Entscheidungsstichwort (Thema)
Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen AdV-Entscheidung des FG
Leitsatz (NV)
Die Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde an den BFH ist in die ausschließliche Zuständigkeit des FG gestellt. Eine Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Beschwerde durch das FG sieht das Gesetz bei Entscheidungen über die Aussetzung der Vollziehung nicht vor. Der Hinweis in § 128 Abs. 3 Satz 2 FGO auf § 115 FGO besagt lediglich, daß die in § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO genannten Kriterien für die Zulassung der Beschwerde durch das FG maßgebend sind.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3, 5, § 115 Abs. 2, § 128 Abs. 3
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat auf Antrag der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) mit Beschluß vom 23. September 1994 die Vollziehung eines Grunderwerbsteuerbescheides des Antragsgegners und Beschwerdeführers (Finanzamt -- FA --) über ... DM Grunderwerbsteuer ausgesetzt. Eine Beschwerde hat es nicht zugelassen.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 1994 hat das FA beim FG beantragt, den Beschluß dahingehend zu ergänzen, daß die sofortige Beschwerde zugelassen wird.
Durch Beschluß vom 7. November 1994 hat das FG den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluß vom 23. September 1994 abgelehnt. In der Rechtsmittelbelehrung heißt es, dieser Beschluß sei entsprechend § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unanfechtbar.
Das FA hat hiergegen Beschwerde eingelegt und beantragt, unter Aufhebung der Entscheidung des FG vom 7. November 1994 die Beschwerde zuzulassen. Es meint, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Die Beschwerde sei auch zulässig, weil die Entscheidung des FG greifbar gesetzwidrig sei. Denn das FG habe die Frage der grundsätzlichen Bedeutung schlichtweg ohne jede Begründung ignoriert und damit das rechtliche Gehör verletzt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nicht statthaft und deshalb unzulässig.
Gemäß § 128 Abs. 3 FGO steht den Beteiligten die Beschwerde gegen den Beschluß des FG nach § 69 Abs. 3 und 5 FGO nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 FGO entsprechend.
Der Hinweis auf § 115 FGO besagt lediglich, daß die in § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO genannten Kriterien für die Zulassung der Beschwerde durch das FG maß gebend sind. Die Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) selbst ist in die ausschließliche Zuständigkeit des FG gestellt. Eine Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Beschwerde durch das FG sieht das Gesetz bei Entscheidungen über die Aussetzung der Vollziehung nicht vor. Diese ist somit unstatthaft. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bestehen gegen diese Regelung keine verfassungsmäßigen Bedenken (Beschluß vom 6. Oktober 1977 2 BvR 502/77, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs, Rechtsspruch 39).
Die Beschwerde ist auch nicht wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit statthaft.
Der BFH hat zwar mit Beschluß vom 26. August 1991 IV B 135/90 (BFH/NV 1992, 509) entschieden, daß ausnahmsweise die Beschwerde auch statthaft sein kann, wenn die Entscheidung des FG wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit jeglicher Grundlage entbehrt. Diese Voraussetzung ist im Streitfall jedoch nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen BFH-Beschluß vom 11. September 1987 VI B 78--79/87, BFH/NV 1988, 254).
Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs eröffnet diesen außerhalb der vom Gesetz eingeräumten Rechtsmittel möglichen außerordentlichen Beschwerdeweg nicht (BFH-Beschlüsse vom 26. Mai 1977 V B 7/77, BFHE 122, 256, BStBl II 1977, 628, und vom 10. Juni 1987 VII B 17/87, BFH/NV 1988, 45). Eine derartige Verletzung des rechtlichen Gehörs könnte der Senat nur bei einem statthaften und zulässigen Rechtsmittel überprüfen (BFH-Beschluß in BFH/NV 1988, 457).
Fundstellen
Haufe-Index 420912 |
BFH/NV 1996, 218 |