Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufspaltung: Mittelbare Beherrschung des Besitzunternehmens
Leitsatz (NV)
- Zu den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache, wenn behauptet wird, es bedürfe der Klärung, ob eine mittelbare Beherrschung des Besitzunternehmens geeignet sei, die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung zu begründen.
- Bei der Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen hat.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; EStG § 15; FGO §§ 115-116
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 15.03.2005; Aktenzeichen 15 K 4430/99 F, 15 K 4528/99 F) |
Tatbestand
Die Kommanditisten der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ―der X-KG― hielten in den Streitjahren (1995 und 1996) sämtliche Anteile an der XN-GmbH, die über eine Projekt-GmbH (Tochter-GmbH) zu 100 v.H. an der Baugesellschaft XB-GmbH (Enkel-GmbH) beteiligt war. Zum Gesamthandsvermögen der Klägerin gehörte u.a. die (100 %ige) Beteiligung an der X-OHG (Grundstücksholding). Erstmals für die Streitjahre machte die Klägerin geltend, dass die Anteile an der XN-GmbH dem (notwendigen) Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten zuzurechnen seien und einer Teilwertberichtigung unterlägen. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass die X-OHG der Baugesellschaft XB-GmbH ein bebautes Grundstück vermietet habe und deshalb die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung vorgelegen hätten; zum anderen hätten die Baugesellschaften (XN-GmbH, Projekt-GmbH, Baugesellschaft XB-GmbH) angesichts rückläufiger Geschäfte ständig Verluste erlitten. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) hat die Teilwertabschreibung nicht anerkannt, da die Anteile an der XN-GmbH im Privatvermögen der Kommanditisten gehalten worden seien. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte hierzu im Wesentlichen aus, dass eine Betriebsaufspaltung lediglich im Verhältnis von X-OHG (Grundstücksvermieterin) einerseits zu Baugesellschaft XB-GmbH (Grundstücksmieterin) andererseits zu bejahen sei, nicht hingegen zwischen der Klägerin und der Baugesellschaft XB-GmbH. Auch aus den von der Klägerin im Übrigen dargelegten Umständen (z.B. "Entwicklungsgeschichte der Gesellschaften") könne nicht abgeleitet werden, dass die Anteile an der XN-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten gehört hätten.
Entscheidungsgründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision erhobene Beschwerde genügt nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Sie ist deshalb zu verwerfen.
1. Dies gilt zum einen für den Vortrag, der Rechtsfrage, ob für die Anerkennung einer Betriebsaufspaltung eine unmittelbare Beteiligung der das Betriebsunternehmen beherrschenden Personengruppe am Besitzunternehmen erforderlich sei, komme grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Beschwerdeschrift weist insoweit zwar zu Recht darauf hin, dass die Frage, ob eine mittelbare Beherrschung des Besitzunternehmens über eine Kapitalgesellschaft eine Betriebsaufspaltung zu begründen vermag, in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet wird (verneinend Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 27. August 1992 IV R 13/91, BFHE 169, 231, BStBl II 1993, 134; vom 15. April 1999 IV R 11/98, BFHE 188, 412, BStBl II 1999, 532; a.A. z.B. Schmidt/Wacker, EStG, 24. Aufl., § 15 Rz. 835, m.w.N.). Die Ausführungen sind jedoch bereits deshalb nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) darzulegen, weil im Streitfall nicht die Abschirmwirkung einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft, sondern die Beteiligung der Klägerin (X-KG) ―also einer Personenhandelsgesellschaft― an der (grundstücksvermietenden) X-OHG zu beurteilen ist. Die Beschwerdeschrift hätte sich deshalb mit der Frage auseinander setzen müssen, ob die Erwägungen der vorstehend genannten BFH-Urteile ("Durchgriffsverbot") auf die Situation einer mittelbaren Beteiligung über eine oder mehrere Personengesellschaften übertragbar sind (vgl. zum sog. mittelbaren Mitunternehmer auch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―). Hinzu kommt, dass die Vorinstanz nicht das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung und damit auch nicht die (mittelbare) Beherrschung der X-OHG in Abrede gestellt, sondern hieraus vielmehr abgeleitet hat, dass nicht die Klägerin, sondern die X-OHG als Besitzunternehmen zu qualifizieren sei. Demgemäß wären ―woran es vorliegend gleichfalls fehlt― zur Darlegung der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage (vgl. hierzu Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz. 35 sowie § 115 Rz. 30, jeweils m.w.N.) Ausführungen dazu erforderlich gewesen, weshalb diese (aus Sicht des FG entscheidungserhebliche) Beurteilung ―d.h. die Annahme einer Betriebsaufspaltung im Verhältnis von X-OHG (Besitzunternehmen) und Baugesellschaft XB-GmbH (Betriebsunternehmen)― oder jedenfalls die hieraus von der Vorinstanz abgeleitete Folgerung ―keine Zuordnung der Anteile an der XN-GmbH zum (notwendigen) Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten bei der Klägerin― das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Handhabung des Rechts berühre.
2. Nicht durchzugreifen vermag zum anderen die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes; § 96 Abs. 2 FGO). Soweit die Beschwerde geltend macht, das vorinstanzliche Urteil sei mit keinem Wort darauf eingegangen, dass die Klägerin im Rahmen des finanzgerichtlichen Verfahrens eingehend dargelegt habe, dass die Anteile an der XN-GmbH unabhängig von den Anforderungen an eine Betriebsaufspaltung zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten gehört hätten, ist der Vortrag unschlüssig. Er lässt unberücksichtigt, dass in den Gründen des finanzgerichtlichen Urteils nicht nur die Umstrukturierung des Unternehmensverbunds zu Beginn des Jahres 1992, sondern darüber hinaus ―erkennbar― auch der von der Klägerin vorgetragene Aspekt der wirtschaftlichen Verflechtung der Gesellschaften angesprochen und verworfen worden ist (vgl. die Erwägungen am Ende des Urteils). Darüber hinaus verkennt die Rüge, dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen hat, und demgemäß der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs erst dann verletzt wird, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht entweder das Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder (jedenfalls) bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (BFH-Beschluss vom 1. Dezember 1999 XI B 88/98, XI B 89/98, BFH/NV 2000, 730; Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 10a, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1523541 |
BFH/NV 2006, 1464 |