sie genießen weiter meinen Respekt und mein Vertrauen."
ee) Der Hinweis auf die psychische Drucksituation sowie eine mögliche --für das Gericht erkennbare Prozessunfähigkeit-- des Antragstellers kann ebenso wenig den Vorwurf eines Verfahrensfehlers des FG begründen. Das vom Antragsteller zitierte BFH-Urteil vom 15. Februar 1977 VII R 42/74 (BFHE 121, 385, BStBl II 1977, 434) unterscheidet sich vom vorliegenden Fall in zwei grundlegenden Punkten: In dem dortigen Verfahren war der Kläger im Gegensatz zum Antragsteller nicht anwaltlich vertreten; zudem wurde der Kläger durch das FG zu einer Klagerücknahme gedrängt, während im Streitfall die Klage auf Initiative des Prozessbevollmächtigten C zurückgenommen wurde (siehe oben bb).
ff) In Bezug auf das Argument des Verlustes der Prozessfähigkeit weist der angerufene Senat darauf hin, dass es --im Gegensatz zur Auffassung des Antragstellers-- nicht auf seine Prozessunfähigkeit ankommt, sondern auf die Prozessfähigkeit der Person, die die Klagerücknahme erklärt hat (siehe auch Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 72 FGO Rz 134). Das war im vorliegenden Fall der Prozessbevollmächtigte C.
c) Die weiteren Verfahrensmängel, die der Antragsteller geltend macht, hat er nicht in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geforderten Art und Weise dargelegt. Die schlüssige Rüge einer Verletzung rechtlichen Gehörs erfordert Ausführungen darüber, was bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre und dass dieser Vortrag die Entscheidung des Gerichts hätte beeinflussen können.
aa) Der Antragsteller hat seine während der mündlichen Verhandlung vermeintlich bestehende Prozessunfähigkeit nicht ausreichend substantiiert dargelegt, um die Voraussetzungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO zu erfüllen. Die fehlende Prozessfähigkeit ist weder anhand von ärztlichen Attesten bestätigt worden, noch zeigt er nachvollziehbar auf, aus welchen Gründen das Gericht hätte erkennen können, dass er --der anwaltlich vertretene Antragsteller-- nicht prozessfähig gewesen sein sollte.
bb) Eine Begründung, warum die fehlende Aufnahme des vom Antragsteller behaupteten mündlichen Widerrufs der Klagerücknahme in der mündlichen Verhandlung in das Protokoll entscheidungsrelevant sein soll, obwohl das FG die Vorgänge sowohl im Tatbestand --für den angerufenen Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend-- als auch in den Entscheidungsgründen ausführlich dargestellt und gewürdigt hat, bleibt der Antragsteller schuldig.
d) Ebenso wenig ist ersichtlich, dass das FG-Urteil infolge schwerwiegender materiell-rechtlicher Fehler objektiv willkürlich und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar wäre (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837, und vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25).
Es ist ständige Rechtsprechung des BFH, dass besonders schwerwiegende Fehler des FG bei der Auslegung revisiblen Rechts die Zulassung der Revision ermöglichen, wobei der Frage, ob dafür an Nr. 1 oder Nr. 2 des § 115 Abs. 2 FGO anzuknüpfen ist, im Ergebnis keine Bedeutung zukommt (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25). Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die Entscheidung des FG schwerwiegende Rechtsfehler aufweist und deshalb objektiv willkürlich erscheint oder greifbar gesetzeswidrig ist. Diese besonderen Umstände sind in der Beschwerdeschrift auszuführen. Der bloße Hinweis auf (angebliche) erhebliche Rechtsfehler reicht nicht aus (z.B. BFH-Beschluss vom 7. Juli 2005 IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Mit ihr wird lediglich geltend gemacht, dass das FG nach Ansicht des Antragstellers rechtsfehlerhaft die Rücknahme der Klage --trotz des erfolgten Widerrufs-- als wirksam angesehen hat; den Vorwurf objektiver Willkür des FG vermag der Antragsteller damit nicht darlegen.
3. Insgesamt ist somit kein Grund für die Zulassung einer Revision erkennbar, so dass die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde stellt der angerufene Senat bis vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Beschlusses zurück, um dem Antragsteller die Möglichkeit einzuräumen, zu prüfen, ob er ggf. seine Beschwerde zur Vermeidung des Anfalls höherer Gerichtskosten zurücknehmen möchte.
4. Der Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei.
Fundstellen
Haufe-Index 2239381 |
BFH/NV 2009, 1997 |