Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
Leitsatz (NV)
Bei einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung kann das FA von der Steuererklärung abweichen.
Normenkette
AO 1977 § 164 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Bäckermeister. Er erklärte in seinen Steuererklärungen 1981 einen privaten Nutzungsanteil an einem im Betriebsvermögen geführten Pkw in Höhe von 2 000 DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) setzte dagegen 4 000 DM an. Der Einkommensteuerbescheid 1981 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977), ebenso der Umsatzsteuerbescheid 1981. Die Einsprüche des Klägers hatten keinen Erfolg. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde vom FA in den Einspruchsentscheidungen aufrechterhalten.
Hiergegen hat der Kläger vor dem Finanzgericht (FG) Klage erhoben. Die Einzelheiten des tatsächlichen und wertmäßigen Umfangs seiner privaten Pkw-Nutzung blieben im finanzgerichtlichen Verfahren streitig.
Das FG hat der Klage stattgegeben und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen und teilweiser Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 1981 und des Umsatzsteuerbescheides 1981 das FA angewiesen, den Anteil für die private Pkw-Nutzung mit 2 000 DM anzusetzen. Das FG vertrat die Auffassung, daß das FA bei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO 1977 durchgeführten Veranlagungen von dem in der Steuererklärung vorgebrachten Sachverhalt nur bei offensichtlicher Unrichtigkeit abweichen dürfe (unter Hinweis auf das Urteil des FG Münster vom 17. Februar 1981 VI 648/78 E, VI 5381/78 E, VI 3972/79 E, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1981, 324, und Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 27. September 1982 5 K 13/82, EFG 1983, 325). Eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit in diesem Sinne liege nicht vor.
Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts durch unrichtige Anwendung des § 164 Abs. 1 AO 1977.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Entgegen der Auffassung des FG war das FA verfahrensrechtlich nicht gehindert, die Einkommensteuer und Umsatzsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung abweichend von der Steuererklärung festzusetzen. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) wiederholt entschieden hat (Urteile vom 4. August 1983 IV R 79/83, BFHE 139, 137, BStBl II 1984, 6; vom 2. Oktober 1984 VIII R 20/84, BFHE 143, 304, 308, BStBl II 1985, 428; vom 28. März 1985 IV R 146/83, BFH / NV 1986, 710; vom 18. April 1986 VI R 51 /83, BFH / NV 1986, 715), besteht nach dem Sinn und Zweck des § 164 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 keine Veranlassung, die Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut einschränkend dahin auszulegen, daß bei einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nicht oder jedenfalls nur ausnahmsweise von der Steuererklärung (z. B. bei deren offenbarer Unrichtigkeit) abgewichen werden dürfe. Der BFH hat insoweit bereits ausgeführt, daß ein Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auch erlassen werden könne, wenn überhaupt keine Steuererklärung zugrunde liege oder wenn das FA in einzelnen Punkten Ermittlungen angestellt habe zwecks Festsetzung der gesetzlich geschuldeten Steuer.
Diese Überlegungen gelten auch für den vorliegenden Fall. Da das FG demgegenüber aufgrund seiner anderen Rechtsauffassung nur geprüft hat, ob die Steuererklärungen des Klägers offensichtlich unrichtig sind, ist die Sache nicht entscheidungsreif und daher gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 415035 |
BFH/NV 1987, 622 |