Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Rügeverlust bei Aussageverweigerung eines Zeugen
Leitsatz (NV)
Erscheint ein geladener Zeuge unter Berufung auf ein Aussageverweigerungsrecht nicht in der mündlichen Verhandlung, so geht das Recht der Beteiligten, die Entscheidung des FG über die Berechtigung der Aussageverweigerung zu verlangen, durch rügelose Einlassung zur Sache verloren.
Normenkette
FGO § 82; ZPO §§ 295, 386-388
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann keinen Erfolg haben.
1. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Verletzung der Sachaufklärungspflicht geltend machen, ist das Rechtsmittel unzulässig.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf einen Verfahrensmangel gestützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --), so muß der Verfahrensmangel in der Beschwerdeschrift gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO "bezeichnet" werden. Hierzu gehört die genaue Angabe der Tatsachen, die den Mangel ergeben. Aus den dargelegten Tatsachen muß sich schlüssig ergeben, daß ein Verfahrensmangel vorliegt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 115 Rz. 65).
Bei der Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch Übergehen eines Beweisantrags ist u. a. darzulegen, zu welchen (entscheidungserheblichen) Tatsachen die Beweiserhebung erforderlich gewesen wäre (Beweisthema), was das Ergebnis nach Ansicht der Kläger gewesen wäre und weshalb das Beweisergebnis zu einer anderen Entscheidung des Finanzgerichts (FG) hätte führen können. Außerdem muß vorgetragen werden, weshalb die Nichterhebung des Beweises nicht bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung gerügt wurde bzw. weshalb eine solche Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung; vgl. Beschlüsse vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372; vom 6. Juni 1994 I B 19--21/94, BFH/NV 1995, 441, und vom 19. August 1994 X B 124/94, BFH/NV 1995, 238).
Keiner dieser Anforderungen genügt die innerhalb der einmonatigen Frist zur Ein legung und Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) eingegangene Beschwerdeschrift vom 9. Januar 1995. Insbesondere hätten die Kläger das Unterlassen der Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung des FG rügen müssen. Der allgemeine Grundsatz, daß das Unterlassen einer Beweiserhebung von den Beteiligten zu rügen ist, gilt auch, wenn ein FG zunächst einen Beweisbeschluß erläßt und Zeugen lädt, es dann jedoch akzeptiert, daß diese unter Berufung auf ein Aussageverweigerungsrecht nicht zum Termin zur mündlichen Verhandlung erscheinen (§ 82 FGO, § 386 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --). In diesen Fällen können die Beteiligten das Aussageverweigerungsrecht anerkennen oder einen Zwischenstreit über die Rechtmäßigkeit gemäß den §§ 82 FGO, 387, 388 ZPO führen. Führen sie -- wie die anwaltlich vertretenen Kläger -- keinen Zwischenstreit über eine Aussageverweigerung von Angehörigen, so kann dies als stillschweigender Verzicht auf deren Vernehmung zu bewerten sein (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 84 FGO Tz. 2 unter § 387 ZPO). Jedenfalls aber geht das Recht, eine Entscheidung über die Berechtigung der Aussageverweigerung zu verlangen, durch rügelose Einlassung zur Sache verloren (§ 295 ZPO; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, § 387 Rz. 1, 2).
2. Soweit die Kläger geltend machen, der Vorsitzende Richter des FG habe auf die Zeugen unzulässig eingewirkt, ist die Beschwerde unbegründet. Der richterliche Hinweis auf das Aussageverweigerungsrecht von Angehörigen (§ 84 FGO, § 101 der Abgabenordnung -- AO 1977 --) und das sich daraus ergebende gesetzliche Recht, nicht zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen (§ 82 FGO, § 386 Abs. 3 ZPO), ist -- für sich allein -- kein Verfahrensfehler. Im übrigen haben die Zeugen die Aussage tatsächlich -- auf entsprechende schriftliche Belehrung hin -- schriftlich verweigert.
3. Auch mit der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs können die Kläger nicht durchdringen. Gemäß dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung erhielten die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit, zur Sach- und Rechtslage Stellung zu nehmen und ihre Anträge zu stellen und zu begründen. In der nicht näher substantiierten Behauptung, der Kläger und sein Prozeßvertreter hätten in der mündlichen Verhandlung keine Gelegenheit gehabt, Erklärungen abzugeben, liegt unter diesen Umständen keine ausreichende Bezeichnung eines Verfahrensmangels i. S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.
Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 421436 |
BFH/NV 1996, 699 |