Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: schlüssige Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung
Leitsatz (NV)
1. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur in Betracht wegen einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Der allgemeine Hinweis, die speziell im Streitfall maßgebliche Frage sei höchstrichterlich noch nicht entschieden, sowie die bloße Behauptung, die Beantwortung der gestellten Rechtsfrage diene der Fortbildung des Steuerrechts und der Wahrung der Rechtseinheit und berühre deshalb das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts, reicht nicht aus. Ist umfangreiche Rechtsprechung zu einem Problemfeld vorhanden, muß der Beschwerdeführer sich mit dieser Rechtsprechung auseinandersetzen.
2. Ist in einem Verfahren streitig, ob ein Erwerbsvorgang wirksam i. S. v. § 16 Abs. 1 GrEStG 1983 rückgängig gemacht wurde, kommt einer Rechtsfrage, die die Steuerpflicht des ursprünglichen Erwerbsvorgangs betrifft, für den die Steuer bereits bestandskräftig festgesetzt wurde, wegen fehlender Rechtserheblichkeit und damit auch fehlender Klärungsfähigkeit keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3 S. 3; GrEStG 1983 § 16 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (vgl. Senatsbeschluß vom 16. März 1994 II B 102/93, BFH/NV 1995, 34 m. w. N.). Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur in Betracht wegen einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage (vgl. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Tz. 8 m. w. N.). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, genügt dafür nicht.
Die Kläger müssen vielmehr konkret auf die Rechtsfrage und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. Entscheidung des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 30. März 1983 I B 3/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
a) Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Rechtsfrage für von grundsätzlicher Bedeutung hält, ob für einen Kaufvertrag über ein Gebäude, für welches kein Gebäudegrundbuch besteht, Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 anfalle, ist die Beschwerde wegen fehlender Klärungsfähigkeit dieser Rechts frage unbegründet. Das finanzgerichtliche Urteil enthält zwar Ausführungen zur Nichtigkeit des ursprünglichen Erwerbsvorgangs, für den eine bestandskräftige Steuerfestsetzung vorliegt. Diese Ausführungen sind jedoch für den Streitfall ohne rechtliche Relevanz. Wird nämlich wegen Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs gemäß § 16 Abs. 1 GrEStG 1983 nach vorangegangener bestandskräftiger Steuerfestsetzung beantragt, den Grunderwerbsteuerbescheid aufzuheben, ist ausschließlich maßgebend, ob die Voraussetzung des § 16 Abs. 1, d. h. eine wirksame Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs, vorliegt. Nicht entscheidend ist die Frage, ob die -- bestandskräftige -- Steuerfestsetzung aus anderen Gründen (z. B. Nichtigkeit des besteuerten Erwerbsvorgangs) sich als unzutreffend bzw. rechtswidrig erweist.
b) Auch soweit der Kläger die Rechtssache für von grundsätzlicher Bedeutung hält, ob § 41 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) auch dann anwendbar ist, wenn "ein möglicherweise unwirksam Erwerbender sich vom Rechtsschein des Geschäfts lösen wolle und dabei Bemühungen Dritter gegenüber ohne die Einschaltung des Erstveräußerers unternehme", ist die Beschwerde (zumindest) unbegründet, weil auch insoweit wegen mangelnder Rechtserheblichkeit eine Klärungsfähigkeit der Frage nicht besteht. Denn die Unwirksamkeit oder Wirksamkeit des ursprünglichen Vertrags, der vom Kläger und Beschwerdeführer (Finanzamt -- FA --) bestandskräftig besteuert wurde, kann keine rechtserheblichen Auswirkungen auf die im vorliegenden Verfahren allein maßgebliche Frage haben, ob der Vertrag wirksam i. S. von § 16 Abs. 1 GrEStG 1983 rückgängig gemacht wurde.
c) Soweit der Kläger die Rechtsfrage für von grundsätzlicher Bedeutung hält, ob § 16 Abs. 1 GrEStG 1983 auch bei unwirksamen Rechtsgeschäften die gleichen Forderungen stelle wie bei wirksamen, ist die Beschwerde unzulässig, da die Beschwerdebegründung den Anforderungen nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht entspricht. Der Kläger hat insoweit nicht konkret genug die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Die Ausführungen erschöpfen sich in dem allgemeinen Hinweis, die Beantwortung der gestellten Rechtsfrage diene der Fortbildung des Steuerrechts und Wahrung der Rechtseinheit und berühre deshalb das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts. Auch der allgemeine Hinweis, daß die Frage höchstrichterlich noch nicht entschieden sei, reicht nicht aus. Der Kläger hätte sich vielmehr mit der umfangreichen Rechtsprechung des BFH zu § 16 GrEStG 1983 auseinandersetzen und darlegen müssen, weshalb und inwieweit die sich aus dieser Rechtsprechung ergebenden Kriterien für die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs bei unwirksamen Rechtsgeschäften keine Geltung haben könnten.
d) Soweit der Kläger grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Hinblick darauf geltend macht, daß das FA einen Rechtssatz aus einem Urteil des FG Berlin vom 7. Januar 1993 I 327/90 (Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1993, 538) auf den Streitfall angewandt hat, entspricht die Beschwerde ebenfalls nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen. Es fehlt an jeder konkreten Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der angeführten Rechtsfrage. Im Ergebnis geht es dem Kläger augenscheinlich nur darum, im Revisionsverfahren die Rechtsauffassung des FG im konkreten Fall überprüfen zu lassen. Eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ist nicht ansatzweise erkennbar. Dies gilt auch für die vom Kläger gestellte Frage, "ob es für die Rückgängigmachung ausreiche, daß der Käufer das Interesse verloren habe".
2. Die vom Kläger behauptete Divergenz des finanzgerichtlichen Urteils zum Urteil des BFH vom 4. Dezember 1985 II R 171/74 (BFHE 145, 448, BStBl II 1986, 271) besteht nicht. Dabei kann offenbleiben, ob die vom Kläger genannten Rechtssätze überhaupt divergierende Rechtsauffassungen ergeben. Denn selbst unter Berücksichtigung des vom Kläger genannten Rechtssatzes aus dem Urteil des BFH in BFHE 145, 448, BStBl II 1986, 271 ergäbe sich nach dem vom FG zugrunde gelegten Sachverhalt keine andere Entscheidung in der Sache. Denn das FG hat den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, daß der Abschluß des Vertrages III insgesamt, d. h. auch die Weiterveräußerung des Grundstücks an die GbR, im Interesse des Klägers gelegen habe. An diese -- mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffene -- Tatsachenwürdigung ist der BFH gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Der der Auffassung des FG widersprechende Tatsachenvortrag des Klägers in der Beschwerdebegründung ist unbeachtlich.
Fundstellen
Haufe-Index 420904 |
BFH/NV 1996, 261 |