Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifierung von Siebdrucken - keine umsatzsteuerliche Begünstigung
Leitsatz (NV)
1. Zur Tarifierung von künstlerischen Siebdrucken.
2. Umsätze von Siebdrucken (1.) unterliegen dem vollen USt-Satz. Ihre umsatzsteuerliche Nichtbegünstigung ist verfassungsrechtlich bedenkenfrei.
Normenkette
GZT TNr. 99.02; GZT Vorschrift 2 zu Kap. 99; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1 Anl. Nr. 52; Anlage Nr. 47
Tatbestand
Die Antragstellerin betreibt eine Kunstgalerie, in der sie u.a. von Künstlern hergestellte und signierte künstlerische Siebdrucke verkauft. Die entsprechenden Umsätze (1982 bis 1986) wurden von dem Finanzamt dem vollen Umsatzsteuersatz unterworfen. Hiergegen hat die Antrag- stellerin, die den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. Nr. 47 der Anlage dazu beansprucht, Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1982 bis 1986 - im Umfang der Besteuerung über den ermäßigten Umsatzsteuersatz hinaus - lehnte das Finanzgericht (FG) ab. Die mittels Schablonen gefertigten Siebdrucke seien, weil nicht vollständig mit der Hand geschaffen, keine Gemälde und auch keine Originalstiche, -schnitte und -steindrucke der Nr. 99.02 des Zolltarifs (ZT). Als ,,Originalstiche. . ." seien sie auch deshalb nicht anzusehen, weil sie nicht durch unmittelbaren Abzug von einer Platte, sondern dadurch entständen, daß die Farbe durch die an den zu bedruckenden Stellen offenen Sieben hindurchgedrückt werde. Der Ausschluß der Umsätze von Siebdrucken von der Steuerermäßigung sei nicht verfassungswidrig. Ein einleuchtender Grund für die unterschiedliche Behandlung der Siebdrucke gegenüber den sog. überkommenen Techniken könne schon darin gesehen werden, daß es im Siebdruck eine große Zahl verschiedenartiger Herstellungsverfahren gebe und daß das Siebdruckverfahren weitgehend mechanisiert werden könne.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde der Antragstellerin. Eine Begründung ist nicht erfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Da sie weder einen Antrag noch eine Begründung enthält, ergeben sich bereits Zweifel an der Zulässigkeit des Rechtsmittels, obwohl für die Beschwerde nach § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ein Begründungszwang nicht besteht und ein bestimmter Antrag nicht vorgeschrieben ist (hierzu Bundesfinanzhof, Beschluß vom 16. Juli 1992 I B 5/92, BFH/NV 1993, 111 m.N.). Die Frage bedarf aber keiner Vertiefung, denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.
Das FG hat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Recht abgelehnt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte (vgl. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO) bestehen nicht. Die Umsätze der von der Antragstellerin vertriebenen Siebdrucke unterliegen dem vollen Umsatzsteuersatz.
Der ermäßigte Steuersatz gilt (u.a.) nur für ,,Kunstgegenstände . . . (Nr. 99.01 bis Nr. 99.03 . . . des Zolltarifs)"; § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG mit Nr. 47 der Anlage dazu. Die Auslegung dieser Anlage richtet sich allein nach zolltariflichen Vorschriften und Begriffen (Senatsurteil vom 20. Februar 1990 VII R 172/84, BFHE 160, 342, BStBl II 1990, 760). Siebdrucke sind keine ,,vollständig mit der Hand geschaffenen" Gemälde oder Zeichnungen i.S. der Nr. 99.01 ZT (jetzt Pos.9701). Ebensowenig sind sie ,,Originalstiche, -schnitte, -radierungen und -steindrucke" i.S. der allenfalls in Betracht kommenden ZT-Nr. 99.02 (jetzt Pos.9702). Als solche Erzeugnisse kennzeichnen sich allein Drucke, die von einer vom Künstler vollständig handgearbeiteten Platte oder mehreren solcher Platten in einem anderen als im mechanischen oder fotomechanischen Verfahren unmittelbar abgezogen sind (Vorschrift 2 zu Kapitel 99; jetzt Anm.2 zu Kapitel 97). Zur Herstellung von Siebdrucken werden jedoch zumindest teilweise mechanische oder fotomechanische Verfahren (Druckverfahren - Serigraphie - mittels bestimmter Schablonen) verwendet. Auch künstlerische Siebdrucke, vom Künstler eigenhändig signiert und nur in einer begrenzten Auflage hergestellt, sind mithin von der Tarif-Nr. 99.02 ausgeschlossen (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 27. Oktober 1977 Rs 23/77, EuGHE 1977, 1985, 1990f.; vgl. auch - mit Hinweisen zum Herstellungsverfahren - Urteil vom 13. Dezember 1989 Rs 1/89, EuGHE 1989, 4432, 4436f.) und nicht Gegenstand der von der Antragstellerin begehrten Steuerermäßigung. Es ist auch nicht ersichtlich, daß es sich bei den von der Antragstellerin vertriebenen Siebdrucken um begünstigte ,,Drucke" (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG mit Nr. 43 Buchst. a der Anlage, aus Nr. 49.01 ZT) handelt.
Die umsatzsteuerliche Nichtbegünstigung der Siebdrucke wirft keine verfassungsrechtlichen Bedenken auf. Aus den in der Vorentscheidung angeführten Gründen läßt sich die Nichteinbeziehung von Siebdrucken in die Steuerbegünstigung nicht als willkürlich beanstanden. Eine prinzipielle umsatzsteuerliche Begünstigung des Kulturschaffens ist nicht bezweckt (Senatsurteile vom 25. Juni 1992 VII R 45/91, BFH/NV 1992, 847 - Kunstfotografien -, und vom 28. April 1992 VII R 92/91, BFH/NV 1992, 851 - künstlerische Schmuckstücke -, je m.w.N.). Darüber,ob künstlerische Siebdrucke (ohne Text) - dann näher zu bezeichnender Art - in die Steuerbegünstigung einbezogen werden sollten, hat allein der Gesetzgeber zu befinden.
Fundstellen