Entscheidungsstichwort (Thema)
Klärungsbedarf zu § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO?
Leitsatz (NV)
1. Zu den Anforderungen an die Darlegungspflicht bei Divergenzrügen.
2. Es kann als grundsätzlich geklärt gelten, daß es bei Zustellung der maßgeblichen Sendung an das Schließfach des Adressaten an einem Samstag für die Zugangsvermutung unbeachtlich ist, wann das Schließfach tatsächlich oder üblicherweise geleert wurde.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 122 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 S. 3
Gründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Der Zulassungsgrund, der ausdrücklich allein geltend gemacht wurde -- Divergenz i.S. des §115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) -- ist nicht in der erforderlichen Weise dargetan worden (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO), weil die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) keinen das angefochtene Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz herausgearbeitet haben, der von einem ebensolchen Rechtssatz einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht (s. dazu näher: BFH-Beschlüsse vom 22. April 1998 V B 111/97, BFH/NV 1998, 1531; vom 30. Juni 1998 X B 10 und 11/98, BFH/NV 1998, 1509, und vom 1. Juli 1998 IX B 113/97, BFH/NV 1998, 1510; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, §115 Rz. 17 und 63, jeweils m.w.N.). Auf die in der Beschwerdeschrift erwähnten Entscheidungen anderer Bundesgerichte kommt es im übrigen nicht an.
2. Soweit sich die Beschwerde auf §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) stützen läßt (s. zum Verhältnis dieses Zulassungsgrundes zu §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO: Gräber, a.a.O., Rz. 16, m.w.N.), ist sie unbegründet, weil es jedenfalls seit dem Senatsurteil vom 26. Juni 1996 X R 97/95 (BFH/NV 1997, 90, m.w.N.), auf das sich auch die angefochtene Entscheidung bezieht, als prinzipiell geklärt gelten kann, daß die gesetzliche Zugangsvermutung des §122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unabhängig davon gilt, ob das Schließfach, an das die in Frage stehende Sendung adressiert war und in das sie (rechtzeitig) eingelegt wurde, üblicherweise auch samstags geleert wird (s. dazu auch Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, §122 AO 1977 Rz. 23 b sowie die nicht veröffentlichten BFH-Beschlüsse vom 12. August 1998 IV B 145/97, und vom 28. Oktober 1998 X B 100/98, jeweils m.w.N.). Dies hat -- was die Kläger bei ihrer Argumentation übersehen -- seinen Grund darin, daß es für den Beginn der Drei-Tage-Frist generell gleichgültig ist, ob ihr letzter Tag auf einen Sonnabend, Sonn- oder Feiertag fällt. Auch dies ist im Senatsurteil in BFH/NV 1997, 90, 91 f. näher ausgeführt (s. auch Tipke/Kruse, a.a.O.). Schließlich ist daraus auch zu ersehen, daß und warum in einer solchen Schlußfolgerung für den Fall der Zustellung per Schließfach kein Widerspruch zum BFH-Urteil vom 3. August 1978 VI R 73/78 (BFHE 125, 498, BStBl II 1978, 649) liegt. Auch in diesem Zusammenhang kommt es auf die in der Beschwerdeschrift zitierten Entscheidungen anderer Bundesgerichte nicht an, und zwar deshalb nicht, weil sie keinen Fall der Zugangsvermutung betreffen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 154097 |
BFH/NV 1999, 745 |