Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Anmeldung und Feststellung zur Konkurstabelle nach § 251 Abs. 3 AO 1977 a.F.
Leitsatz (NV)
- Keine grundsätzliche Bedeutung hat die Frage, welche Anforderungen an die Anmeldung einer Konkursforderung (jetzt: Insolvenzforderung) durch einen Feststellungsbescheid i.S. des § 251 Abs. 3 AO 1977 a.F. zu stellen sind, weil diese sich aus dem Gesetz (§ 139 KO; seit 1.1.1999 aus § 174 InsO) ergeben.
- Die wirksame Anmeldung einer nicht durch bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheid festgesetzten Umsatzsteuerforderung zur Tabelle erfordert die Angabe des gesetzlichen Entstehungstatbestandes. Dabei genügt die Angabe der für den Jahreszeitraum entstandenen USt. Im Falle des Bestreitens ist der Sachverhalt, auf dem die Forderung beruht, näher zu bezeichnen (st. Rspr. des BFH).
- In der Aussage des FG, die Anmeldung einer Forderung zur Tabelle sei nicht hinreichend bestimmt und deshalb nichtig, liegt die Würdigung eines Einzelfalles.
- Eine i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Zulassung der Revision führende krasse Fehlbeurteilung des Sachverhaltes liegt i.d.R. nicht vor, wenn sich das FG eingehend mit der Rechtslage auseinander gesetzt hat und seine Auffassung nicht jeder sachlichen Grundlage entbehrt.
- Ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass das FG das Vorbringen des Klägers zur Kenntnis genommen hat, kann sich dieser nicht auf das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung berufen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3; KO §§ 139, 146; AO 1977 § 251 Abs. 3
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) ist Konkursverwalter über das seit dem 1. April 1997 dem Konkurs unterliegende Vermögen der G. GmbH & Co. KG (KG). Auf den am … Januar 1997 von der KG gestellten Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens ordnete das Konkursgericht ein allgemeines Veräußerungsverbot i.S. der §§ 59 f. der Vergleichsordnung (VerglO) an, das aufgrund des Antrags auf Konkurseröffnung vom … Februar 1997 von einer Sicherungssequestration abgelöst wurde. Während einer Umsatzsteuersonderprüfung vom … Juni 1997 vertrat der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt ―FA―) die Auffassung, dass aufgrund der bereits vor Konkurseröffnung vorhandenen Zahlungsunfähigkeit Vorsteuerbeträge aus Verbindlichkeiten, die im Rahmen des Konkurses nicht mehr bedient werden konnten, gemäß § 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zurückzufordern seien. Aus einem am … Dezember 1997 an den Kläger adressierten Umsatzsteuerberechnungsbogen für 1997 ergab sich eine Umsatzsteuerfestsetzung von … DM, worin Kürzungsbeträge gemäß § 17 UStG von … DM enthalten waren.
Bereits im Mai 1997 hatte das FA Umsatzsteuer 13/97 und Umsatzsteuer 1/97 und im August 1997 nochmals Umsatzsteuer 1/97 und Umsatzsteuer 2/97 mit Konkursvorrecht nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 der Konkursordnung (KO) zur Konkurstabelle angemeldet.
Im Februar 1998 wurde nochmals Umsatzsteuer 1997 in Höhe von … DM ―später ermäßigt― mit Konkursvorrecht zur Konkurstabelle angemeldet. Nachdem der Kläger die Steuerforderungen, die das FA zur Konkurstabelle angemeldet hatte, bestritten hat, stellte das FA mit Bescheid vom … Oktober 1998 gemäß § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 146 KO folgende Forderungen mit Fälligkeitstag und Konkursvorrecht fest:
Umsatzsteuer 1997 … DM fällig zum 1. April 1997.
Umsatzsteuer 1/97 … DM fällig zum 1. April 1997.
Umsatzsteuer 2/97 … DM fällig zum 1. April 1997.
Verspätungszuschlag 2/97 … DM fällig zum 1. April 1997 (später aufgehoben).
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wegen der Anmeldung der Umsatzsteuer 1997 führte zur Aufhebung der Feststellung hinsichtlich der Umsatzsteuer 1997. Das Finanzgericht (FG) hielt die Feststellung zur Umsatzsteuer 1997 in Höhe von … DM für nicht hinreichend bestimmt und damit für nichtig.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision stützt das FA auf die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―), das Vorliegen einer Divergenz und die Notwendigkeit einer höchstrichterlichen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternativen 1 und 2 FGO) und auf Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen (§ 132 FGO).
Der Senat lässt offen, ob das FA die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe für die Revision in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt hat, denn ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO ist nicht gegeben.
1. Die von der Beschwerde behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage "ob die Besonderheit des Feststellungsverfahrens nach § 251 Abs. 3 AO 1977 eine an der Zweckrichtung des Konkursverfahrens ausgerichtete Einschränkung der inhaltlichen Bestimmtheit des Konkursfeststellungsbescheides in der Weise gebiete, dass es für die Wirksamkeit ausreiche, dass ein Betrag ggf. mit Vorrecht festgestellt wird und der Inhaltsadressat bestimmt ist, wenn zuvor eine mit der Feststellung deckungsgleiche Forderung angemeldet worden und jeweils auf die Feststellungen einer Umsatzsteuersonderprüfung Bezug genommen worden ist" ist schon deshalb nicht gegeben, weil diese Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren so nicht geklärt werden könnte. Denn mit dieser Fragestellung unterstellt das FA einen Sachverhalt, der nach den Feststellungen des FG im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben war. Nach den Feststellungen des FG enthielten nämlich die zur Konkurstabelle eingereichten Feststellungen i.S. des § 251 Abs. 3 AO 1977 i.V.m. § 146 KO zwar jeweils den Voranmeldungszeitraum während des Jahres 1997, bzw. den Veranlagungszeitraum 1997 und den anzumeldenden Umsatzsteuerbetrag sowie den Hinweis auf die Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung. Das FG erläuterte aber weiter, dass für die Berechung vom 2. Dezember 1997 aus dem Umsatzsteuersonderprüfungsbericht ebenso wenig wie aus den angemeldeten Beträgen erkennbar gewesen sei, auf welchen einzelnen umsatzsteuerlichen Tatbeständen die angemeldeten Forderungen beruhten. Das gelte insbesondere deshalb, weil neben der Umsatzsteuer für den gesamten Veranlagungszeitraum 1997 auch noch Umsatzsteuer für 1/97 und 2/97 angemeldet worden war und nicht ersichtlich sei, ob der Betrag für 2/97 nicht in der Gesamtsumme bereits enthalten gewesen sei. Auch hätten die Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung wiederum mit den angemeldeten Umsatzsteuerbeträgen nicht übereingestimmt.
Entgegen der Auffassung des FA bedarf es auch keiner höchstrichterlichen Klärung, wann eine Konkursanmeldung nichtig ist, denn die Anforderungen, die an die Anmeldung einer Konkursforderung durch einen Feststellungsbescheid i.S. des § 251 Abs. 3 AO 1977 zu stellen sind, ergeben sich bereits aus dem Gesetz. Nach § 139 der für das Streitjahr 1997 noch geltenden KO muss die Anmeldung die Angabe des Betrages, und jeweils den Grund der Forderung und den Grund des beanspruchten Konkursvorrechtes beinhalten. Für den im Falle des Bestreitens der Forderung durch den Konkursverwalter zu erstellenden Feststellungsbescheid i.S. des § 251 Abs. 3 AO 1977 hat der Bundesfinanzhof (BFH) diese Anforderungen in mehreren Entscheidungen konkretisiert und als Mindesterfordernis für eine wirksame Anmeldung einer Umsatzsteuerforderung zur Konkurstabelle festgelegt, dass das FA die einzelnen umsatzsteuerrechtlich erheblichen Sachverhalte anführt und so beschreibt, dass die Feststellung einer nicht durch bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheid festgesetzten Umsatzsteuerforderung gemäß § 146 Abs. 4 KO den für die Erörterung der einzelnen Forderung im Prüfungstermin notwendigen gesetzlichen Tatbestand für die Entstehung der angemeldeten Forderung insoweit angibt, dass eine Prüfung ermöglicht wird. Hierfür genügt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwar die Angabe der für den Jahreszeitraum entstandenen Umsatzsteuer als Zusammenfassung der einzelnen Steuerbeträge, die sich aus der Verwirklichung der einzelnen umsatzsteuerlichen Tatbestände im Kalenderjahr ergeben. Andererseits hat das FA im Falle einer bestrittenen Forderung jedoch entsprechend den konkursrechtlichen Anforderungen die Forderung durch die Angabe des Sachverhaltes auf dem die Forderung beruht näher zu bezeichnen, um dem Widerspruch des Konkursverwalters wirksam entgegentreten zu können. Schließlich hat der BFH in ständiger Rechtsprechung daran festgehalten, dass die einzelnen umsatzsteuerrechtlich erheblichen Sachverhalte der Forderungen so beschrieben sind, dass die Prüfung der Forderung und des geltend gemachten Konkursvorrechts im Prüfungstermin einwandfrei möglich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 8. Oktober 1968 VII 99/65, BFHE 94, 4, BStBl II 1969, 54; vom 29. März 1984 IV R 271/83, BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602; vom 17. Mai 1984 V R 80/77, BFHE 141, 7, BStBl II 1984, 545, und vom 26. November 1987 V R 130/82, BFHE 151, 349, BStBl II 1988, 124, 126). Aus welchem Grunde angesichts der umfangreichen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage der an die Feststellung einer bestrittenen Konkursforderung und zur Begründung eines geltend gemachten Konkursvorrechtes i.S. des § 251 Abs. 3 AO 1977 zu stellenden Anforderungen weiterer Klärungsbedarf bestehen soll, macht die Beschwerde nicht deutlich. Vielmehr erstrebt die Beschwerde mit ihrem Vorbringen eine inhaltliche Überprüfung der FG-Entscheidung, weil das FG nach Auffassung des FA zu Unrecht von der Unwirksamkeit der Feststellung der Konkursforderung in Höhe von … DM für den Veranlagungszeitraum 1997 ausgegangen sei. Der Umstand, dass der BFH unter Anwendung der von ihm herausgearbeiteten Kriterien für eine wirksame Feststellung einer Konkursforderung und des Konkursvorrechts bislang in keinem der ihm zur Entscheidung vorgelegten Feststellungsfälle nach § 251 Abs. 3 AO 1977 i.V.m. § 146 KO zur Annahme der Nichtigkeit dieses Verwaltungsaktes gelangt ist, begründet die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage nicht. Die letztlich nach den Verhältnissen des konkreten Einzelfalles zu beurteilende Frage, ob der Feststellungsbescheid des FA gemäß § 251 Abs. 3 AO 1977 den an die hinreichende Bestimmtheit dieses Verwaltungsaktes zu stellenden Anforderungen genügt, wenn zur Bestimmung der Forderung auf den Beteiligten bekannte Anlagen wie den Umsatzsteuersonderprüfungsbericht verwiesen wird, wirft keine über den Einzelfall hinausgehende Frage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO auf (vgl. auch Senatsbeschluss vom 2. August 2001 VII B 317/00, BFH/NV 2001, 1535, 1536).
2. Gleichermaßen ist die Erforderlichkeit einer erneuten Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zu verneinen. Ebenso wie der Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erfordert auch die Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ein allgemeines Interesse an der zu klärenden Rechtsfrage. Daran fehlt es, wenn die Entscheidung des Streitfalles wie vorliegend maßgeblich von den Besonderheiten des Einzelfalles abhängt (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 41, und BFH-Beschluss vom 27. Januar 2003 II B 194/01, BFH/NV 2003, 792).
3. Der Zulassungsgrund einer Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zu den vom FA benannten Entscheidungen des BFH liegt ebenfalls nicht vor. Eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Abweichung setzt u.a. voraus, dass das FG durch einen abstrakten Rechtssatz in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichtes ―hier des BFH― abgewichen ist und dass im Urteil des FG dieselbe Rechtsfrage wie in der Divergenzentscheidung zu entscheiden war (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 6. Oktober 2000 V B 99/00, BFH/NV 2001, 330).
Das FG hat in etwas anderer Form, als es das FA behauptet, die Aussage formuliert, dass im Streitfall die Anmeldung und Feststellung einer Umsatzsteuer 1997 in Höhe von … DM nicht hinreichend bestimmt und deshalb nichtig sei, weil nicht erkennbar sei, auf welchen einzelnen umsatzsteuerrechtlichen Tatbeständen diese Forderung beruhe. Mit dieser Aussage, die nicht einen abstrakten Rechtssatz, sondern die Würdigung des konkret vorliegenden Feststellungsbescheides nach § 251 Abs. 3 AO 1977 beinhaltet, weicht das FG nicht von den jeweils zu einem anderen Sachverhalt ergangenen Entscheidungen des BFH vom 22. November 1988 VII R 173/85 (BFHE 155, 24, BStBl II 1989, 220) und BFH-Beschluss vom 1. Oktober 1981 IV B 13/81 (BFHE 134, 223, BStBl II 1982, 133) und den darin getroffenen allgemeingültigen Aussagen, wonach ein Akt der staatlichen Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trage und nicht schon allein deshalb nichtig sei, weil er der gesetzlichen Grundlagen entbehre oder weil die in Frage kommenden Rechtsvorschriften unrichtig angewandt worden seien, ab.
Nichts anderes gilt im Vergleich zu dem vom Senat für die Wirksamkeit eines Steuer- und Haftungsbescheides aufgestellten Rechtssatz, dass es für die Annahme hinreichender Bestimmtheit genüge, wenn aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, aus dem Zusammenhang, der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden könne (Senatsurteil vom 24. April 1990 VII R 114/88, BFH/NV 1991, 137). Auch von diesem Rechtssatz weicht das FG nicht ab, sondern geht vielmehr stillschweigend von den vom BFH aufgestellten Vorgaben aus, wenn es ausführt, dass die Anmeldung und Feststellung der Forderung Umsatzsteuer 1997 weder aus der Begründung des Feststellungsbescheides noch aus dem Hinweis auf den Umsatzsteuersonderprüfungsbericht eindeutig bestimmbar sei. Damit könnte allenfalls eine Divergenz in der Würdigung der Tatsachen vorliegen, die eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht zu begründen vermag (BFH-Beschluss vom 4. August 1993 II B 175/92, BFH/NV 1994, 718).
4. Ausnahmsweise ist die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO auch dann zuzulassen, wenn die Auslegung oder Anwendung des Rechts durch das FG im Einzelfall objektiv willkürlich ist und den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 68, unter Hinweis auf Rüsken, Rechtsbehelfe gegen willkürliche Gerichtsentscheidungen, Deutsche Steuer-Zeitung 2000, 815, 819 ff.). Die Rechtsprechung sieht diesen Zulassungsgrund als gegeben an, wenn die Entscheidung der Vorinstanz unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigen und geeignet ist, das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Rechtsordnung zu erschüttern und die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu stören. Grundsätzlich ist die Frage, ob der Richterspruch möglicherweise fehlerhaft ist, nicht Gegenstand der Prüfung der Zulassungsgründe für eine Revision. Ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO wäre durch die Fehlerhaftigkeit eines Urteils nur dann erfüllt, wenn die Vorinstanz die Rechtslage in so krasser Weise fehl beurteilt hat, dass die Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich deshalb der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 15. Mai 1984 1 BvR 967/83, BVerfGE 67, 90). Anhaltspunkte hierfür lassen sich der Entscheidung des FG nicht entnehmen; insbesondere sind solche Anhaltspunkte dann nicht gegeben, wenn sich das FG ―wie im Streitfall― mit der Rechtslage eingehend auseinander gesetzt hat und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt.
5. Das FA hat noch innerhalb der Beschwerdebegründungfrist ergänzend geltend gemacht, die Vorentscheidung beruhe auf der Verletzung des Anspruches auf Gewährung des rechtlichen Gehörs, weil sie inhaltlich eine Überraschungsentscheidung darstelle (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Die behauptete Gehörsverletzung mit einer ihr nachfolgenden Überraschungsentscheidung liegt indes nach dem eigenen Vorbringen des FA nicht vor. Das FG hat im Verlauf der mündlichen Verhandlung den Vertreter des FA um nähere Erläuterungen zum Rechtsgrund der festgestellten Forderung in Höhe von … DM Umsatzsteuer 1997 gebeten, ohne dass dieser in der Lage gewesen sei, aufzuklären, ob es sich dabei um einen Teilbetrag der Abrechnung über Umsatzsteuer 1997 oder einen Teil eines gesondert zur Konkurstabelle anzumeldenden Kürzungsbetrages gemäß § 17 UStG gehandelt hat. Zudem hat das FA selbst bereits im Klageverfahren vorgetragen, dass die Forderung im Feststellungsbescheid klar bezeichnet sei, denn es reiche aus, dass der Inhalt der Anmeldung die für die Erörterung der einzelnen Forderungen im Prüfungstermin notwendige Individualisierung einzelner Sachverhalte ermögliche; eine Argumentation, die eindeutig darauf abzielt, den Feststellungsbescheid als hinreichend bestimmt darzustellen.
Unzutreffend ist auch der Vorwurf, das FG habe den Inhalt des Schreibens vom 2. Februar 1999 nicht zur Kenntnis genommen und seiner Entscheidung damit nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FG hat dieses Schreiben des Klägers nahezu wörtlich im Tatbestand des Urteils (S. 5) zitiert. Es hat der in dem Schreiben zum Ausdruck gekommenen Kenntnis des Klägers allerdings nicht die vom FA vorgestellte Bedeutung beigemessen, sondern vielmehr Zweifel an der Qualifizierung des streitigen Betrages als Kürzungsbetrag nach § 17 UStG deshalb geäußert, weil er mit den Feststellungen im Umsatzsteuersonderprüfungsbericht nicht übereingestimmt hat. Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist damit nicht begründet (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Juli 1998 I B 8/98, BFH/NV 1999, 193, und Senatsbeschluss vom 28. September 1998 VII B 65/98, BFH/NV 1999, 374, 375).
Fundstellen
Haufe-Index 1067357 |
BFH/NV 2004, 5 |