Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verpflichtung zur Begründung der Beschwerde nach § 128 Abs. 1 FGO; Grundstückserwerb im Bauherrenmodell
Leitsatz (NV)
1. § 128 Abs. 1 FGO verlangt trotz des Vertretungszwanges des Art. 1 Nr. 1 BFH-EntlG nicht, daß die Beschwerde begründet wird.
2. Kaufvertrag über einen unbebauten Grundstücksmiteigentumsanteil, Baubetreuungsvertrag mit dem Grundstücksveräußerer zur Durchführung eines von diesem geplanten und vorbereiteten Bauobjektes und anschließende Aufteilung in Wohnungs- bzw. Teileigentum sind grunderwerbsteuerrechtlich ein einheitliches, auf den Erwerb noch fertigzustellenden Wohnungs- oder Teileigentums gerichtetes Vertragswerk.
Normenkette
FGO § 128 Abs. 1; GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Antragsteller schlossen am 30. September 1983 einen notariell beurkundeten Vertrag, wonach sie zu gleichen Anteilen für 53 631 DM einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück erwarben.
Der Grundstücksveräußerer hatte ausweislich eines von ihm herausgegebenen Prospektes geplant, auf dem Grundstück ein Gebäude mit vier Ladenlokalen, sieben Büroeinheiten und neun Tiefgarageneinstellplätzen zu errichten. Er hatte am 1. September 1983 einen entsprechenden Bauantrag gestellt. Lt. Prospekt sollte der Gesamtaufwand 4 356 930 DM betragen.
Zusammen mit den Erwerbern der anderen Miteigentumsanteile gründeten die Antragsteller eine Bauherrengemeinschaft, die in ihrer ersten Versammlung am 8. Dezember 1983 die vorhandene Planung billigte und den Grundstücksveräußerer mit der Durchführung der Baumaßnahme beauftragte.
Anschließend schloß jeder Miteigentümer mit dem Grundstücksveräußerer einen Baubetreuungsvertrag, in welchem dem Baubetreuer die wirtschaftliche, finanzielle und technische Vorbereitung, Durchführung, Abwicklung und Vermietung des Bauvorhabens übertragen wurde. Die Baugenehmigung wurde am 23. Dezember 1983 erteilt. Danach wurde das Gebäude bis zum Februar 1985 errichtet und fertiggestellt.
Nach Aufteilung des Grundstücks in Teileigentumseinheiten erhielten die Antragsteller das Sondereigentum an einem Ladenlokal, einem Büro und an zwei Pkw-Einstellplätzen.
Mit drei Bescheiden vom 11. November 1983 setzte der Antragsgegner (das Finanzamt - FA - ) gegen die Antragsteller je 357 DM Grunderwerbsteuer fest, berechnet nach 1/3 des in dem Vertrag vom 30. September 1983 genannten Kaufpreises (53 631 DM).
Später änderte das FA die vorgenannten Bescheide gemäß § 173 der Abgabenordnung (AO 1977), nachdem es durch eine Außenprüfung erfahren hatte, daß es sich um einen Grunderwerb im Bauherrenmodell handelt. Es erhöhte mit drei Änderungsbescheiden vom 16. April 1987 die Steuer um je 2 237 DM auf je 2 594 DM, berechnet nach den vom Außenprüfer ermittelten Herstellungskosten der Teileinheiten.
Die Klage gegen die Steuerbescheide ist beim Finanzgericht (FG) anhängig.
Den Antrag, die Vollziehung der Steuerbescheide vom 16. April 1987 in Höhe von je 2 237 DM auszusetzen, hat das FG abgelehnt. (Bereits vorher hatte das FA die Aussetzung verweigert). Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde der Antragsteller, welcher das FG nicht abgeholfen hat. Die Antragsteller haben diese am 28. Juli 1988 (Schriftsatz vom 26. Juli 1988) eingelegte Beschwerde am 22. September 1988 (Schriftsatz vom 20. September 1988) begründet.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Die Antragsteller haben in ihrem Schriftsatz vom 26. Juli 1988 Datum und Aktenzeichen des angefochtenen FG-Beschlusses genannt, so daß feststeht, welche Entscheidung angefochten werden soll. Der vorliegende Fall ist daher nicht demjenigen des Beschlusses vom 21. August 1974 II B 9/74 (BFHE 113, 96, BStBl II 1974, 717) vergleichbar.
Zwar enthält der Schriftsatz der Antragsteller vom 26. Juli 1988 keinen ausdrücklichen Antrag. Der Senat geht aber zugunsten der Antragsteller davon aus, daß diese mit dem genannten Schriftsatz ihr Antragsbegehren auf teilweise Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide weiterverfolgen wollen.
Auch der Umstand, daß die Antragsteller ihre Beschwerde erst am 22. September 1988 und damit nach Ende der am 1. August 1988 abgelaufenen Frist des § 129 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründet haben, ist entgegen der Ansicht des FA unschädlich. Die Vorschrift des § 128 FGO verlangt trotz des Vertretungszwangs des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) keine Beschwerdebegründung.
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
Bei summarischer Prüfung sind keine ernstlichen Zweifel i. S. des § 69 Abs. 3 FGO an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide ersichtlich.
Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, sind die abgeschlossenen Verträge ein einheitliches, auf den Erwerb noch fertigzustellenden Teileigentums gerichtetes Vertragswerk.
Die Antragsteller wenden zwar in ihrer Beschwerdebegründung ein, es habe ihnen nach Abschluß des Kaufvertrags über den Miteigentumsanteil am Grundstück freigestanden, die von dem Verkäufer angebotene Planung zu akzeptieren oder sich im Verein mit den übrigen Miteigentümern für eine andere Nutzung des Grundstücks zu entscheiden. Hätten sie den Plan des Verkäufers abgelehnt, so wäre das keine Vertragsverletzung gewesen.
Dieser Einwand führt jedoch nicht zu einer anderen Beurteilung. Es kommt nicht darauf an, wie die Antragsteller und die übrigen Miteigentümer sich hätten verhalten können; maßgebend ist vielmehr, was sie tatsächlich getan haben.
Die Antragsteller konnten ihr Teileigentum - anders als ein Gebäude - nicht für sich allein errichten (vgl. dazu die Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. September 1974 II R 112/69, BFHE 113, 545, BStBl II 1975, 89, und vom 27. Oktober 1982 II R 102/81, BFHE 136, 561, BStBl II 1983, 55). Damit waren zwangsläufig der Kauf des Miteigentumsanteil an dem Grundstück sowie die Verträge über die Errichtung der Bausubstanz zu einer Einheit verbunden. Anders wäre die Rechtslage nur dann, wenn die Grundstückseigentümer das Gebäude gemeinsam errichtet hätten. Dann hätte aber der Vertragswille der Antragsteller nicht auf ihr Teileigentum beschränkt bleiben dürfen (BFH-Urteil vom 6. Oktober 1976 II R 85/71, BFHE 120, 292, BStBl II 1977, 88). Eine gemeinsame Errichtung des Gebäudes ist aber im vorliegenden Fall nach dem bisher bekannten Sachverhalt nicht geschehen. Nach den Gründen des angefochtenen FG-Beschlusses hat ,,jeder Miteigentümer" mit dem Grundstücksveräußerer einen Baubetreuungsvertrag geschlossen. Daraus entnimmt der Senat, daß sich der einzelne Baubetreuungsvertrag jeweils auf das Teileigentum beschränkte, während ein Baubetreuungsvertrag über das Gebäude als Ganzes mit der Gemeinschaft der Miteigentümer hätte abgeschlossen und vollzogen werden müssen.
Die Antragsteller und die übrigen Miteigentümer haben sich demnach nicht von der Planung des Verkäufers gelöst, die dieser vorbereitet und durch Prospekt angeboten hatte. Das zeigt auch der weitere Verlauf der Dinge. Die Miteigentümer haben in der ersten Versammlung am 8. Dezember 1983 die vorhandene Planung gebilligt.
Die Antragsteller tragen zwar in ihrer Beschwerdebegründung vor, die Miteigentümer hätten ,,bei der tatsächlich erfolgten Bebauung des Grundstücks erhebliche Abweichungen von der ursprünglichen Planung des Veräußerers vorgenommen". Das widerspricht jedoch dem vorgenannten Beschluß der Miteigentümer vom 8. Dezember 1983. Auch ist nicht ersichtlich, worin diese erheblichen Abweichungen bestehen sollen.
Fehler bei der Berechnung der Steuer sind nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich.
Fundstellen
Haufe-Index 416115 |
BFH/NV 1989, 735 |