Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde bei kumulativer Urteilsbegründung
Leitsatz (NV)
Hat das FG seine Entscheidung kumulativ auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, ist die Zulassung der Revision nur möglich, wenn für jeden der Gründe ein Zulassungsgrund vorliegt.
Normenkette
FGO § 115
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Finanzgericht (FG) hat sein Urteil doppelt begründet. Es hat die Änderungsbefugnis des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt ―FA―) zunächst auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützt, weil dieser erst nach Bestandskraft der ursprünglichen Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr (1996) erfahren habe, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 des Fördergebietsgesetzes (FördG) von vornherein nicht gegeben seien, weil die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) weder bürgerlich-rechtliches noch wirtschaftliches Eigentum an den von ihr gekauften Räumlichkeiten erlangt habe. Zum anderen hat das FG seine Entscheidung auch damit begründet, die Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung könne außerdem auf § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 wegen des Eintritts eines Ereignisses mit steuerrechtlicher Wirkung für die Vergangenheit (hier der Aufhebungsvertrag) gestützt werden.
Hat das FG seine Entscheidung ―wie hier― kumulativ auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, ist die Zulassung der Revision nur möglich, wenn für jeden der Gründe ein Zulassungsgrund vorliegt. Dementsprechend ist mit der Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich eines jeden selbständig tragenden Grundes ein Zulassungsgrund geltend zu machen (st. Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 2. Mai 1974 IV B 3/74, BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524, und vom 14. April 2000 X B 9/00, BFH/NV 2000, 1334).
Diesen Voraussetzungen genügt die Beschwerde nicht. Hinsichtlich des zweiten vom FG als tragend für seine Entscheidung herangezogenen Grundes (Änderung der Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977) liegt der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), der die bisherige Divergenz umfasst (st. Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 7. Juni 2002 IX B 15/02, BFH/NV 2002, 1300) nicht vor. Das angefochtene Urteil weicht nicht von den in der Beschwerdeschrift zitierten Entscheidungen des BFH ab.
Der BFH hat in seinem Urteil vom 21. Oktober 1999 I R 43, 44/98 (BFHE 190, 377, BStBl II 2000, 424) den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an einem Wirtschaftsgut auf den Erwerber auch dann bejaht, wenn dieser alsbald nach Abschluss des Erwerbsgeschäfts dessen Aufhebung oder Rückabwicklung betreibt und das Geschäft später tatsächlich rückgängig gemacht wird. Abgesehen davon, dass sich der BFH in diesem Urteil gar nicht mit § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 auseinander setzt, unterscheiden sich auch die zugrunde liegenden Sachverhalte voneinander: Im Streitfall hatte die Klägerin anders als im oben genannten BFH-Urteil die von ihr aufgrund des Vertrages vom 17. Dezember 1996 gekaufte Gewerbeeinheit gar nicht erhalten, sondern lediglich als Wohnraum genehmigte Räumlichkeiten. Deshalb hat sich nach den Feststellungen des FG erst durch den Aufhebungsvertrag zu einem späteren Zeitpunkt ergeben, dass der Klägerin aus dem Kaufvertrag keine Anschaffungskosten entstehen würden. Ebenso verhält es sich mit der von der Klägerin gerügten Abweichung zum BFH-Beschluss vom 15. März 2000 IV B 35/99 (BFH/NV 2000, 1185); denn dort wurde eine zunächst bestehende Gewinnverteilungsabrede zivilrechtlich rückwirkend geändert. Eine steuerrechtliche Wirkung kam ihr nicht zu.
Von einer weiter gehenden Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen