Entscheidungsstichwort (Thema)
Richterablehnung; Unzulässigkeit bedingter Prozeßhandlungen; Rechtsmißbrauch
Leitsatz (NV)
1. Prozeßhandlungen müssen eindeutig und unbedingt vorgenommen werden. Unzulässig ist es, eine Prozeßhandlung von einer außerprozessualen Bedingung abhängig zu machen. Innerprozessuale Bedingungen sind nur dann zulässig, wenn dadurch keine Unsicherheit in das Verfahren getragen wird. Hierfür muß von einem Beteiligten mindestens ein anderer Antrag oder ein gleichgerichtetes Begehren ohne Bedingung vorliegen, das eine sichere Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung bildet.
2. Mit der Funktion des Ablehnungsrechts ist es unvereinbar, dieses zu verfahrensfremden Zwecken einzusetzen, um Druck auf den zur Entscheidung berufenen Richter oder den gesamten Spruchkörper auszuüben, über Anträge in dem vom Antragsteller gewünschten Sinne zu entscheiden.
3. Ein wegen Rechtsmißbrauchs unzulässiger Ablehnungsantrag kann nicht in die Zulässigkeit hineinwachsen. Er kann allenfalls, vorbehaltlich eines möglichen Ver lustes der bisherigen Befangenheitsrügen, erneut gestellt werden.
Normenkette
FGO § 51 Abs. 1, § 128 Abs. 1, § 129 Abs. 1, § 132; GG Art. 101 Abs. 1 S. 2; ZPO § 42 Abs. 1-2, §§ 43, 46 Abs. 2, § 47
Tatbestand
Der als Steuerberater tätig gewesene Kläger zu 1 und Beschwerdeführer (Kläger zu 1) wendet sich im Hauptverfahren gegen im Anschluß an eine am 14. Januar 1985 begonnene Prüfung der Steuerfahndungsstelle erlassene geänderte einheitliche und gesonderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre 1976 bis 1984. Ü
ber die nach erfolglosem Einspruch am 8. März 1989 erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden.
Mit am 18. Juni 1990 beim FG eingegangenem Schreiben hatte der Kläger zu 1 für die Durchführung des Klageverfahrens ohne Vorlage einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt, ihm Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren und Steuerberater X als Prozeßbevollmächtigten beizuordnen. Diesen Antrag lehnte das FG wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat der Senat als unbegründet zurückgewiesen. Des weiteren lehnte das FG die erstmals mit Schreiben vom 4. Mai 1992 beantragte Anordnung eines Stillstandes des Klageverfahrens ab. Der erkennende Senat hat die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 1991 hatte der Kläger zu 1 außerdem Akteneinsicht beantragt. Das FG übersandte am 2. April 1992 die Steuer-, FG- und die beigezogenen Strafakten bis zum 10. Mai 1992 in die Justizvollzugsanstalt A, wo der Kläger zu 1 seit 1985 eine Freiheitsstrafe verbüßt.
Mit Verfügung vom 2. April 1992 bestimmte der Berichterstatter, Richter am Finanzgericht Y, gegenüber dem Kläger zu 1 nach Art. 3 § 3 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) eine Ausschlußfrist bis zum 5. Juni 1992 zur Bezeichnung der bei der Entscheidung zu berücksichtigenden Tatsachen und Beweismittel. Hiergegen erhob der Kläger zu 1 mit Schreiben vom 4. Mai 1992 "Gegenvorstellung + Verfahrensrügen" und beanstandete die Rechtmäßigkeit der Verfügung. Mit weiterem Schreiben vom 2. Juni 1992 lehnte er die nach dem Geschäftsverteilungsplan des FG für den Streitfall zuständigen Richter -- den Vorsitzenden Richter Z und die Richter am Finanzgericht Y und B -- vorsorglich unter dem Vorbehalt der Bescheidung seiner Anträge und der Aufhebung der Fristsetzung wegen Besorgnisses der Befangenheit ab. Den im Schreiben vom 4. Mai 1992 gerügten Verfahrens- und Verfassungsmängeln hätte das FG durch Entscheidung über seine Anträge bis spätestens zum Ablauf der gesetzten Ausschlußfrist am 5. Juni 1992 abhelfen müssen. Das FG habe in den parallel gleichgelagerten Verfahren ... und ... betreffend die C-GmbH und Stille Gesellschaft auf seine Gegenvorstellungen und Verfahrensrügen ebenfalls nicht reagiert. Trotz Mandatsniederlegung in jenen Verfahren habe Richter am Finanzgericht Y dem Prozeßbevollmächtigten mitgeteilt, die anberaumte mündliche Verhandlung werde stattfinden. Das FG habe mit dieser "Willkür-Reaktion" seine früheren Verfahrens- und Verfassungsfehler fortgeführt. Es sei davon auszugehen, daß es sich nicht um einen Ausrutscher, sondern um ein planvolles Vorgehen handle, welches der Senat mit allen drei Richtern sicherlich auch in diesen Verfahren genauso fortsetzen werde. Die Befangenheitsrüge werde aus folgenden Gründen erhoben:
1. Wegen der in der Gegenvorstellung und Verfahrensrüge vom 4. Mai 1992 gerügten Verfahrens- und Verfassungsverletzungen, denen nicht abgeholfen worden sei und die nicht beschieden worden seien.
2. Wegen der gleichartigen Fortsetzung dieser Verletzungen bei dem Fristablauf am 5. Juni 1992.
3. Wegen der noch nach Tatvollendung am 14. Mai 1992 in den anderen Verfahren und in diesem Verfahren am 5. Juni 1992 zu stellenden Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen die oben genannten Richter wegen § 336 des Strafgesetzbuches Rechtsbeugung für die folgenden Tathandlungen.
Aus den gerügten Verfahrens- und Verfassungsverstößen könne objektiv nur gefolgert werden, daß die Richter bewußt die Prinzipien eines fairen und rechtsstaat lichen Verfahrens mißachten und das Recht beugen wollten oder sie nähmen gegenüber dem Kläger zu 1 eine innere Haltung ein, die die richterliche Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit beeinflußt habe. Insoweit genüge bereits die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Unter dem 5. August 1992 verfügte der Vorsitzende Richter Z die Übersendung der von den Finanzbehörden eingegangenen Beweismittelakten an den Kläger zu 1 zur Akteneinsicht und verlängerte zugleich die am 2. April 1992 gesetzte Ausschlußfrist bis zum 20. September 1992. Er teilte dem Kläger zu 1 mit, daß das Gericht über seine Anträge auf PKH für das Klageverfahren und auf Aussetzung bzw. Ruhen dieses Verfahrens nach Ablauf der verlängerten Ausschlußfrist entscheiden werde. Es sei zweckmäßig abzuwarten, ob sich aufgrund der Akteneinsicht ein neuer Sach- und Verfahrensstand ergäbe.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 1992 erinnerte der Berichterstatter den Kläger zu 1 an die Erledigung der Verfügungen vom 2. April und 5. August 1992 und bat um Rücksendung der zur Einsicht überlassenen Beweismittel. Der Kläger zu 1 teilte daraufhin mit Schreiben vom 12. Oktober 1992 mit, er habe weder das Schreiben des Vorsitzenden Richters vom 5. August 1992 noch die Beweismittel erhalten. Auf eine weitere Anfrage des Berichterstatters vom 27. Oktober 1992 teilte der Kläger zu 1 mit Schreiben vom 12. November 1992 mit, auch zwischenzeitlich die Unterlagen nicht erhalten zu haben. U. a. führt er aus, sich zu einzelnen Fragen des Berichterstatters nicht äußern zu wollen, um sein Ablehnungsrecht nicht zu verlieren. Er gehe davon aus, daß der Senat durch Ablehnung aller Richter nicht mehr beschlußfähig sei und an dessen Stelle der Bundesfinanzhof (BFH) zu entscheiden habe.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 1992 teilte der Berichterstatter dem Kläger zu 1 mit, bis zur Klärung des Verbleibs der Beweismittel werde die gesetzte Ausschlußfrist unter Vorbehalt einer erneuten Fristsetzung aufgehoben. Mit Schreiben vom 9. März 1993 erklärte der Kläger zu 1, die Justizvollzugs anstalt habe ihm zwischenzeitlich das Aktenpaket nebst Schreiben vom 5. August 1992 ausgehändigt. Die Befangenheitsrüge bleibe jedoch aufrechterhalten, weil es auf die Rechtswidrigkeit der Fristsetzung ankomme. Entscheidend sei die persönliche Einstellung des Richters in dem Verfahren. Es sei nicht erkennbar, daß dieser inzwischen eine grundsätzliche andere Haltung eingenommen habe. Die Aufhebung der Fristsetzung sei nur sachlich geboten gewesen.
Mit Beschluß vom 16. Juli 1993 wies der Senat beim FG den Ablehnungsantrag als unzulässig ab. Gegen den am 26. Juli 1993 dem Kläger zu 1 zugestellten Beschluß legte der Steuerberater X namens und im Auftrag des Klägers zu 1 Beschwerde ein.
Eine weitere Begründung stellte der Bevollmächtigte in Aussicht, sobald über das PKH- Gesuch positiv entschieden worden sei.
Der erkennende Senat hat mit Beschluß vom heutigen Tag den Antrag auf PKH für das Beschwerdeverfahren abgelehnt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Sie war deshalb durch Beschluß zurückzuweisen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. a) Die Beschwerde ist statthaft (§ 46 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung -- ZPO -- i. V. m. § 51 Abs. 1 FGO, § 128 Abs. 1 FGO). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 129 Abs. 1 FGO).
Die Beschwerde unterliegt an sich keinem Begründungszwang. Durch Bezugnahme auf den Ablehnungsantrag vom 2. Juni 1992 und den angefochtenen Beschluß des FG vom 16. Juli 1993 wird das Begehren des Klägers zu 1 auch hinreichend deutlich (vgl. BFH-Beschluß vom 16. Juli 1992 I B 5/92, BFH/NV 1993, 111).
b) Der Senat braucht die nur für den Fall der Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren in Aussicht gestellte weitere Begründung der Beschwerde, für deren Einreichung keine bestimmte gesetzliche Frist besteht, nicht abzuwarten. Er hat mit Beschluß vom gleichen Tag den PKH- Antrag für dieses Beschwerdeverfahren abgelehnt.
2. Die Beschwerde kann jedoch sachlich keinen Erfolg haben. Das FG hat im Ergebnis zu Recht Ablehnungsgründe verneint (§ 42 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 51 Abs. 1 FGO).
Zutreffend hat das FG den vom Kläger zu 1 mit Schreiben vom 2. Juni 1992 lediglich vorsorglich unter dem Vorbehalt der Bescheidung seiner Anträge und der Auf hebung der gemäß Art. 3 § 3 VGFGEntlG gesetzten Ausschlußfrist gestellten Ablehnungsantrag hinsichtlich aller Richter des zuständigen Senats am FG als unzulässig abgelehnt.
Prozeßhandlungen müssen eindeutig und unbedingt vorgenommen werden. Unzulässig ist es, eine Prozeßhandlung von einer außerprozessualen Bedingung abhängig zu machen. Innerprozessuale Bedingungen sind zulässig, wenn keine Unsicherheit in das Verfahren getragen wird. Deshalb muß von einem Beteiligten zumindest ein anderer Antrag oder ein gleichgerichtetes Vorbringen ohne Bedingung vorliegen, das eine sichere Grundlage der Entscheidung bildet, falls die bedingte Handlung mangels Eintritts der Bedingung nicht Entscheidungsgrundlage werden kann, anderenfalls die Abhängigkeit auch von einem innerprozessualen Ereignis zu jener in einem gerichtlichen Verfahren nicht hinnehmbaren Ungewißheit führt, die solche Prozeßhandlungen unzulässig macht (vgl. Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl. 1993, 356 f.).
Deshalb ist eine bedingte Einlegung eines Rechtsmittels unzulässig. Über das Schweben oder Nichtschweben eines Rechtstreits muß Klarheit bestehen (vgl. BFH-Beschluß vom 16. Juli 1992 VIII B 118/91, BFH/NV 1993, 40). Ebenso ist eine bedingte Klage unzulässig (vgl. BFH-Beschluß vom 3. April 1987 VI B 150/85, BFHE 149, 409, BStBl II 1987, 573, 574), ein bedingter PKH-Antrag (vgl. BFH-Beschluß vom 21. Mai 1993 VIII S 1/93, BFH/NV 1994, 49) oder ein nur bedingter Verzicht auf mündliche Verhandlung nach § 90 Abs. 2 FGO (vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 1970 III R 122/66, BFHE 101, 49, BStBl II 1971, 201, 202). Nichts anderes kann für einen Befangenheitsantrag gelten; denn nach § 47 ZPO i. V. m. § 51 Abs. 1 FGO darf ein abgelehnter Richter bis zur Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur noch unaufschiebbare Amtshandlungen vornehmen. Diese eingeschränkte Handlungskompetenz macht es unerläßlich, daß Klarheit besteht, ob ein Ablehnungsgesuch vorliegt. Ebenso ist diese Klarheit erforderlich, um einen Verlust des Ablehnungsrechtes nach § 43 ZPO feststellen zu können.
Im Streitfall sollte der Ablehnungsantrag nur für den Fall gelten, daß das Gericht bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllte (vgl. zur notwendigen Auslegung BFH-Beschlüsse vom 29. Juli 1991 III B 23/91, BFH/NV 1992, 315, und in BFH/NV 1993, 40).
b) Das FG hat den Antrag im Ergebnis auch zu Recht wegen Rechtsmißbrauchs als unzulässig beurteilt. Der Grundsatz des Rechtsmißbrauchs beherrscht das gesamte Prozeßrecht (von Groll/Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., Vor § 33 Rz. 5, 18; ferner zum mißbräuchlichen Ablehnungsantrag BFH-Beschluß vom 6. Februar 1986 V B 47/85, BFH/NV 1987, 719 m. w. N.; Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts -- BVerfG -- vom 22. Februar 1960 2 BvR 36/60, BVerfGE 11, 1, 5; vom 2. April 1974 1 BvR 92, 97/70, BVerfGE 37, 67, 75; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts -- BVerwG -- vom 5. Dezember 1975 VI C 129.74, BVerwGE 50, 36, 37).
Das Ablehnungsrecht ist dem Rechtsschutzsuchenden eingeräumt, um den gesetzlichen Richter i. S. des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) im konkreten Verfahren zu gewährleisten (Entscheidung des BVerfG vom 7. Februar 1968 1 BvR 628/66, BVerfGE 23, 85, 91; Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 51 FGO Rz. 6). Der Ablehnungsberechtigte kann andererseits darauf verzichten, dieses Recht geltend zu machen (z. B. durch rügelose Einlassung zur Sache, vgl. BFH-Beschluß vom 15. Juni 1993 VII B 108/93, BFH/NV 1994, 185). Hingegen ist es mit Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts nicht vereinbar, es zu verfahrensfremden Zwecken einzusetzen, um Druck auf ein Gericht auszuüben, etwa über Anträge in einer bestimmten Reihenfolge zu entscheiden oder sogar eine Entscheidung in dem vom Kläger zu 1 gewünschten Sinne zu treffen (vgl. auch BFH-Beschluß vom 18. Januar 1993 X B 5/92, BFH/NV 1994, 106, 108).
c) Das FG hat zutreffend das Ablehnungsgesuch auch insoweit als rechtsmißbräuchlich gewertet, als es sich unterschiedslos gegen sämtliche Richter des Senats am FG richtet.
Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 1 und 2 ZPO i. V. m. § 51 Abs. 1 FGO). Dabei kommt es darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlaß hat, Voreingenommenheit zu befürchten.
Das Ablehnungsgesuch muß sich grundsätzlich auf bestimmte Richter beziehen. Wegen Rechtsmißbrauchs ist es im allgemeinen unzulässig, pauschal den ganzen Spruchkörper oder alle Berufsrichter eines Spruchkörpers ohne Angabe ernstlicher Gründe in der Person des einzelnen Richters abzulehnen. Dies gilt allerdings nicht, wenn alle Mitglieder eines Spruchkörpers wegen Besorgnis der Befangenheit im Hinblick auf konkrete Anhaltspunkte in einer Kollegialentscheidung abgelehnt werden (Beschluß des erkennenden Senats vom 27. Juli 1992 VIII B 59/91, BFH/NV 1993, 112 m. w. N.).
Der Kläger zu 1 hat es unterlassen, individuelle, gegen die Unvoreingenommenheit aller Richter sprechende Gründe vorzutragen. Die im konkreten Klageverfahren bislang im Zusammenhang mit der gesetzten Ausschlußfrist getroffenen Entscheidungen hatte nicht der Senat, sondern ausschließlich der Berichterstatter getroffen.
d) Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen sind grundsätzlich kein Ablehnungsgrund, es sei denn, es werden Gründe vorgetragen, die darauf hindeuten, daß die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür beruhen, z. B., wenn die Verfahrensweise des Richters jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. BFH-Beschluß vom 29. Oktober 1993 XI B 95/92, BFH/NV 1994, 565, 567 m. w. N.; in BFH/NV 1993, 112, 113). Anderenfalls wäre die Ablehnung eines oder gar aller Richter des Senats allein mit der Begründung zulässig, diese hätten an einer rechtsfehlerhaften Entscheidung mitgewirkt. Die Prozeßbeteiligten hätten es dann in der Hand, über den Umweg der Richterablehnung z. B. die Nicht anfechtbarkeit von Entscheidungen zu umgehen oder anstelle der Anfechtung der beanstandeten Entscheidung die Zusammensetzung eines Spruchkörpers zu verändern (BFH-Beschlüsse vom 14. Dezember 1992 X B 69/92, BFH/NV 1994, 34, 35; vom 16. Februar 1989 X B 99/88, BFH/NV 1989, 708). Dies gilt erst recht für die Rüge von Rechtsverstößen in einem anderen Verfahren (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16. April 1993 I B 156/92, BFH/NV 1994, 180, 181; vom 30. November 1987 VIII B 7/87, BFH/NV 1989, 639).
Derartige besondere Gründe liegen indessen im Streitfall nicht vor. Insbesondere läßt die Verfügung des Berichterstatters vom 2. April 1992, mit welcher er die vom Kläger zu 1 vorzugsweise bekämpfte Ausschlußfrist gesetzt hat, keinesfalls derart schwerwiegende Fehler erkennen, daß daraus auf unsachliche Erwägungen geschlossen werden könnte. Der Kläger zu 1 hatte die Klage bereits am 8. März 1989 eingereicht.
e) Unbeachtlich ist die Mitteilung des Klägers zu 1 vom 9. März 1993, die Befangenheitsrüge bleibe aufrechterhalten, weil es auch nach Aufhebung der Ausschlußfrist auf die ursprüngliche Rechtswidrigkeit der Fristsetzung ankomme.
Ein infolge Bedingung sowie Rechtsmißbrauchs unzulässiger Ablehnungsantrag kann nicht in die Zulässigkeit hineinwachsen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. Mai 1992 III B 123/92, BFH/NV 1993, 244, 249, und vom 30. November 1992 X B 18/92, BFH/NV 1993, 732, 735 zur rechtsmißbräuchlichen Untätigkeitsklage). Er kann allenfalls erneut gestellt werden, vorbehaltlich eines möglichen Verlustes von Befangenheitsrügen (vgl. § 43 ZPO).
Der Kläger zu 1 hat jedoch ausdrücklich nur den ursprünglichen Befangenheitsantrag aufrechterhalten wollen, nicht jedoch einen nunmehr unbedingten, weiteren Antrag gestellt.
Fundstellen
Haufe-Index 420323 |
BFH/NV 1995, 687 |
BFH/NV 1995, 688 |