Leitsatz (amtlich)
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, daß Barzahlungen, die ein Gründungsgesellschafter entsprechend dem Gründungsvertrag und der Satzung anläßlich der Errichtung einer GmbH neben der Einbringung eines Teilbetriebs auf die von ihm übernommene Stammeinlage leistet, der Gesellschaftsteuer unterliegen und nicht (auch) gemäß § 29 UmwStG von dieser Steuer befreit sind.
Normenkette
KVStG 1959 § 2 Abs. 1 Nr. 1; UmwStG § 29 S. 1 Nr. 2, S. 2; GmbHG § 3 Abs. 1 Nr. 4, § 5 Abs. 2, 4, § 7 Abs. 2, § 19 Abs. 2-3
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin und Klägerin - im folgenden: Klägerin -, eine GmbH, war durch notariell beurkundeten Vertrag vom August 1970 errichtet und im November 1970 in das Handelsregister eingetragen worden. Die Stammeinlagen (Stammkapital 1 Mio. DM) hatten die beiden Gründungsgesellschafter mit 999 000 DM (H-GmbH) und 1 000 DM zu erbringen. Die Stammeinlage von 1 000 DM war in bar zu leisten. Bezüglich der Stammeinlage der H-GmbH hatten die Gesellschafter in § 13 der Satzung der Klägerin folgendes festgelegt:
"... a) ein Teilbetrag in Höhe von 460 099,52 DM der Stammeinlage wird dadurch erbracht, daß die H-GmbH aus ihrem Gesamtunternehmen einen Teilbetrieb, das Werk D ... mit dem gesamten beweglichen und unbeweglichen Aktivvermögen zu Buchwerten und mit rechnerischer Wirkung ab 1. August 1970 in die GmbH einbringt. Das unbewegliche Vermögen besteht aus den Grundstücken...
Die Einbringung des Grundbesitzes erfolgt mit allen Bestandteilen und dem Zubehör.
Das bewegliche Vermögen besteht aus dem gesamten übrigen Vermögen des Werkes D, das den Beteiligten bekannt ist und auf dessen Einzelaufführung verzichtet wird. Die Einbringung erfolgt nach der Maßgabe der zum 31. Juli 1970 aufgestellten Inventur und Arbeitsmaschinenliste, die von den Beteiligten heute eigenhändig unterzeichnet sind und dieser Urkunde beigeheftet werden, ohne Anlage im Sinne des Beurkundungsgesetzes zu sein.
Die angesetzten Buchwerte teilen sich wie folgt auf:
Grundstücke und Gebäude 170 250,80 DM
Maschinen und maschinelle Anlagen 93 493,- DM
Kassenbestand Werk D. 2 458,04 DM
Warenvorräte 193 897,68 DM
460 099,52 DM
Die Buchwerte für die Grundstücke und die Gebäulichkeiten im einzelnen ergeben sich aus der dieser Urkunde als Anlage II beigefügten Aufstellung. Die Buchwerte des beweglichen Vermögens sind in den aufgeführten Listen im einzelnen eingesetzt.
Die dinglichen Übertragungserklärungen der eingebrachten Gegenstände sind in der Anlage III enthalten.
b) Der restliche Betrag der Stammeinlage in Höhe von 538 900,48 DM ist in bar zu leisten ...".
In der Eröffnungsbilanz der Klägerin vom 6. November 1970 war neben den Buchwerten der einzelnen Wirtschaftsgüter des Teilbetriebs auf der Aktivseite eine "Einzahlungsforderung an Gesellsch." mit 539 900,48 DM ausgewiesen. Die Barleistungen auf die Einlagen wurden von den Gesellschaftern bis zum 19. Oktober 1970 erbracht.
Das FA (Beschwerdegegner und Beklagter) ließ den ersten Erwerb von Gesellschaftsrechten an der Klägerin gemäß § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG) gesellschaftsteuerfrei, soweit von der H-GmbH der Teilbetrieb (Buchwert: 460 099,52 DM) eingebracht worden war, unterwarf aber die von den Gesellschaftern erbrachten Barleistungen (538 900,48 DM + 1 000 DM = 539 900,48 DM) der Gesellschaftsteuer.
Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Sie war der Meinung, die Barleistungen der H-GmbH unterlägen nicht der Gesellschaftsteuer. Diese Mittel gehörten zur notwendigen finanziellen Ausstattung des selbständigen Teilbetriebs.
Im Klageverfahren hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, das FA verkenne Sinn und Zweck des § 29 UmwStG, wenn es die Einbringung des Teilbetriebs in Bar- und Sachvorgänge aufspalte. Der Teilbetrieb habe, um für sich allein als solcher lebensfähig zu sein, Teile des bisherigen Gesamtvermögens der H-GmbH erhalten müssen. Die gegebene Kapitalausstattung stehe in dem richtigen Verhältnis zu dem Verkehrswert des Anlagevermögens und zu der Beschäftigtenzahl. Das FG hat über die Klage noch nicht entschieden.
Das FG hat den Antrag der Klägerin, die Vollziehung des Gesellschaftsteuerbescheids auszusetzen, zurückgewiesen. Es verneinte ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung. Eine Steuerbefreiung gemäß § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG trete nur ein, "wenn und soweit" als Gegenleistung für den Erwerb der Gesellschaftsrechte ein Teilbetrieb übertragen werde. Keine Befreiung werde für andere eingebrachte Wirtschaftsgüter gewährt. Maßgebend sei insoweit die Satzung der Klägerin. Darin sei eindeutig und bestimmt festgelegt, daß die H-GmbH ihre Stammeinlage teils durch Einbringung des Teilbetriebs und teils in bar zu leisten habe. Unmaßgeblich sei, mit welchen finanziellen Mitteln der einzubringende Teilbetrieb ausgestattet sein dürfe. Von der Möglichkeit, dem Teilbetrieb vor der Einbringung Mittel zuzuweisen und damit die Steuerbefreiung zu vergrößern, habe die Klägerin keinen Gebrauch gemacht.
Entscheidungsgründe
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.
Das FG hat die Aussetzung der Vollziehung zutreffend abgelehnt. Ernstliche Zweifel im Sinne der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. u. a. Beschluß vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182) an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gesellschaftsteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung bestehen nach dem bisherigen Vorbringen der Klägerin nicht.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß § 29 UmwStG unter den darin genannten Voraussetzungen Rechtsvorgänge im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1959 von der Gesellschaftsteuer befreit und im Streitfall die in § 29 Satz 2 UmwStG aufgeführten Voraussetzungen gegeben sind. Das FG hat ferner ohne Rechtsfehler angenommen, daß die weitere Voraussetzung für eine Steuerbefreiung, nämlich die Übertragung eines Teilbetriebs auf die Klägerin (§ 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG), bezüglich des in bar zu leistenden Teils der Stammeinlage der H-GmbH nicht erfüllt ist. Das dagegen gerichtete (bisherige) Vorbringen der Klägerin greift nicht durch.
§ 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG befreit gesellschaftsteuerpflichtige Rechtsvorgänge (u. a. ) von der Steuer, "wenn und soweit ... als Gegenleistung ... ein Teilbetrieb ... übertragen wird". Das Wort "soweit" wird in dieser Gesetzesvorschrift (grammatisch) als restriktive Konjunktion gebraucht. Seine einschränkende Bedeutung bezieht sich auf Art und Umfang der Gegenleistung, die nach dem Wortlaut des Gesetzes darin bestehen muß, daß "... ein Teilbetrieb ... übertragen wird". Die Steuerbefreiung soll danach nur bei einer Gegenleistung in der Form einer Teilbetriebsübertragung und in Höhe des Werts dieses Teilbetriebs eintreten.
Was die Gesellschafter der Klägerin als Gegenleistung für den Erwerb ihrer Gesellschaftsrechte erbracht haben, hat das FG zutreffend dem Gründungsvertrag und der diesem beigefügten Satzung der Klägerin sowie den Vermögensverzeichnissen entnommen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) muß der Gesellschaftsvertrag (die Satzung) den Betrag der von jedem Gesellschafter auf das Stammkapital zu leistenden Einlage enthalten. Damit sind die Beiträge festgelegt, mit denen sich der einzelne Gesellschafter an der Gründung der GmbH beteiligt. Soweit keine Geldeinlagen, sondern Sacheinlagen erbracht werden sollen, müssen diese hinsichtlich der Person des Gesellschafters, des Gegenstandes der Einlage sowie des Geldwerts im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden (§ 5 Abs. 4 GmbHG; vgl. auch § 19 Abs. 3 GmbHG). Ob dies, wie das FG angenommen hat, im wesentlichen der registergerichtlichen Prüfung der Gründung (vgl. dazu Hachenburg, Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 7. Aufl., § 5 Rdnr. 20, 67) dient, kann offenbleiben. Die Satzung der Klägerin trägt den genannten zwingenden Vorschriften des GmbH-Rechts Rechnung. Daß nach der darin getroffenen Regelung die H-GmbH ihre Stammeinlage (§ 5 Abs. 2 GmbHG) teils in (eindeutig bestimmten und ihrem Wert nach im einzelnen festgelegten) Sachwerten, teils in Geld zu erbringen hatte, rechtfertigt keine einheitliche gesellschaftsteuerrechtliche Beurteilung der (Gesamt-)Gegenleistung als Sacheinlage. Die Verschiedenartigkeit der (Teil-)Leistungen der H-GmbH auf ihre Stammeinlage erfordert vielmehr gemäß § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG und § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1959 auch eine unterschiedliche gesellschaftsteuerrechtliche Wertung. Dies trägt der von den Gesellschaftern vereinbarten Aufspaltung der Gegenleistung für die erworbenen Gesellschaftsrechte in Sacheinlagen und Barleistungen Rechnung. An dieser selbstgewählten Aufteilung in dem notariell beurkundeten Gründungsvertrag und in ihrer Satzung muß sich die Klägerin festhalten lassen. Sie hat im bisherigen Verfahren keine gewichtigen Gründe vorgetragen, die die von einem Notar aufgenommenen Urkunden hinsichtlich Art und Umfang der (Teil-)Gegenleistung als unrichtig erscheinen lassen könnten.
Der als Sacheinlage vereinbarte Teilbetrieb ist mit den in der Satzung angegebenen Wirtschaftsgütern und den für diese verzeichneten Werten als (Teil-)Gegenleistung auf die Klägerin übertragen worden. Es trifft nicht zu, daß das FG mit seiner Rechtsauffassung in der angefochtenen Entscheidung von dem steuerrechtlichen Begriff "Teilbetrieb" und seinem Inhalt abgewichen ist. Daß ein Teilbetrieb im steuerrechtlichen Sinne übertragen worden ist, wird im wesentlichen bestätigt durch die in der Satzung und in der Eröffnungsbilanz der Klägerin auf den 1. August 1970 aufgeführten Wirtschaftsgüter und die Entwicklung, die das Unternehmen nach der Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung auf den 31. Dezember 1970 in den ersten Monaten seines Bestehens genommen hat. Die dem Teilbetrieb zugeordneten, aus der Eröffnungsbilanz ersichtlichen Wirtschaftsgüter ließen, wie das FG richtig erkannt hat, eine selbständige gewerbliche und eigenständige betriebliche Tätigkeit der Klägerin von Anfang an zu. Daß die Klägerin nach der Eröffnungsbilanz nur geringe Barmittel (Kassenbestand: 2 458,04 DM) zur Verfügung hatte, steht dieser Annahme nicht entgegen. Dadurch ist die Lebensfähigkeit des (Teil-)Betriebs nicht in Frage gestellt worden. Für dessen Lebensfähigkeit war es nicht erheblich, ob die Barmittel für sich allein für eine bestimmte Anfangszeit ausreichten, sondern daß die erforderlichen Mittel aufgrund der Ausstattung der Klägerin mit Wirtschaftsgütern insgesamt notfalls hätten beschafft werden können. Unter den gegebenen Verhältnissen kann die Zuordnung der in der Satzung aufgeführten Wirtschaftsgüter auf die Klägerin der Art und dem Umfang nach als betriebswirtschaftlich und organisatorisch zweckmäßig, (mehr als) ausreichend und sachgerecht angesehen werden. Eine Änderung des ursprünglichen Ansatzes der Sacheinlage in der Satzung und in der Eröffnungsbilanz hat die Klägerin nicht behauptet. Es besteht deshalb kein Anlaß, der Besteuerung bzw. der Steuerbefreiung andere (weitere) Werte zugrunde zu legen und die Zuordnung von Wirtschaftsgütern, die die Gesellschafter aufgrund der ihnen allein zustehenden Dispositionsfreiheit getroffen haben, nicht als maßgebend anzusehen.
Ob und in welcher Weise die Klägerin dem Teilbetrieb Barmittel hätte vor dessen Übertragung zuordnen können, kann der Senat offenlassen. Eine Prüfung dieser Frage ist für die Entscheidung im Streitfalle unerheblich. Für eine solche Zuordnung ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Klägerin noch aus den dem Senat vorliegenden Akten irgendwelche Anhaltspunkte.
Auch der Hinweis der Klägerin, die Barleistung der H-GmbH auf die Stammeinlage sei bis zur Eintragung der Klägerin im Handelsregister erbracht worden, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gesellschaftsteuerbescheids. Die (Teil-)Zahlungen bis zu dem genannten Zeitpunkt ließen die entrichteten Beträge nicht zu Wirtschaftsgütern werden, die von den Gesellschaftern - insbesondere der H-GmbH - zuvor bereits dem übertragenen Teilbetrieb zugeordnet waren. Abgesehen davon, daß die Sacheinlagen sofort, genauer: noch vor der Anmeldung zur Eintragung (§ 7 Abs. 2 GmbHG) zu leisten sind, hat die H-GmbH mit ihren Zahlungen allein die von ihr in der Satzung übernommenen gesellschaftlichen (Bar-)Einzahlungsverpflichtungen erfüllt (§ 19 GmbHG). Diese Verpflichtung hatte neben der und unabhängig von der Verpflichtung zur Leistung einer Sacheinlage bestanden. Im übrigen wäre die nachträgliche Vereinbarung einer Sacheinlage anstelle der ursprünglich vorgesehenen Geldeinlage, die die Klägerin nicht einmal behauptet hat, unzulässig (§ 19 Abs. 2 GmbHG; vgl. Hachenburg, a. a. O., § 5 Rdnr. 26).
Fundstellen
Haufe-Index 72016 |
BStBl II 1977, 7 |