Leitsatz (amtlich)
Hat einer von mehreren an den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks Beteiligten Klage erhoben, so können sich die übrigen Beteiligten gegen die notwendige Beiladung auch dann nicht wenden, wenn die Klage gegen ihren ausdrücklichen Willen erhoben wurde.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3, § 128 Abs. 1; AO § 215 Abs. 2 Nr. 4
Tatbestand
An den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks … ist eine aus vier Erben bestehende Hausgemeinschaft beteiligt. Eine Erbin, Frau B, und ihr Ehemann haben die einheitlichen Feststellungen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1956 bis 1958 und 1960 bis 1962 im Wege der Klage angegriffen und geltend gemacht, die Mieteinnahmen seien zu niedrig angesetzt und ihnen erwachsene Werbungskosten nicht berücksichtigt worden.
Das FG lud durch Beschluß gemäß § 60 Abs. 3 FGO die an den Einkünften in den Streitjahren Mitbeteiligten G., H. und S. zum Verfahren bei. Zur Begründung führt das FG an: Da die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wegen der Beteiligung mehrerer Personen im einheitlichen Feststellungsverfahren gemäß § 215 Abs. 2 Nr. 4 AO erfolge und hierbei nur einheitlich entschieden werden könne, müßten die Mitbeteiligten, auch wenn sie keine Klage erhöben, zum Verfahren beigeladen werden.
Gegen diesen Beschluß haben die drei Beigeladenen Beschwerde eingelegt. Sie tragen vor: Die Einnahmen aus dem Hause seien einer Gesamthandgemeinschaft zugeflossen. Ein Gesamthandgläubiger könne nicht allein ein Verfahren betreiben, schon gar nicht, wenn die übrigen Gesamthandgläubiger erklärten, daß sie weder an diesem Verfahren beteiligt noch mit der Führung des Verfahrens einverstanden seien. Im Zivilprozeß würde die Klage der Eheleute B. kostenfällig abgewiesen werden, weil die Aktivlegitimation fehle. Die mangelnde Aktivlegitimation könne nicht dadurch ersetzt werden, daß diejenigen Gesamthandgläubiger, die dem Verfahren ausdrücklich widersprächen, beigeladen würden. Auf keinen Fall könnten beide Ehegatten B. zu einem Antrag berechtigt sein, denn nur Frau B. sei an der Gemeinschaft beteiligt gewesen; sie habe ihre Ansprüche jedoch an ihren Mann abgetreten. Im übrigen sei die Vielzahl der von Herrn B. in dieser Sache eingereichten und vom Gericht jeweils abgewiesenen Klagen dem FG sicher ebenso bekannt wie dem FA. Herr B. lebe in einem Wahn, wenn er trotz all dieser Entscheidungen des Landgerichts und Oberlandesgerichts immer noch glaube, es seien zu wenig Mieten verlangt worden. Die Mieten hätten sich – auf den Friedensmieten aufbauend – aus den jeweiligen Gesetzen ergeben. Dies habe das ordentliche Gericht nachgeprüft. Wenn das FG die Zusammenhänge nicht voll überblicken sollte, so seien sie als Mitbeteiligte bereit, die jeweiligen Akten des ordentlichen Gerichts zum Zwecke der Beiziehung bekanntzugeben.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist zulässig (§ 128 Abs. 1 FGO), aber nicht begründet.
§ 60 Abs. 3 Satz 1 FGO bestimmt, daß Dritte beizuladen sind, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Streitig ist im Verfahren vor dem FG die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks. Diese Feststellung kann nach § 215 Abs. 2 Nr. 4 AO nur einheitlich und gesondert allen denjenigen gegenüber erfolgen, die an den Einkünften beteiligt sind.
Aufgrund dieser gesetzlichen Vorschriften mußte das FG die notwendige Beiladung der an den Einkünften Beteiligten von Amts wegen beschließen. Die Beiladung stand nicht im Ermessen des FG; die Unterlassung der Beiladung hätte vielmehr gegen die Grundordnung des Verfahrens verstoßen und wäre im Revisionsverfahren ohne Rüge von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen.
Das finanzgerichtliche Verfahren unterscheidet sich trotz vieler Ähnlichkeiten grundsätzlich vom Zivilprozeßverfahren. Angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung in § 60 Abs. 3 FGO in Verbindung mit § 215 AO sind die Grundsätze des Zivilprozeßrechts über die notwendige Streitgenossenschaft bei Gesamthandgemeinschaften im finanzgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar (§ 155 FGO).
Die weitere Einwendung der Beigeladenen, die Eheleute B. seien im Zivilprozeß nicht aktiv legitimiert, sind für das finanzgerichtliche Verfahren ebenfalls unerheblich. Nach § 48 Abs. 2 FGO ist jeder an den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Mitberechtigte (§ 215 Abs. 2 Nr. 4 AO) befugt, Klage zu erheben. Die Rechtsform der Mitbeteiligung (Gesamthand- oder Bruchteilsgemeinschaft) spielt dabei keine Rolle. Für die Frage der Beiladung kommt es auch nicht darauf an, ob Herr oder Frau B. oder beide klageberechtigt sind. Dies hat das FG im Klageverfahren zu klären.
Schließlich ist es für den Beiladungsbeschluß unerheblich, ob das Hauptverfahren ohne das Einverständnis oder sogar gegen den Willen der Beigeladenen angestrengt worden ist. Eine Kostentragungspflicht ergibt sich für die Beigeladenen noch nicht aus dem Beiladungsbeschluß. Über die Beiladungskosten entscheidet das Gericht der Hauptsache erst in seiner Entscheidung über die allgemeinen Verfahrenskosten (vgl. § 139 Abs. 4 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 557302 |
BStBl II 1969, 112 |
BFHE 1969, 204 |