Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde; Rüge von Verfahrensfehlern
Leitsatz (NV)
1. Für die schlüssige Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht von Amts wegen ist die genaue Angabe von Beweismitteln erforderlich, die das FG nicht erhoben hat, deren Erhebung sich aber auch ohne Beweisantrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen.
2. Die Rüge, das FG habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt, ist dann ordnungsgemäß erhoben, wenn unter genauer Angabe der betreffenden Schriftsätze dargelegt wird, welches substantiierte Vorbringen tatsächlicher Art vor dem FG unberücksichtigt geblieben ist.
Normenkette
FGO §§ 76, 96 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht ordnungsgemäß begründet worden ist.
Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist der Verfahrensmangel zu bezeichnen. Damit ist außer der schlüssigen Darlegung des betreffenden Mangels auch die genaue Angabe derjenigen Tatsachen gemeint, die den Verfahrensfehler ergeben sollen.
a) Die Beschwerde ist zum einen ausdrücklich auf eine Verletzung des § 76 Abs. 2 FGO gestützt worden. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich jedoch keine schlüssige Darlegung eines entsprechenden Formfehlers. Nach § 76 Abs. 2 FGO hat der Vorsitzende darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, Anträge gestellt bzw. erläutert, tatsächliche Angaben ergänzt und alle wesentlichen Erklärungen abgegeben werden. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt, weshalb der Vorsitzende -- oder gemäß § 79 FGO für die Zeit vor der mündlichen Verhandlung der Berichterstatter -- dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sein sollte.
b) Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich weiter, daß das Finanzgericht (FG) den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht vollständig festgestellt haben soll. Soweit die Klägerin hiermit einen Verstoß gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO als Verfahrensmangel geltend macht, hätte sie, um den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO zu genügen, entweder unter Angabe der Beweismittel, des Beweis themas und des voraussichtlichen Beweisergebnisses darlegen müssen, daß Beweisanträge gestellt, aber vom FG übergangen worden sind, oder im einzelnen angeben müssen, wo in Schriftsätzen oder sonstigen Aktenteilen im einzelnen zu bezeichnende Tatsachen angeführt sind, denen das FG aufgrund von näher darzustellenden Umständen von sich aus hätte nachgehen müssen, was das voraussichtliche Ermittlungsergebnis gewesen wäre und inwiefern die Vorentscheidung auf der Unterlassung der Nachforschungen beruhen könne (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 65 i. V. m. § 120 Anm. 40 m. w. N.). Außer diesen regelmäßig zu beachtenden Anforderungen ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, daß das FG in seiner Entscheidung zu der Frage Stellung genommen hat, warum keine weiteren Ermittlungen vorgenommen werden konnten.
Die Klägerin hat nicht angegeben, welches Vorbringen von ihr während des finanzgerichtlichen Verfahrens konkret Anlaß für weitere Nachforschungen des FG von Amts wegen hätte sein sollen. Ferner fehlen schlüssig vorgebrachte Einwendungen gegen die vom FG dafür genannten Gründe, warum nicht weiter ermittelt werden konnte.
c) Auch die Rüge, das FG habe das Vorbringen in dem "16seitigen" Schriftsatz übergangen, entspricht nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 3 FGO.
Die Klägerin macht insoweit geltend, das FG habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt (Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Eine derartige Verfahrensrüge ist aber nur dann ordnungsgemäß erhoben, wenn unter genauer Angabe der betreffenden Schriftsätze dargelegt wird, welches substantiierte Vorbringen -- tatsächlicher Art -- vor dem FG in dem angefochtenen Urteil unberücksichtigt geblieben sei (s. z. B. Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Nichtzulassungsbeschwerde und Revision, Rdnr. 168 m. w. N.).
Diese Voraussetzungen erfüllen die hier einschlägigen Ausführungen der Klägerin nicht. Sie hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, den Inhalt des ihrer Meinung nach übergangenen Vortrags wiederzugeben. Sie hätte vielmehr angeben müssen, in welchem Schriftsatz (Datum) und auf welcher Seite genau die ihrer Auffassung nach maßgebenden Ausführungen zu finden sind. Dies wäre schon deshalb erforderlich gewesen, weil die Klägerin allein nach Ergehen des ihr am 22. Oktober 1992 zugestellten Auflagenbeschlusses beim FG zumindest zwei Schriftsätze (vom 19. Januar 1993, sechs Seiten mit vielen Anlagen, und vom 17. August 1993, drei Seiten mit mehreren Anlagen) eingereicht hat.
Fundstellen
Haufe-Index 420096 |
BFH/NV 1995, 139 |