Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH trotz versäumter Klagefrist?
Leitsatz (NV)
- Es bleibt offen, ob ein Beteiligter von der Erhebung einer Klage wegen des mit ihr möglicherweise verbundenen Prozeßkostenrisikos bis zur Entscheidung über seinen PKH-Antrag absehen darf oder vorsorglich die Klagefrist wahren muß.
- Im Abrechnungsverfahren ist nicht zu prüfen, ob rechtskräftige Urteile aufgrund einer wirksam erhobenen Klage ergangen sind.
Normenkette
FGO §§ 60, 142; ZPO § 114
Tatbestand
Der Antragsteller hat bei dem Finanzgericht (FG) wegen der beiden, die Festsetzung von Prozeßzinsen und die Abrechnung über Prozeßzinsen betreffenden Einspruchsentscheidungen des Beklagten (Finanzamt ―FA―) vom 6. Mai 1996 eine "Klage ―vorerst im PKH-Antragsprüfungsverfahren―" erhoben. Das FG hat die Rechtsbehelfsschrift als Klage gegen die vorgenannten Entscheidungen, verbunden mit einem Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren gedeutet. Es hat den Antrag auf PKH abgelehnt. Zur Begründung dieses Beschlusses führt es aus, es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, inwiefern gegen die (korrigierte) Zinsfestsetzung des FA Bedenken bestünden. Auch der Abrechnungsbescheid lasse keine Fehler erkennen; denn das FA sei befugt gewesen, mit fälligen und vollstreckbaren Forderungen der Landesoberkasse aufgrund rechtskräftiger Urteile des FG und daraufhin von der Landesoberkasse angesetzter Kosten aufzurechnen. Der Antragsteller könne dagegen nicht geltend machen, in den betreffenden Fällen sei eine Klage nicht erhoben, sondern nur PKH beantragt worden.
Gegen diesen Beschluß möchte der Antragsteller ein Rechtsmittel ergreifen. Er begehrt dafür PKH und trägt im wesentlichen folgendes vor:
Die von ihm in dem "Klagetext" verwandte Formulierung, "vorerst im PKH-Antragsprüfungsverfahren", sei noch niemals in Zweifel gezogen worden; der Bundesfinanzhof (BFH) möge klären, ob jetzt plötzlich bei einer solchen Klageerhebung Gerichtskosten entstehen könnten und damit eine Aufrechnung erfolgen dürfe.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Gewährung von PKH muß ohne Erfolg bleiben. Denn die gegen den Beschluß des FG über die Ablehnung von PKH statthafte Beschwerde (§ 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) verspricht keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so daß die vom Antragsteller sinngemäß begehrte PKH für ein Beschwerdeverfahren gegen den Beschluß des FG nicht gewährt werden kann (§ 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung).
Für dieses Ergebnis der rechtlichen Prüfung des PKH-Antrages des Antragstellers ist ohne Bedeutung, ob der Auffassung des FG und des von diesem in Bezug genommenen Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (Beschluß vom 5. Februar 1998 OVG Bs IV 171/97, Neue Juristische Wochenschrift 1998, 2547) zu folgen ist, daß einem Beteiligten, der es versäumt, einen fristgebundenen Rechtsbehelf (hier: die Klage gegen den Zinsfestsetzungs- und Abrechnungsbescheid des FA) fristgerecht zu erheben, keine PKH gewährt werden kann, weil bei späterer Erhebung einer solchen Klage mit Hilfe eines sachkundigen, dem Betreffenden im PKH-Verfahren beigeordneten Prozeßvertreters Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Klagefrist (§ 56 FGO) nicht gewährt werden könnte, der beabsichtigte Rechtsbehelf also von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg ist, oder ob in einem solchen Fall die Klagefrist unverschuldet versäumt wird, wenn von der Erhebung der Klage wegen des mit ihr möglicherweise verbundenen Prozeßkostenrisikos bis zur Entscheidung über den PKH-Antrag abgesehen wird (vgl. etwa Beschluß des BFH vom 3. April 1987 VI B 150/85, BFHE 149, 409, BStBl II 1987, 573). Denn selbst wenn ―wie der Antragsteller sinngemäß geltend macht― letzteres ―auch unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten des Streitfalls― anzunehmen wäre, hätte dies nur zur Folge, daß sich der vom FG abgelehnte PKH-Antrag nicht, wie das FG angenommen hat, auf eine vom Antragsteller bereits erhobene Klage vor dem FG, sondern auf eine erst beabsichtigte Klage bezöge. Die für die Entscheidung über das PKH-Gesuch maßgeblichen Voraussetzungen sind aber in dem einen wie in dem anderen Fall die gleichen. Eine erst beabsichtigte Klage gegen die Prozeßzinsenfestsetzung und den Abrechnungsbescheid des FA wäre ebenso ohne Aussicht auf Erfolg, wie es das FG für die seiner Ansicht nach bereits erhobene Klage gegen die Bescheide angenommen hat.
Gegen die (vom FA noch einmal überprüfte und korrigierte) Zinsfestsetzung zugunsten des Antragstellers hat dieser selbst weder im Verwaltungsverfahren noch im Gerichtsverfahren Einwendungen erhoben. Seine Rüge, Kostenforderungen der Landesoberkasse hätten gegen seinen Zinsanspruch nicht aufgerechnet werden dürfen, betrifft lediglich den Abrechnungsbescheid des FA. Sie ist jedoch, wie das FG richtig erkannt und ausgeführt hat, unbegründet. Auch hierfür ist ohne Bedeutung, ob das FG in den den betreffenden Kostenforderungen zugrundeliegenden Gerichtsverfahren das Begehren des Antragstellers richtig verstanden hat, ob es also die "Klageerhebung vorerst im PKH-Antragsprüfungsverfahren" als Erhebung einer Klage, verbunden mit einem PKH-Antrag für das betreffende Klageverfahren, auslegen durfte. Denn nach den unwidersprochenen Darlegungen des FG in dem PKH-Beschluß, den der Antragsteller angreifen möchte, sind gegen den Antragsteller in den betreffenden Verfahren rechtskräftig gewordene Urteile ergangen, nach denen er die Verfahrenskosten zu tragen hat. Ob diese Urteile richtig sind, ob also überhaupt eine Klage erhoben worden ist, ist folglich nicht mehr zu prüfen.
Fundstellen
Haufe-Index 302333 |
BFH/NV 1999, 1502 |