Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH für NZB-Verfahren in Verbindung mit Wiedereinsetzungsantrag

 

Leitsatz (NV)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) kommt in Betracht, wenn ein Beteiligter infolge Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, das Rechtsmittel fristgerecht durch einen postulationsfähigen Vertreter einlegen zu lassen. Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt aber voraus, daß der Beteiligte innerhalb der maßgeblichen Rechtsmittelfrist den Antrag auf Bewilligung der PKH stellt und die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 117 Abs. 2 und 4 ZPO unter Beifügung der entsprechenden Belege vorlegt (vgl. u. a. Senatsbeschluß vom 29. Juli 1996 XI S 34/96, BFH/NV 1997, 146).

Wird die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst nach Ablauf der Beschwerdefrist vorgelegt, so kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht in Betracht.

Ergeben sich für das Vorliegen eines der Zulassungsgründe i. S. § 115 Abs. 2 FGO weder aus dem Vorbringen des Antragstellers noch aus der Vorentscheidung und dem Protokoll über die mündliche Verhandlung Anhaltspunkte, so erscheint die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht als erfolgversprechend.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 115 Abs. 2, § 142; ZPO § 117 Abs. 1 S. 1; GKG § 11 Abs. 1

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Antragsteller und Kläger (Antragsteller) habe entgegen § 65 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) weder den angefochtenen Bescheid innerhalb der Klagefrist noch den Gegenstand des Klagebegehrens innerhalb der mit Verfügung vom 12. Februar 1996 gesetzten Ausschlußfrist bezeichnet. Die Angaben seien den schriftlichen Äußerungen des Antragstellers nicht zu entnehmen gewesen. Eine mündliche Nachfrage bei ihm sei wegen seines unentschuldigten Ausbleibens im Termin nicht möglich gewesen.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Das Urteil wurde dem Antragsteller am 8. November 1996 zugestellt. Am 3. Dezember 1996 beantragte der Antragsteller zu Protokoll der Rechtsantragstelle des FG die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der Prozeßkostenhilfe (PKH) für die Durchführung der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen das genannte Urteil. Er wolle Nichtzulassungsbeschwerde einlegen, weil nach § 19 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) für seine Besteuerung das Finanzamt ... zuständig sei. Er bedauere, daß er den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht habe wahrnehmen können. Er sei im Stau steckengeblieben. Es sei ihm nicht möglich gewesen, das Gericht zu benachrichtigen. Er beziehe seit Februar 1995 Sozialhilfe. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse werde er nachreichen. Die Erklärung ging am 17. Dezember 1996 beim FG ein.

 

Entscheidungsgründe

1. Der Antrag auf PKH ist zulässig.

Obgleich Prozeßgericht für das Rechtsmittelverfahren i. S. des § 142 FGO i. V. m. § 117 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) der Bundesfinanzhof (BFH) ist, konnte der Antragsteller seinen Antrag auf PKH beim FG stellen (vgl. BFH-Beschluß vom 11. April 1996 V S 5/96, V R 8/96, BFH/NV 1996, 847, m. w. N.).

2. Der Antrag auf PKH ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 ZPO wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. An der Erfolgsaussicht der vom Antragsteller beabsichtigten Nichtzulassungsbeschwerde fehlt es allerdings nicht schon deshalb, weil die Frist für ihre Einlegung bereits abgelaufen ist. Denn es kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) in Betracht, wenn ein Beteiligter infolge Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, das Rechtsmittel fristgerecht durch einen postulationsfähigen Vertreter einlegen zu lassen. Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt aber voraus, daß der Beteiligte innerhalb der maßgeblichen Rechtsmittelfrist den Antrag auf Bewilligung der PKH stellt und die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 117 Abs. 2 und 4 ZPO unter Beifügung der entsprechenden Belege vorlegt (ständige Rechtsprechung, vgl. u. a. Senatsbeschluß vom 29. Juli 1996 XI S 34/96, BFH/NV 1997, 146).

Im Streitfall hat der Antragsteller die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst am 17. Dezember 1996 -- also nach Ablauf der Beschwerdefrist am Montag, dem 9. Dezember 1996 (§ 115 Abs. 3 Satz 1, § 54 FGO i. V. m. § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) -- vorgelegt. Schon deshalb könnte ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden.

Darüber hinaus ist die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung durch eine Nichtzu lassungsbeschwerde nicht erfolgversprechend. Mit der Beschwerde kann die Zulassung der Revision nur begehrt werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das Urteil von einer Entscheidung des BFH abweicht oder wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruht (§ 115 Abs. 2 FGO). Für das Vorliegen eines dieser Zulassungsgründe ergeben sich weder aus dem Vorbringen des Antragstellers noch der Vorentscheidung und dem Protokoll über die mündliche Verhandlung Anhaltspunkte.

Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen; Gerichtsgebühren sind nicht entstanden (§ 142 FGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO, § 1 Abs. 1 Buchst. c i. V. m. § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes).

 

Fundstellen

Haufe-Index 422114

BFH/NV 1997, 703

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