Entscheidungsstichwort (Thema)
Fälligkeit der Gerichtsgebühr trotz anhängiger Verfassungsbeschwerde
Leitsatz (NV)
Die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde gegen die Kostengrundentscheidung ändert nichts an der Fälligkeit der Gerichtsgebühr.
Normenkette
GKG § 63 Abs. 1
Tatbestand
Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Erinnerungsführer) ist Steuerberater. Gegen Urteile des Finanzgerichts (FG) Hamburg vom 31. Juli 2002 I 113/99 und I 115/99 legte er Nichtzulassungsbeschwerden beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Der beschließende Senat verband die Verfahren IV B 209/02 und IV B 210/02 zur gemeinsamen Entscheidung und wies die Beschwerden durch Beschluss vom 7. Mai 2003 als unbegründet zurück. Gegen den Beschluss hat der Erinnerungsführer Verfassungsbeschwerde erhoben.
Die Kostenstelle des BFH setzte mit Kostenrechnung vom 16. Juni 2003 Gerichtskosten in Höhe von 1 234 € für die Beschwerdeverfahren fest. Dagegen richtet sich ein Schreiben des Erinnerungsführers vom 20. Juni 2003, mit dem die Kostenrechnung als "gem. § 8 (1) 1 GKG rechtswidrig und abstrafend" bezeichnet und dem Gericht Rechtsbeugung vorgeworfen wird.
Von der Kostenstelle des BFH darauf hingewiesen, dass Einwendungen betreffend die Kostengrundentscheidung nicht gegen die Kostenrechnung geltend gemacht werden könnten, berief sich der Erinnerungsführer darauf, dass er innerhalb von zwei Wochen Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerden erhoben habe. Die Kostenrechnung habe deshalb noch nicht ergehen dürfen. Außerdem müsse das beklagte Finanzamt (FA) als Verursacher die Kosten nach § 137 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) tragen. Darauf erwiderte die Kostenstelle, dass nach § 63 Abs. 1 GKG Gebühren und Auslagen nach Ergehen einer unbedingten Kostenentscheidung fällig seien. Durch eine Verfassungsbeschwerde werde die Fälligkeit nicht hinausgeschoben.
Nachdem der Erinnerungsführer mit einer Forderung auf Begleichung seiner Aufwendungen für die Bearbeitung der Nichtzulassungsbeschwerden reagierte, hat die Kostenstelle die Erinnerung dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Vertreterin der Staatskasse ist der Auffassung, dass keine unrichtige Sachbehandlung durch das Gericht i.S. des § 8 GKG vorliegt, und hat von einer weiter gehenden Stellungnahme abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.
1. Der Erinnerungsführer begehrt eine Entscheidung über Nichterhebung der Gerichtskosten gemäß § 8 GKG für die Verfahren IV B 209/02 und IV B 210/02. Wird ein solcher Antrag nach Ergehen der Kostenrechnung gestellt, ist er als Erinnerung i.S. des § 5 GKG zu behandeln (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 31. Juli 1985 III E 1/85, BFH/NV 1986, 110, m.w.N.). Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 GKG liegen jedoch nicht vor.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Als unrichtige Sachbehandlung kommen nur erkennbare Versehen oder materielle Verstöße gegen eindeutige Rechtsnormen des materiellen oder formellen Rechts in Betracht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. November 1987 II E 1/87, BFH/NV 1988, 324; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, vor § 135 Rz. 19). Eine derart fehlerhafte Sachbehandlung durch den BFH, die ursächlich für die Entstehung der angeforderten Gerichtskosten gewesen sein könnte, wird weder mit der Erinnerung bezeichnet noch ist sie sonst erkennbar. Soweit der Erinnerungsführer die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerden inhaltlich für fehlerhaft hält, kann dies mit einem Antrag nach § 8 GKG nicht geltend gemacht werden.
2. Die Erinnerung hat auch insoweit keinen Erfolg, als der Erinnerungsführer sich darauf beruft, er habe Verfassungsbeschwerde gegen die Kostengrundentscheidung erhoben. Eine entstandene Gebühr wird im finanzgerichtlichen Verfahren nach § 63 Abs. 1 GKG u.a. fällig, sobald eine unbedingte Entscheidung über die Kosten ergeht. Für die Frage, ob eine unbedingte Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ist die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde ohne Bedeutung, weil sie den Bestand und die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung, gegen die sie gerichtet ist, nicht berührt. Sie ist insbesondere kein den Eintritt der Rechtskraft hinderndes Rechtsmittel und hat keine aufschiebende Wirkung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. Juli 1986 VII E 4/85, BFH/NV 1986, 693; vom 11. August 1988 VII E 2/88, BFH/NV 1989, 250; vom 13. Juni 1997 VII E 3/97, BFH/NV 1998, 75).
3. Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei (§ 5 Abs. 6 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 1119026 |
BFH/NV 2004, 643 |