Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Steuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 Buchst a NATOZAbk
Leitsatz (NV)
Im Rahmen der Beurteilung der Steuerfreiheit von Umsätzen nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOZAbk bindet eine Bescheinigung der zuständigen deutschen Behörde, dass die Lieferungen und sonstigen Leistungen “für den Gebrauch oder den Verbrauch durch die Truppe … bestimmt sind”, weder die Finanzbehörden noch die Finanzgerichte, wenn die Bescheinigung offenkundig sachlich unzutreffend ist.
Normenkette
UStG 1999 § 2 Abs. 1, § 4 Nr. 12 S. 1; FGO §§ 107, 115 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 28.04.2006; Aktenzeichen 1 K 5286/01 U) |
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob im Jahr 1999 (Streitjahr) ausgeführte Umsätze der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) nach Art. 67 Abs. 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen (NATOZAbk), hilfsweise nach § 4 Nr. 12 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) von der Umsatzsteuer befreit sind.
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), vermietete im Jahr 1989 ihr ca. 93 000 qm großes Grundstück in X an die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik), vertreten durch das (damalige) Bundesvermögensamt Düsseldorf (heute: Bundesanstalt für Immobilienaufgaben). Die Vermietung erfolgte zum Zwecke der Nutzung durch die britische Truppe, hier die Organisation, deren Aufgabe darin bestand, die Soldaten und das sonstige Personal der britischen Truppen nebst deren Familienangehörigen mit Gegenständen und Leistungen des täglichen Unterhaltsbedarfs zu versorgen. Die Klägerin hatte auf dem Grundstück nach den Plänen der N ein Distributionszentrum einschließlich Zentral-Warenlager, Verwaltungsgebäude, Kantine, Tiefkühlhaus, Tankstelle etc. errichtet. Das Mietverhältnis wurde für eine Laufzeit von 25 Jahren fest abgeschlossen. Mehrwertsteuer war zusätzlich zu entrichten, wenn und soweit Leistungen mehrwertsteuerpflichtig waren.
Nachdem die britischen Streitkräfte die in der Bundesrepublik stationierten Truppen vermindert hatten, gab die N das Distributionszentrum auf dem gemieteten Grundstück auf. Um nicht für ein ungenutztes Grundstück Miete entrichten zu müssen, vermietete das Bundesvermögensamt Düsseldorf, nachdem es am 30. Dezember 1998 die Zustimmung der Klägerin eingeholt hatte, das Mietobjekt unter, und zwar an ein britisches Transportunternehmen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) vertrat im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung die Auffassung, dass angesichts der Untervermietung seit dem 1. Januar 1999 nicht mehr die gesamte Vermietungsleistung, sondern nur noch die Vermietung des Grundstücks steuerfrei (§ 4 Nr. 12 Satz 1 UStG), die Vermietung der Betriebsvorrichtungen dagegen steuerpflichtig sei und setzte die Umsatzsteuer für 1999 (Streitjahr) durch Bescheid vom 7. September 2001 entsprechend fest.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und führte zur Begründung u.a. aus:
Seit das Grundstück nicht mehr von der N selbst genutzt werde, sondern der Untermieterin überlassen worden sei, fehle es an dem nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOZAbk erforderlichen Gebrauch oder Verbrauch der (von der Klägerin erbrachten) Leistung durch die Truppe. Entgegen der Ansicht der Klägerin könnten die Leistungen auch nicht im Hinblick auf die Bescheinigung des Bundesvermögensamts vom 27. März 2001 als nach dem NATOZAbk umsatzsteuerfrei eingeordnet werden. Im Streitjahr fehle es bereits an der erforderlichen unmittelbaren Gebrauchsbestimmung der Vermietungsleistung, so dass schon deshalb die Steuerbefreiung ausscheide; der Belegnachweis als nur eine von mehreren Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 67 Abs. 3 NATOZAbk könne die übrigen fehlenden Merkmale nicht ersetzen. Im Übrigen halte die Erklärung des Bundesvermögensamts vom 27. März 2001 der sachlichen Prüfung auf inhaltliche Richtigkeit nicht stand. Die dortige Angabe des Amtes, dass die Leistung (weiterhin) zum unmittelbaren Gebrauch der Truppe bestimmt sei, stelle sich, da im Streitjahr tatsächlich nur eine mittelbare Gebrauchsbestimmung bestehe, als bloße Rechtswertung dar, die allerdings weder dem Bundesvermögensamt noch dem Entsendestaat, sondern allein den inländischen Steuerbehörden bzw. dem Gericht obliege.
Die Vermietungsumsätze der Klägerin stellten auch keine einheitliche, insgesamt nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG steuerfreie Grundstücksvermietung dar; vielmehr habe das FA die Leistung zu Recht mit einem Anteil von 16 v.H. als nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig behandelt. Im vorliegenden Verhältnis zwischen der Klägerin und der N könne die Grundstücksüberlassung nicht als eine die Gesamtleistung prägende Hauptleistung eingeordnet werden. Bei Abschluss des Mietvertrages seien beide Vertragsparteien darin einig gewesen, dass das Mietentgelt für die Überlassung sowohl des Grundstücks als auch der Betriebsvorrichtungen entrichtet werde. Die Nutzung des Gebäudes als ein Distributionslager sei der N überhaupt erst möglich gewesen, nachdem die Klägerin auf dem Grundstück die Betriebsvorrichtungen errichtet hatte. Nach den damaligen Nutzungsverhältnissen sei ein Mietzinsanteil von zunächst 12 v.H. und ab dem Jahr 1996 von 16 v.H. auf die Betriebsvorrichtungen entfallen. Auch die Höhe des Anteils verdeutliche, dass die Nutzung der Einrichtungen gegenüber der Grundstücksnutzung nicht bedeutungslos gewesen sei.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. Der Senat hat das Rubrum gemäß § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dahin geändert, dass Klägerin und Beschwerdeführerin die von den Gesellschaftern gegründete GbR und nicht die Gesellschafter sind, wie das FG angenommen hat. Eine Berichtigung des Rubrums des FG-Urteils ist nach § 107 Abs. 1 FGO auch noch in der Revisionsinstanz im Rahmen des Beschwerdeverfahrens über die Nichtzulassung der Revision vom Bundesfinanzhof (BFH) vorzunehmen, wenn es sich um eine offenbare Unrichtigkeit handelt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 12. März 2004 VII B 239/02, BFH/NV 2004, 1114; vom 13. April 2005 IX B 153/04, BFH/NV 2005, 1356). Diese ist gegeben, wenn der Fehler des Rubrums auf der Hand liegt, wenn er durchschaubar oder augenfällig ist (z.B. BFH-Beschluss vom 4. September 1984 VIII B 157/83, BFHE 142, 13, m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.
Das FG hat --in Übereinstimmung zu dem vom FG in Bezug genommenen Mietvertrag-- im Tatbestand ausdrücklich festgestellt, dass die GbR die Vermietungsleistungen im eigenen Namen (als GbR) erbracht hat. Diese ist deshalb Unternehmerin i.S. des § 2 Abs. 1 UStG. In Übereinstimmung hiermit hat im Übrigen auch die GbR die Klage erhoben.
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht im Hinblick auf die Rechtsfrage gegeben, "ob eine Bescheinigung der zuständigen deutschen Behörde, dass eine Grundstücksüberlassung gemäß Art. 48 NATOZAbk gegeben ist, für die Anwendung des Art. 67 Abs. 3 NATOZAbk ein Grundlagenbescheid ist, der die Finanzbehörden bindet".
Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, scheidet eine Bindung jedenfalls dann aus, wenn --wie hier-- die Bescheinigung offenkundig sachlich unzutreffend ist. Entgegen der Bescheinigung fehlt es an dem nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOZAbk erforderlichen Voraussetzung, dass die Lieferungen und sonstigen Leistungen "für den Gebrauch oder den Verbrauch durch die Truppe … bestimmt sind", wie das FG ebenfalls zutreffend im Einzelnen dargelegt hat. Aus dem von der Klägerin erwähnten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 18. Juli 2003 V ZR 297/02 (Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 2004, 387), wonach sich der Liegenschaftsbedarf von Stationierungsstreitkräften ausschließlich nach der --von den deutschen Behörden ohne weitere Prüfung hinzunehmenden-- Einschätzung des Entsendestaates beurteile, ergibt sich für den vorliegenden Streitfall nichts.
3. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt zugleich, dass die Revision entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen werden kann, um die Bestimmungen des Art. 67 Abs. 3 NATOZAbk auszulegen (Beschwerdebegründung S. 13 f.).
An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt und die Rechtsfrage --wie hier-- offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (vgl. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N.). Dies gilt auch für den Revisionszulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. FGO (vgl. z.B. Gräber, a.a.O., § 115 Rz 41).
4. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang Abweichung von der Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 21. März 1974 V R 144/69 (BFHE 112, 88, BStBl II 1974, 437) rügt, hat sie die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 nicht gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
Insoweit hätte die Klägerin rechtserhebliche (tragende) abstrakte Rechtssätze im Urteil des FG und in der Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnen müssen, dass die Abweichung erkennbar wird (vgl. z.B. Gräber, a.a.O., § 115 Rz 42, m.w.N.). Dem genügt die Darlegung der Klägerin nicht, das FG habe infolge eines Zirkelschlusses der Eigenschaft des Art. 67 Abs. 3 NATOZAbk, ein völkerrechtlicher Vertrag zu sein, keinerlei Bedeutung beigemessen (Beschwerdebegründung S. 14).
5. Schließlich kann die Revision auch nicht im Hinblick auf § 4 Nr. 12 UStG zugelassen werden.
a) Die Klägerin meint insoweit, im Hinblick auf die Bedeutung und Voraussetzungen des Rechtsinstituts der Einheitlichkeit der Leistung und ihre Auswirkung auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG sei eine Entscheidung des BFH gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. FGO zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Jedenfalls habe diese Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung und erfülle damit die Kriterien des Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Zudem sei Divergenz gegeben zu der BFH-Rechtsprechung, dass für die Umsatzbesteuerung der tatsächliche Leistungsaustausch entscheidend sei, nicht aber das schuldrechtliche Geschäft. Divergenz sei auch gegeben zur BFH-Rechtsprechung zur Nichtumsatzsteuerbarkeit echten Schadensersatzes (Beschwerdebegründung S. 16 ff.).
b) Mit ihren Ausführungen hierzu wendet sich die Klägerin im Kern gegen die Würdigung des FG, die Vermietungsumsätze der Klägerin stellten keine einheitliche, insgesamt nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG steuerfreie Grundstücksvermietung dar; vielmehr habe das FA die Leistung zu Recht mit einem Anteil von 16 v.H. als nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig behandelt (Urteil S. 10 f.). Diese an den konkreten Umständen des vorliegenden Streitfalls ausgerichtete Würdigung wirft keine Fragen von allgemeiner Bedeutung auf, die unabhängig von diesen konkreten Umständen in dem angestrebten Revisionsverfahren beantwortet werden könnten.
Insoweit liegt auch keine Divergenz zur Rechtsprechung des BFH vor; sie ist jedenfalls nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt worden.
Fundstellen