Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis einer (steuerfreien) innergemeinschaftlichen Lieferung
Leitsatz (NV)
Der erforderliche Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist nicht geführt, wenn nicht nachgewiesen wurde, wer der wirkliche Abnehmer eines gelieferten Gegenstandes war und auch nicht feststeht, dass der Gegenstand tatsächlich in das Gemeinschaftsgebiet gelangt ist.
Normenkette
UStG 1999 § 6a Abs. 3
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Urteil vom 24.05.2005; Aktenzeichen 1 K 3126/03) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betreibt u.a. den Handel mit Gabelstaplern. Sie erklärte in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2001 (Streitjahr) steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen, denen Rechnungen über die Lieferung verschiedener Gabelstapler an das in den Niederlanden ansässige Unternehmen E zugrunde lagen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) versagte im Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 15. Juli 2003 die Steuerfreiheit. Die niederländische Finanzbehörde hatte dem FA mitgeteilt, dass das Unternehmen E die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer einer Holding verwendet habe, die nicht mehr existiere. Das Unternehmen E sei "verschwunden", es laufe ein Strafverfahren. In den Niederlanden seien die Lieferungen der Gabelstapler nicht angemeldet worden; die Güter seien nicht von dem Unternehmen E empfangen worden.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage der Klägerin ab. Es führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S. von § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) seien nicht nachgewiesen worden. Im Streitfall fehle es bereits am Nachweis, wer der wirkliche Abnehmer der Gabelstapler gewesen sei. Nach der Auskunft der niederländischen Finanzbehörde sei Leistungsempfänger jedenfalls nicht das Unternehmen E gewesen. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Vertrauensschutzregelung in § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG berufen. Darüber hinaus sei mit der nachträglich erteilten Bestätigung des E, das Gerät sei "aus Deutschland ausgeführt" worden, nicht der Nachweis gemäß § 17a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung geführt worden, dass das Gerät "in das übrige Gemeinschaftsgebiet" ausgeführt worden sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung der Revision kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
2. Die Beschwerdebegründung wird den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht gerecht.
a) Der Senat versteht die Beschwerdeschrift --in der kein Revisionszulassungsgrund genannt wird-- dahin, dass die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) begehrt.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formuliert und auf deren Klärungsbedürftigkeit und Klärbarkeit im angestrebten Revisionsverfahren sowie auf deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht. Ferner sind zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage Angaben dazu notwendig, inwiefern die richtige Antwort auf die im angestrebten Revisionsverfahren zu klärende Rechtsfrage zweifelhaft ist, in welchem Umfang und aus welchen Gründen sie umstritten ist und welche unterschiedlichen Auffassungen zu dieser Frage in der Rechtsprechung oder im Schrifttum vertreten werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. März 2002 V B 119/01, BFH/NV 2002, 1038; vom 18. Dezember 2002 VII B 110/02, BFH/NV 2003, 659; vom 7. April 2005 V B 39/04, BFH/NV 2005, 1585).
b) Der BFH hat durch Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04 (BFH/NV 2005, 81) bereits entschieden, dass der nach § 6a Abs. 3 UStG erforderliche Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung dann nicht geführt ist, wenn nicht nachgewiesen wurde, wer der wirkliche Abnehmer eines gelieferten Gegenstandes war (vgl. die Urteilsgründe unter II.2.a).
So liegt es nach den Feststellungen des FG, die den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO binden, im Streitfall.
Dass diese Rechtsprechung einer erneuten Überprüfung bedürfe, hat die Klägerin nicht dargelegt. Das wäre aber zur Erfüllung der Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlich gewesen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 1. April 2004 V B 223/03, BFH/NV 2004, 1071).
c) Der vorliegende Rechtsstreit hat ferner --entgegen der Auffassung der Klägerin-- auch im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Senats an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 10. Februar 2005 V R 59/03 (BFHE 208, 496, BStBl II 2005, 537) keine grundsätzliche Bedeutung.
Der Senat hat mit diesem Beschluss dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Finanzverwaltung die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung, die zweifelsfrei vorliegt, allein mit der Begründung versagen darf, der Steuerpflichtige habe den dafür vorgeschriebenen Buchnachweis nicht rechtzeitig geführt.
Im vorliegenden Streitfall geht es dagegen nicht um die Frage, welche Folgerungen aus einem --objektiv vorliegenden-- Buchnachweis, der lediglich nicht rechtzeitig geführt worden ist, zu ziehen sind (vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1585). Es steht auch nicht fest, dass die Gabelstapler tatsächlich in die Niederlande gelangt sind.
Fundstellen
BFH/NV 2006, 839 |
NWB direkt 2006, 9 |