Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagebefugnis; Beteiligtenwechsel
Leitsatz (NV)
Eine Klage auf Erstattung von Steuern, die nach Ansicht des Klägers auf rechtsstaatswidrigen Steuerverwaltungsakten der DDR beruhen, ist unzulässig, solange eine Verwaltungsentscheidung über die Aufhebung dieser Steuerverwaltungsakte noch nicht ergangen ist.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2, § 67 Abs. 1, § 142; ZPO § 114; EinigVtr Art. 19 S. 2
Tatbestand
Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) beantragte im Jahre 1991 beim Landrat des Landkreises N. die Auf hebung einer ihm im Jahre 1985 erteilten Gewerbeuntersagung sowie die Regulierung ihm zugefügter Schäden, u. a. die Rückzahlung der in den Jahren 1966 bis 1985 gezahlten Produktionsfondssteuer und Umsatzsteuer. Auf seine Klage hin trennte das Verwaltungsgericht (VG) das Verfahren betreffend die Erstattung von Produktionsfondssteuer und Umsatzsteuer ab und verwies den Rechtsstreit insoweit an das Finanzgericht (FG). Mit Schriftsatz vom 9. Juni 1995 teilte der Kläger mit, daß sich die Klage nicht mehr gegen den Landkreis M., als Funktionsnachfolger des Landkreises N., sondern gegen das Finanzamt O. richten solle. Er stellte nachfolgend beim FA O. einen Antrag auf Aufhebung von Steuerverwaltungsakten der ehemaligen DDR nach Art. 19 Satz 2 des Einigungsvertrages (EinigVtr).
Das FG lehnte den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) und Beiordnung seines Prozeßbevollmächtigten für das bei ihm anhängige Klageverfahren mangels Erfolgsaussicht im wesentlichen mit folgender Begründung ab:
Die Klage gegen den zunächst beklagten Landkreis M. sei unzulässig. Richtiger Beklagter wäre das FA O. gewesen. Der Kläger begehre die Aufhebung von Steuerverwaltungsakten der ehemaligen DDR nach Art. 19 Satz 2 EinigVtr. Für dieses Verfahren sei seit der Einrichtung von Finanz ämtern in der DDR das örtlich zuständige FA zuständig. Der mit Schriftsatz vom 9. Juni 1995 beantragte Wechsel des Beklagten stelle eine unzulässige Klageänderung dar.
Gemäß § 67 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sei die Änderung einer Klage zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligten oder das Gericht die Änderung für sachdienlich halte. Klageänderung sei auch der Beteiligtenwechsel auf Kläger- und/oder Beklagtenseite. Die Zulassung der Klageänderung wäre im Streitfall jedoch nicht sachdienlich, weil sie nur zur Folge hätte, daß die Klage gegen das FA O. mangels vorhergehenden Verwaltungsverfahrens bei dem FA des Klägers unzulässig wäre.
Gemäß § 40 Abs. 2 FGO sei die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend mache, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein. Das FA O. habe bisher weder einer der Änderung stattgebenden noch einen die Änderung ablehnenden Bescheid erlassen. Der Kläger habe bisher nicht geltend machen können, durch ein Tun oder Unterlassen des FA O. in seinen Rechten verletzt worden zu sein. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete deshalb keine Aussicht auf Erfolg.
Mit der Beschwerde gegen den den PKH- Antrag ablehnenden Beschluß wendet sich der Kläger gegen die Auffassung des FG, die Klage sei mangels Passivlegitimation des beklagten Landkreises unzulässig. Er meint, da er durch den Rat des Kreises N. geschädigt worden sei, sei für seine Schadensersatzansprüche der beklagte Landkreis als Rechtsnachfolger des Schädigers zuständig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 142 FGO i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten erbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das FG hat zu Recht entschieden, daß der bei ihm anhängigen Klage des Klägers die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt.
Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß das Begehren des Klägers auf Erstattung der von ihm erhobenen Produktionsfondssteuer und Umsatzsteuer nur über die Aufhebung der betreffenden Steuerverwaltungsakte der ehemaligen DDR nach Art. 19 Satz 2 EinigVtr Erfolg haben könnte (vgl. § 37 Abs. 2, § 218 Abs. 1 der Abgabenordnung -- AO 1977 --). Nach den Ausführungen des FG entspricht dies auch dem bei ihm geltend gemachten Klagebegehren. Soweit sich der Kläger nunmehr mit der Beschwerde auf Schadensersatzansprüche gegen den beklagten Landkreis (etwa nach dem Staatshaftungsgesetz der DDR wie im Schriftsatz vom 31. Mai 1991) beruft, wäre hierfür der Finanzrechtsweg gemäß § 33 FGO nicht gegeben. Auch der Verweisungsbeschluß des Verwaltungsgerichts vom 2. Mai 1994 begründet keine Zuständigkeit des FG für derartige Schadensersatzansprüche.
Der Senat neigt zu der Auffassung des FG, daß für die mit der Klage begehrte Aufhebung der nach Ansicht des Klägers rechtsstaatswidrigen Steuerverwaltungsakte der DDR das FA O. zuständig wäre, so daß die Klage gegen den Landkreis unzulässig ist; insoweit wird auf die Begründung der Vorentscheidung Bezug genommen. Es bedarf jedoch im vorliegenden PKH-Beschwerdeverfahren keiner abschließenden Entscheidung über den richtigen Beklagten, da die Klage auch aus sonstigen Gründen unzulässig ist.
Wie das FG -- im Zusammenhang mit der Sachdienlichkeit des vom Kläger beantragten Beteiligtenwechsels auf der Beklagtenseite -- zutreffend ausgeführt hat, ist die Klage gemäß § 40 Abs. 2 FGO auch deshalb unzulässig, weil der Kläger nicht geltend machen kann, durch einen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine Verwaltungsentscheidung über die begehrte Aufhebung von Steuerverwaltungsakten -- von welcher Behörde auch immer --, die nach Wahrung des erforderlichen Vorverfahrens (§ 44 FGO) der finanzgerichtlichen Prüfung unterworfen werden könnte, steht nach den Ausführungen des FG noch aus. Da auch mit der Beschwerde die Klagebefugnis nicht dargetan worden ist, ist die beantragte PKH für das Klageverfahren zu Recht abgelehnt worden.
Fundstellen
Haufe-Index 422315 |
BFH/NV 1997, 866 |