Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung von der Steuerberaterprüfung
Leitsatz (NV)
1. Bei der Ermittlung der für die Befreiung von der Steuerberaterprüfung geforderten Mindestzeit der berufspraktischen Tätigkeit sind durch Krankheit verursachte Ausfälle im Regelfall als unschädlich anzusehen, soweit sie die Dauer der durchschnittlichen krankheitsbedingten Fehlzeiten nicht erheblich übersteigen.
2. Ob dies der Fall ist, erfordert eine tatrichterliche Würdigung, die revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann. Wenn dieser Würdigung die Arbeitstage, an denen der Beamte arbeitsunfähig krank gewesen ist, den Sollarbeitstagen eines Jahres gegenübergestellt werden, so ist dies nicht zu beanstanden; der Tatrichter muss insoweit insbesondere nicht auf Arbeitswochen abstellen.
Normenkette
StBerG § 36 Abs. 3, § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a
Verfahrensgang
Hessisches FG (Urteil vom 01.02.2007; Aktenzeichen 13 K 1324/06) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war vom 1. August 1985 bis zum 31. Oktober 2006 Beamter des gehobenen Dienstes und als Sachbearbeiter auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern beschäftigt. Streitig ist, ob er mit dieser Tätigkeit bei Berücksichtigung seiner Fehlzeiten die Voraussetzungen für die Befreiung von der Steuerberaterprüfung erfüllt.
Das Finanzgericht (FG) hat die Voraussetzungen des im Streitfall einschlägigen § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) als nicht erfüllt angesehen und hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergebe sich, dass der Beamte nicht nur eine bestimmte Dienststellung in der Finanzverwaltung innegehabt, sondern die damit verbundenen Aufgaben als Sachbearbeiter auch tatsächlich wahrgenommen haben müsse; dabei seien hinsichtlich der Dauer der berufspraktischen Tätigkeit durch Krankheit verursachte Ausfälle als unschädlich anzusehen, soweit sie die Dauer durchschnittlicher krankheitsbedingter Fehlzeiten nicht erheblich überstiegen. Selbst wenn man aber zu Gunsten des Klägers --in Anbetracht der massiven Ballung von Krankheitstagen in seinen letzten Dienstjahren-- nur den Zeitraum vom 1. August 1985 bis zum 31. Dezember 2000 und im Hinblick auf § 36 Abs. 3 StBerG nur solche Krankheitstage berücksichtige, die dazu geführt hätten, dass in der jeweiligen Woche eine Arbeitszeit von 16 Arbeitsstunden nicht erreicht worden sei, sei der Kläger in mehreren Jahren dieses Zeitraums überdurchschnittlich lange arbeitsunfähig krank gewesen. Diese überdurchschnittlich langen Krankheitszeiten summierten sich auf 238 Tage, die von der Sollarbeitszeit im Zeitraum 1. August 1985 bis 31. Dezember 2000 abzuziehen seien, so dass im Ergebnis an der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbeschäftigungszeit von 15 Jahren mehr als fünf Monate fehlten.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert, jedenfalls aber nicht vorliegen.
1. Die Frage, ob und in welchem Umfang bei der Ermittlung der vom Gesetz als Voraussetzung für die Befreiung von der Steuerberaterprüfung geforderten Mindestzeit der berufspraktischen Tätigkeit von 15 Jahren krankheitsbedingte Fehlzeiten abzuziehen sind, ist durch die Rechtsprechung des beschließenden Senats geklärt. Danach sind durch Krankheit verursachte Ausfälle im Regelfall als unschädlich anzusehen, soweit sie die Dauer der durchschnittlichen krankheitsbedingten Fehlzeiten nicht erheblich übersteigen (Senatsurteil vom 10. April 1984 VII R 68/83, nicht veröffentlicht).
Ob während des Dienstes des Beamten als Sachbearbeiter in der Finanzverwaltung derart ungewöhnlich lange krankheitsbedingte Fehlzeiten zu verzeichnen sind, welche die Dauer durchschnittlicher krankheitsbedingter Fehlzeiten erheblich übersteigen, ist auf Grund einer Würdigung der Tatsachen des Einzelfalls zu beurteilen, die in erster Linie dem Tatrichter obliegt und revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann. Wenn bei dieser Würdigung die Arbeitstage, an denen der Beamte arbeitsunfähig krank gewesen ist, den Sollarbeitstagen eines Jahres gegenübergestellt werden, so ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden; auch ist der Tatrichter rechtlich nicht gehalten, längere in bestimmten Zeiten aufgetretene krankheitsbedingte Fehlzeiten mit anderen Zeitabschnitten, in denen solche Fehlzeiten nur in geringem Umfang angefallen sind, zu verrechnen (Senatsbeschluss vom 28. September 2004 VII B 124/04, BFH/NV 2005, 251).
Anders als die Beschwerde meint, ist auch nicht die Frage klärungsbedürftig, sondern zweifellos zu verneinen, ob die aktuelle, auf den Streitfall anzuwendende Fassung des § 36 Abs. 3 StBerG, auf den § 38 Abs. 2 Satz 1 StBerG verweist, bei der Ermittlung der Sollarbeitszeit ein Abstellen auf Arbeitswochen erfordert. Mit dem Verweis auf diese Vorschrift, die einen Umfang der berufspraktischen Tätigkeit von mindestens 16 Wochenstunden verlangt, soll --wie das FG zutreffend erkannt hat-- erreicht werden, dass zum einen die Voraussetzungen für die Befreiung von der Steuerberaterprüfung nicht durch eine zwar 15 Jahre dauernde, jedoch nur geringfügige Beschäftigung in der Finanzverwaltung erfüllt werden können und dass zum anderen Teilzeitbeschäftigte --in einem gewissen Umfang-- mit Vollzeitbeschäftigten gleichgestellt werden, was nach der Vorgängervorschrift nicht der Fall war. Ebenso wenig wie sich danach bei Teilzeitbeschäftigten mit mindestens 16 Wochenstunden die geforderte fünfzehnjährige Mindestzeit der berufspraktischen Tätigkeit entsprechend verlängert, verkürzt sich diese Mindestzeit in entsprechender Weise bei Vollzeitbeschäftigten dadurch, dass sie eine längere Wochenarbeitszeit als 16 Stunden haben.
Für Beamte in Teilzeitbeschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 16 Stunden und für vollzeitbeschäftigte Beamte gelten mithin dieselben Bedingungen: Sie müssen für die Befreiung von der Steuerberaterprüfung mindestens 15 Jahre lang eine berufspraktische Tätigkeit auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern ausgeübt haben. Ob in diesem Zeitraum überdurchschnittlich lange krankheitsbedingte Fehlzeiten zu verzeichnen sind, die bei der Ermittlung der Dauer der berufspraktischen Tätigkeit unberücksichtigt zu bleiben haben, ist daher auch bei Berücksichtigung des § 36 Abs. 3 StBerG eine vom Tatrichter zu beantwortende Frage, der dabei --wie im Streitfall geschehen-- die in einem Kalenderjahr angefallenen Krankheitstage des betreffenden Beamten den Sollarbeitstagen eines Kalenderjahres gegenüberstellen kann. Wenn die Beschwerde insoweit unter Hinweis auf § 36 Abs. 3 StBerG die Ansicht vertritt, dass es nicht auf die Anzahl der krankheitsbedingten Fehltage, sondern darauf ankomme, ob der Beamte jedenfalls 16 Wochenstunden gearbeitet habe, lässt sie unerwähnt, dass das FG die Fehlzeiten des Klägers ohnehin auf dieser Grundlage ermittelt und nur solche Krankheitstage berücksichtigt hat, die dazu geführt haben, dass in der jeweiligen Woche eine Arbeitszeit von 16 Arbeitsstunden nicht erreicht wurde. Es fehlt somit auch an der Klärungsfähigkeit der von der Beschwerde bezeichneten Frage.
2. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) in Gestalt der Divergenzrevision ist nicht schlüssig dargelegt. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und abstrakte Rechtssätze der Divergenzentscheidung(en) des Bundesfinanzhofs (BFH) so genau zu bezeichnen und gegenüberzustellen, dass eine Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, 480, m.w.N.; vom 29. Juni 1987 X B 26/87, BFH/NV 1988, 239). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Sie vergleicht lediglich den Kläger mit dem Beamten in dem vom Senat mit Urteil vom 10. April 1984 VII R 68/83 entschiedenen Fall und vertritt die Ansicht, dass dem Kläger im Rahmen einer Gesamtwertung seine Ausbildungszeit in der Finanzverwaltung sowie der Umstand zugute zu halten sei, dass er an keinem Tag unentschuldigt gefehlt habe, und dass der Kläger bei einer Berechnung nach Arbeitswochen nicht überdurchschnittlich lange arbeitsunfähig krank gewesen sei. Damit wendet sich die Beschwerde gegen die vom FG vorgenommene Tatsachenwürdigung, legt jedoch keinen Grund für die Zulassung der Revision dar.
Fundstellen
Haufe-Index 1859506 |
BFH/NV 2008, 412 |