Entscheidungsstichwort (Thema)
Abstrakte Verfassungsmäßigkeit des AltEinkG
Leitsatz (NV)
1. Die Besteuerung der Altersrente, wie sie durch das AltEinkG vorgesehen ist, ist verfassungsgemäß. Diese Frage ist vom BVerfG in seinen Beschlüssen vom 29.09.2015 - 2 BvR 2683/11 (BStBl II 2016, 310) und vom 30.09.2015 - 2 BvR 1961/10 (HFR 2016, 77) - 2 BvR 1066/10 (HFR 2016/72) sowie vom BFH in seinem Urteil vom 06.04.2016 - X R 2/15 (BFHE 253, 370, BStBl II 2016, 733) hinreichend geklärt worden.
2. Eine Klärungsbedürftigkeit i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO liegt u.a. dann nicht vor, wenn die Rechtsfrage höchstrichterlich geklärt ist.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 10.04.2019 - 1 K 1204/16 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde im Streitjahr 2009 mit seiner im Jahr 2014 verstorbenen Ehefrau (E), deren Alleinerbe er ist, zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Eheleute bezogen 2009 Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Den steuerfreien Teil der Altersrenten ermittelte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Sätze 3 ff. des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG). Hiergegen erhoben der Kläger und E mit Zustimmung des FA Sprungklage, mit der sie begehrten, ihre Renteneinkünfte lediglich mit dem Ertragsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 4 EStG in Höhe von 22 % (Kläger) bzw. von 20 % (E) zu besteuern.
Rz. 2
Sowohl im Klageverfahren wie auch im nachfolgenden Revisionsverfahren machten die Kläger geltend, der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum zur Generalisierung, Typisierung und Vereinfachung überschritten, sodass die Norm wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verfassungswidrig sei und die Renten folglich auch weiterhin nur mit ihrem Ertragsanteil besteuert werden könnten.
Rz. 3
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 1439 veröffentlichten Urteil abgewiesen. Die Revision war erfolgreich. Der Senat hob das FG-Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück (Senatsurteil vom 06.04.2016 - X R 2/15, BFHE 253, 370, BStBl II 2016, 733). Zwar sei das FG zu Recht von der Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung ausgegangen, an der auch der Senat ausdrücklich festhalte. Allerdings fehle es an den tatsächlichen Feststellungen, um im konkreten Einzelfall des Klägers einen Verstoß gegen das Verbot der doppelten Besteuerung der Altersrenten überprüfen zu können.
Rz. 4
Nach weiterer Sachverhaltsaufklärung im zweiten Rechtsgang kam das FG zu dem Ergebnis, dass im konkreten Einzelfall des Klägers --nur in Bezug auf seine Altersrente beantragte er noch eine Neuberechnung des steuerpflichtigen Teils-- eine solche doppelte Besteuerung nicht vorliege und wies die Klage erneut ab.
Rz. 5
Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Er wendet sich gegen die Auffassung des Senats, die Besteuerung der Altersrente, wie sie durch das AltEinkG vorgesehen sei, sei verfassungsgemäß. Er wiederholt und präzisiert sein bisheriges Vorbringen. Auch weiterhin ist er der Ansicht, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinen Beschlüssen vom 29.09.2015 - 2 BvR 2683/11 (BStBl II 2016, 310), vom 30.09.2015 - 2 BvR 1066/10 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2016, 72) und 2 BvR 1961/10 (HFR 2016, 77) die Kernprobleme der derzeitigen Rentenbesteuerung, nämlich die Fehlerhaftigkeit seines Rentenurteils vom 06.03.2002 - 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73) sowie die unzutreffenden Berechnungen der Sachverständigenkommission, nicht gesehen habe. Aufgrund der deshalb vorliegenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung sei die grundsätzliche Bedeutung der Sache gegeben.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
II. Die Beschwerde ist unzulässig, da sie den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gerecht wird.
Rz. 7
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
Rz. 8
a) Macht ein Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend, so hat er eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen. Dazu ist erforderlich, dass er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinreichend konkretisiert; nicht ausreichend ist eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Darüber hinaus muss die Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darlegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Es muss ausgeführt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchem Grunde die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (vgl. nur Senatsbeschluss vom 24.06.2014 - X B 216/13, BFH/NV 2014, 1888, Rz 12).
Rz. 9
Den dargestellten Anforderungen wird die Beschwerdebegründung schon deshalb nicht gerecht, weil es an einer Herausarbeitung einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage unter Berücksichtigung der Ansichten im Schrifttum und in der Rechtsprechung fehlt. Der Kläger wiederholt in Bezug auf die von ihm angenommene Verfassungswidrigkeit der Besteuerung der Altersrenten lediglich seinen Vortrag aus dem Klage- sowie dem früheren Revisionsverfahren. Neue Aspekte stellt er nicht dar.
Rz. 10
b) Daneben fehlt es, unterstellte man, der Kläger hätte die Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfüllt, an der Klärungsbedürftigkeit seiner Rechtsfrage.
Rz. 11
Eine Klärungsbedürftigkeit liegt u.a. dann nicht vor, wenn die Rechtsfrage höchstrichterlich geklärt ist (vgl. nur Senatsbeschluss vom 02.12.2009 - X B 242/08, BFH/NV 2010, 674, Rz 14, m.w.N.).
Rz. 12
Im vorliegenden Fall ist die vom Kläger aufgeworfene Frage vom BVerfG in seinen Beschlüssen in BStBl II 2016, 310, HFR 2016, 72 und in HFR 2016, 77 sowie vom angerufenen Senat im Urteil in BFHE 253, 370, BStBl II 2016, 733 hinreichend geklärt worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat deshalb auf dieses Senatsurteil, welches sich mit den einzelnen Einwendungen des Klägers umfassend auseinandergesetzt hat.
Rz. 13
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Rz. 14
3. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
Fundstellen
Haufe-Index 14683662 |
BFH/NV 2021, 1199 |
BB 2021, 1877 |